Teuerungskrise in Europa trifft GeringverdienerInnen

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Wie gut Länder durch die Krise kommen, hängt auch davon ab, welche
Maßnahmen ihre Regierungen gegen die Teuerung ergreifen. Dabei zeigt sich: Mehr ist nicht immer mehr.

Um die Teuerungskrise zu bekämpfen, waren Regierungen wie die Österreichische besonders spendabel. Knapp 29 Milliarden Euro gab bzw. gibt die Bundesregierung für Anti-Teuerungsmaßnahmen aus, etwa für Einmalzahlungen an vulnerable Gruppen und Familien, den Klimabonus oder den Energiekostenzuschuss für Unternehmen. Länder wie Spanien und Frankreich hingegen setzen auf preisdämpfende Maßnahmen. Trotz hoher Ausgaben traf die Lebenshaltungskosten-Krise in Österreich lebende Menschen deutlich härter als jene in Frankreich oder Spanien.

Ein Monatslohn für die Energierechnung

Derzeit überzieht eine Teuerungswelle Europa, besonders betroffen sind die Lohnabhängigen. GeringerverdienerInnen zahlen laut einer Analyse im Auftrag des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB) in 16 der 27 EU-Staaten mehr als einen Monatslohn jährlich für ihre Energierechnung.

In Österreich arbeiten MindestlohnbezieherInnen im Schnitt 17 Tage, um ihre Wohnung ein Jahr hell und warm halten zu können. Wie der österreichische Fiskalrat unlängst zeigte, sind von den steigenden Energiepreisen nicht nur die untersten Einkommensschichten betroffen. Rund 35 Prozent der österreichischen Haushalte kommen laut Fiskalrat aufgrund der Teuerung in finanzielle Schwierigkeiten. Die Teuerungskrise wirkt also bis weit in die Mittelschicht hinein.

In puncto Inflation bewegt sich Österreich im europäischen Mittelfeld. Laut Eurostat belief sich die Inflation im Dezember 2022 im EU-Schnitt auf 10,4 Prozent, in Österreich auf 10,5 Prozent. Am stärksten betroffen sind Lettland und Ungarn, mit einer Inflation von 20,7 bzw. 25 Prozent. Am besten kommt bisher Spanien durch die Krise, mit einer Inflation von 5,5 Prozent im Dezember.

Die Gründe, warum verschiedene Mitgliedsstaaten unterschiedlich gut durch die Krise kommen, sind vielfältig. Hauptgrund für die Teuerung ist der massive Preisanstieg von Energie, maßgeblich mit verursacht durch den Krieg in der Ukraine. Für die einzelnen Mitgliedsstaaten ist der jeweilige Energiemix und die Abhängigkeit von bestimmten Energieträgern, insbesondere von Gas, entscheidend. Ebenso haben die Abhängigkeit von Lebensmittelimporten und die Währung bzw. Wechselkurse Einfluss auf die nationale Inflation.

Spanien: Preisdeckel für Energie und Mieten

Maßnahmen, die Regierungen ergreifen, um die Folgen der Teuerung zu bekämpfen, können die Inflation nach unten oder oben korrigieren. Während Österreich vor allem auf Einmalzahlungen und Zuschüsse setzte, griff Spanien schon im Juni 2022 zu einem anderen Instrument: Statt mehr Geld an BürgerInnen und Unternehmen auszubezahlen, deckelte die spanische Regierung den Preis für Gas, das zur Stromerzeugung verwendet wird. Zusätzlich senkte sie die Mehrwertsteuer für Strom und Gas und führten eine Mietpreisbremse ein. Diese dürfen seither um maximal zwei Prozent jährlich angehoben werden. Außerdem ermöglichte die spanische Regierung einen kostenlosen öffentlichen Nah- und Mittelstreckenverkehr. Mit Beginn 2023 wurden zudem die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel abgeschafft.

Spaniens Nachbarland Frankreich ergriff ähnliche Maßnahmen. In Summe beläuft sich die Teuerungsrate in Frankreich im Dezember 2022 auf 6,7 Prozent, der drittniedrigste Wert in der Union, in Spanien auf 5,5 Prozent, der niedrigste Wert innerhalb der EU.

Sinkende Inflation durch Eingriffe in den Energiemarkt

Laut Europäischer Kommission sind Eingriffe in den Energiemarkt, insbesondere Preisdeckel für Strom und Gas, der entscheidende Faktor zur Eindämmung der Inflation. In Frankreich, so die Kommission, sank die Inflation aufgrund des Preisdeckels für Strom und Gas um 3 Prozentpunkte. Auch Österreich reagierte im Dezember mit einer Strompreisbremse. Deren Auswirkungen waren bis Redaktionsschluss noch nicht abschätzbar.

Laut einer Studie im Auftrag der Arbeiterkammer würde ein Gaspreisdeckel, für jenes Gas, das zur Stromproduktion verwendet wird, die Inflation um bis zu einem Viertel eindämmen. Die Reallohnverluste könnten hierzulande so um ein Drittel gesenkt werden. Mit Blick auf Österreich kritisiert die Hans-Böckler-Stiftung des Deutschen Gewerkschaftsbundes in einer Analyse der Maßnahmen Österreichs, mehr staatliche Eingriffe in Energiepolitik, Wohnen und auf Lebensmittelpreise seien nötig, „wenn die derzeitige Energiekrise und die Transformation hin zu einer emissionsarmen Wirtschaft bewältigt werden sollen“.

Sinkende Reallöhne – steigende Profite

Quer durch Europa sind es Lohnabhängige, die die Teuerung am massivsten trifft. Laut EGB sanken die Reallöhne in sämtlichen EU-Ländern 2022 um bis zu neun Prozent – während die Profitraten der Unternehmen in 13 Mitgliedsstaaten um bis zu 6,5 Prozent anstiegen. EU-weit sind die Unternehmensgewinne um ein Prozent gestiegen, während die Reallöhne um 2,5 Prozent gesunken sind. Die stellvertretende EGB-Generalsekretärin Esther Lynch kritisiert: „Die Teuerung hat dazu geführt, dass sich viele Menschen die grundlegendsten Dinge wie Lebensmittel, Miete oder Heizung nicht mehr leisten können, obwohl sie lange arbeiten. Viele Unternehmen hingegen erhöhen die Ausschüttungen an ihre Aktionäre“.

Entgegen der vielfach geäußerten Behauptung, höhere Löhne würden die Inflation nach oben treiben, betont der EGB in einem Sechs-Punkte-Plan zur Bewältigung der Lebenshaltungskosten-Krise, dass Übergewinne Haupttreiber der Inflation sind. In dem Sechs-Punkte-Plan fordert der EGB daher Lohnerhöhungen, um den Anstieg der Lebenshaltungskosten auszugleichen; Hilfszahlungen für akut notleidende Menschen; einen Preisdeckel für Energierechnungen, gepaart mit einer Übergewinnsteuer; nationale und EU-weite Maßnahmen zur Krisenbekämpfung zum Schutz von Einkommen und Arbeitsplätzen; eine Reform des EU-Energiemarktes; und letztens ein „Platz am Tisch für Gewerkschaften, um Maßnahmen zur Krisenbekämpfung durch sozialen Dialog zu konzipieren und umzusetzen. Dies ist die bewährte Methode zur erfolgreichen Krisenbewältigung.“

Preise runter – auch in Österreich!

Wir fordern gemeinsam mit dem ÖGB einen Energiepreisdeckel für Strom- und Gasrechnungen, ein Wärmepaket für alle Heizformen und eine Streichung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel.
Außerdem müssen die Steuern auf Treibstoff auf Zeit gesenkt werden. Die Mehrwertsteuer auf Öffi-Tickets muss gestrichen werden.
Die Mieterhöhungen müssen gestoppt und eine Mietpreisbremse muss eingeführt werden.

Wirtschaftsbegriffe einfach erklärt

Dieser Artikel war voll von Begriffen, die du zwar immer in den Medien und auch auf Social Media hörst und liest und du möchtest wissen, was heißt das alles genau? Wir erklären dir die wichtigsten wirtschaftlichen Begriffe so, dass du sie auch ohne Wirtschaftsstudium verstehst.

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