Wie gelingt der Berufsstart?

Die Gewerkschaft GPA hat 1.000 junge Österreicher:innen zum Thema Berufsstart befragen lassen. Bundesjugendsekretärin Isabella Höferer teilt im Gespräch mit der KOMPETENZ die Ergebnisse und erklärt, wie wichtige Informationen zu dem Thema vermittelt werden können.

Unter dem Motto „Auf die Plätze, fertig, Job!“ organisierte die Gewerkschaft GPA im vergangenen Juni eine Aktionswoche für junge Berufsanfänger:innen. Dabei fanden bundesweit Aktionen vor Berufsschulen und auf der Straße statt, bei denen Funktionär:innen der GPA-Jugend Info-Flyer verteilten und Gespräche führten. „Wir haben Lehrlinge und Schüler:innen angesprochen und sie nach ihren ersten Erfahrungen in der Berufswelt gefragt“, berichtet GPA Bundesjugendsekretärin Isabella Höferer.

Zugleich hat die Gewerkschaft GPA eine IFES-Umfrage unter 1.000 jungen Österreicher:innen zwischen 16 und 29 Jahren in Auftrag gegeben. „Die Ergebnisse der Umfrage decken sich mit dem, was wir während der Aktionswoche in Erfahrung bringen konnten. Wir wissen, wo Handlungsbedarf besteht“, sagt Höferer.

Gewerkschaftsmitglieder im Vorteil

Nur 10 Prozent der jungen Befragten, so ergab die Studie, fühlen sich sehr gut informiert über die Arbeitswelt und über ihre Rechte und Pflichten; 29 Prozent fühlen sich immerhin noch gut informiert. Dabei zeigt sich, dass Gewerkschaftsmitglieder sich öfter gut informiert fühlen. Sie finden außerdem, sie hätten bei Verhandlungen mit dem Arbeitgeber über Arbeitszeit und Gehalt mehr Spielraum.

Auffällig war für Höferer, dass ein großer Teil der jungen Menschen kaum auf das Arbeitsleben vorbereitet ist: „Das betrifft oft wirklich die Basics. Viele wissen nicht, was die Gewerkschaft macht oder wer die Sozialpartner sind, wie sie den Steuerausgleich machen sollen oder wie man eine überzeugende Bewerbung schreibt.“ Höferer fordert daher, dass bereits in der Schule mehr Grundwissen vermittelt werden müsste, etwa durch ein Schulfach wie ‚Arbeitswelt erleben‘.

„Viele wissen nicht, was die Gewerkschaft macht oder wer die Sozialpartner sind, wie sie den Steuerausgleich machen sollen oder wie man eine überzeugende Bewerbung schreibt.“

Isabella Höferer

Derzeit sind es Betriebsräte und Jugendvertrauensräte, die solche Infos zur Arbeitswelt direkt im Betrieb vermitteln können. „Das ist eine ganz wichtige Aufgabe der Belegschaftsvertretung, damit der Einstieg in den Beruf klappt!“, betont Höferer. In Betrieben ohne Betriebsrat und Jugendvertrauensrat fehlt diese Unterstützung allerdings.

Teuerung

Ein Thema, das bei den Gesprächen während der Aktionswoche sehr oft genannt wurde, war die Teuerung. „Der Alltag ist für junge Menschen oft nicht leistbar“, berichtet Höferer. Und das, obwohl die Lehrlingsgehälter kräftig angestiegen sind. „Das war in den letzten Jahren auch unser Fokus: höhere Lehrlingseinkommen. Dazu haben wir bei unseren Straßenaktionen viel positives Feedback bekommen!“

Doch die Teuerung frisst die guten Abschlüsse wieder auf, dazu kommen die hohen Kosten fürs Wohnen bei jenen, die bereits in der eigenen Wohnung leben. Die Leistbarkeit von Eigentum ist für die meisten jungen Menschen überhaupt in weite Ferne gerückt.

Barbara Teiber: „Aktiv Betriebsräte fördern!“

Die Gewerkschaft GPA hat für junge Arbeitnehmer:innen in den letzten Jahren nicht nur hohe Gehaltserhöhungen, sondern auch wichtige Erfolge in einigen Kollektivverträgen erreichen können: Dazu gehören gratis Klimatickets für Lehrlinge, ein duales Studium (FH-Abschluss und Lehre in verkürzter Lehrzeit in einem), die Lehre mit Matura (Kurszeiten als Arbeitszeit) sowie die Entlohnung von Pflichtpraktika analog den Lehrlingseinkommen.

GPA-Vorsitzende Barbara Teiber ist stolz auf diese Erfolge. „Ganz zentral für uns sind die Belegschaftsvertretungen. Nur so können wir innerbetrieblich die Jobstarter:innen gut unterstützen und zugleich unsere Forderungen bei den KVVerhandlungen durchsetzen“, so Teiber weiter. „Auch die IFES-Studie zeigt, dass Lehrlinge und junge Arbeitnehmer:innen in Betrieben mit Jugendvertrauensrat und Betriebsrat besser gerüstet für den Berufseinstieg sind. Wir fordern daher die österreichischen Arbeitgeber auf, die Gründung von Betriebsratskörperschaften nicht nur zuzulassen, sondern aktiv zu fördern!“

Arbeitszeitverkürzung

Auch die Arbeitszeit ist für die Berufseinsteiger:innen ein wichtiges Thema. Aus der IFES-Befragung geht hervor, dass die Vereinbarkeit von außerberuflichen Interessen und Verpflichtungen mit dem Job für junge Arbeitnehmer:innen besonders wichtig ist. Die Gewerkschaft GPA fordert eine gesetzliche Arbeitszeitverkürzung. Höferer: „Diese Forderung betrifft aber ganz besonders Branchen, die nicht nur körperlich, sondern auch emotional extrem anstrengend sind, wie z.B. die Pflege. Wenn wir wollen, dass junge Menschen diese Berufe wählen, müssen wir ihnen auch entsprechende Rahmenbedingungen bieten.“

Frauen

Mehr als ein Drittel der Befragten der IFES-Studie halten ihr Einkommen für zu niedrig. Frauen sind deutlich öfter mit ihrem Gehalt unzufrieden (43 Prozent) als Männer (31 Prozent). „Die Einkommensschere betrifft bereits die junge Generation“, kritisiert Höferer. Dazu kommt: Frauen übernehmen einen größeren Anteil bei der Care-Arbeit, also Hausarbeit, Kinderbetreuung und die Pflege älterer Familienmitglieder. „Junge Frauen brauchen Betreuungsplätze für ihre Kinder, um im Beruf Fuß fassen zu können“, fordert die Bundesjugendsekretärin, „und es muss auch möglich sein, Vollzeit zu arbeiten. In ländlichen Regionen gibt es aber immer noch nicht genug Ganztags-Kindergartenplätze.“

„Junge Frauen brauchen Betreuungsplätze für ihre Kinder, um im Beruf Fuß fassen zu können!“

Isabella Höferer

Jungen Menschen Chancen geben

Bei Stellenanzeigen muss zwar seit einigen Jahren eine Gehaltsangabe angeführt werden, Höferer fordert hier aber mehr Transparenz wie durch genaue Hinweise auf den Kollektivvertrag und die Einstufung. „Junge Arbeitnehmer:innen fühlen sich nicht gut informiert und in der Folge oft ausgenutzt. Da sie noch unerfahren sind, haben Arbeitgeber leider leichtes Spiel.“ Als Gewerkschafterin wünscht sich Höferer, dass Berufsanfänger:innen die Chance bekommen, sich in der Arbeitswelt zu beweisen. „Lehrlinge und Praktikant:innen sollen etwas lernen, und nicht bloß die uninteressanten Tätigkeiten zugeteilt bekommen, die sonst keiner erledigen will.“ Das gilt ganz besonders für Jugendliche mit migrantischen Wurzeln. „Wir brauchen Perspektiven für alle! Die Jobstarter von heute sind die Arbeitnehmer:innen der Zukunft, sie verdienen eine bessere Unterstützung!“

Jobstarter Umfrage

Was ist jungen Menschen bei der Wahl ihrer Ausbildung besonders wichtig? Für die große Mehrheit sollte die Ausbildung den eigenen Fähigkeiten und Interessen entsprechen (90 Prozent), sie soll Spaß machen (86 Prozent) und man sollte danach leicht einen Arbeitsplatz finden (86 Prozent) und gut verdienen (84 Prozent).

Als ebenfalls wichtig für einen guten Arbeitsplatz gilt für viele ein gutes Arbeitsklima (61 Prozent). Rund die Hälfte wünscht sich klare Grenzen zwischen Arbeitszeit und Freizeit (49 Prozent), einen Job, der gut mit außerberuflichen Interessen und Verpflichtungen vereinbar ist (47 Prozent) sowie einen krisensicheren Arbeitsplatz (46 Prozent).

Homeoffice (22 Prozent) oder einen Betrieb, der ökologisch nachhaltig ist (17 Prozent) oder ein hohes Ansehen des Betriebs (15 Prozent) steht hingegen nur für wenige im Vordergrund. Auch Teilzeit hat keine hohe Priorität (16 Prozent). Die Wunscharbeitszeit in Wochenstunden wäre 34 Stunden, wobei Frauen gerne kürzer (32 Stunden) als Männer (35 Stunden) arbeiten würden.

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