
Foto: Nurith Wagner-Strauss
Adi Lehner engagiert sich seit fast 30 Jahren im Betriebsrat in der heutigen Bank Austria, seit 2014 ist er Vorsitzender des Zentralbetriebsrats. Noch heuer zu Jahresende will er sich aus dieser Funktion zurückziehen.
Wichtig ist ihm nun eine kompetente und geordnete Übergabe. Christoph Bures ist daher schon seit längerem in alle Prozesse miteinbezogen und hat mit November 2024 den Vorsitz des Wiener Betriebsrats übernommen.
Veränderungen im Bankensektor
Im Bankensektor blieb in den vergangenen Jahrzehnten kein Stein auf dem anderen. Fusionen, Finanzkrise, Digitalisierung, Personalabbau: Adi Lehner blickt auf turbulente Jahre als Betriebsrat zurück. Froh ist er, dass in der heutigen Bank Austria die massive Reduktion an Mitarbeiter:innen so erfolgt ist, „dass wir möglichst ohne betriebsbedingte Kündigungen ausgekommen sind“. Gelungen ist das mit „fairen Überbrückungslösungen in die Pension“, Nichtnachbesetzungen und der Einführung von flexiblen und unkonventionellen Arbeitszeitmodellen.
„Wir haben die Umstellung der Arbeitsweise von fixen Schreibtischen zu einem Desk-Sharing-Konzept durch eine schon damals sehr flexible Homeoffice-Vereinbarung unterstützt.“
Adi Lehner
Vorsitzender des Zentralbetriebsrats der Bank Austria
Lehner erzählt aber auch von sehr schwierigen Phasen: da war einerseits die Abspaltung des Osteuropageschäfts. „Das war ein großer integrierter Teil in der Bank Austria und wir mussten arbeitsrechtliche Regelungen finden, damit sich die rund 600 davon betroffenen Mitarbeiter:innen nicht plötzlich in ganz anderen Vertragssituationen wiederfinden.“ Gelungen sei das schließlich, indem „alles auf Entsendungsbasis passiert ist“.
Pensionssystem neu
Da war andererseits die Überführung des Pensionssystems der Bank in das gesetzliche Pensionssystem. „Das hat bei den Mitarbeiter:innen große Emotionen ausgelöst“. Hier hat der Betriebsrat Abschlagszahlungen ausverhandelt, um Leistungsnachteile abzufedern. Herausfordernd sei aber auch die Umstellung der Arbeitsweise bei der Übersiedlung auf den Campus von fixen Schreibtischen zu einem Desk-Sharing-Konzept gewesen. „Wir haben das durch eine schon damals sehr flexible Homeoffice-Vereinbarung unterstützt“, so Lehner.
Arbeitsverdichtung durch Digitalisierung
Aktuelle Herausforderungen seien die steigende Arbeitsverdichtung, die sich – auch durch die Digitalisierung – in immer schnellerem Tempo entwickle. Die Anforderungen würden durch immer komplexere regulatorische Vorgaben jährlich höher, der Personalstand deutlich geringer und auch moderne digitale Systeme würden nur teilweise Ausgleich schaffen.
Das führt zu stark veränderten Berufsbildern und dem Wegfall ganzer Tätigkeitsfelder bzw. auch zu Zentralisierungen im Konzern. Die Herausforderung dabei: Für Beschäftigte, deren Arbeitsfeld es nicht mehr gibt oder deren Berufsbild sich radikal ändert, neue Aufgaben im Unternehmen zu finden und durch strukturierte Begleitung zu unterstützen. Für viele der Betroffenen sei das belastend. „Wir sind auf einem guten Weg, bald eine Betriebsvereinbarung mit klarem Regelwerk dazu abschließen zu können“, sagt Lehner.
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Geordnete Übergabe
Christoph Bures ist hier bereits federführend eingebunden. Er ist Wiener Betriebsratsvorsitzender und soll Adi Lehner noch heuer als Zentralbetriebsratsvorsitzender nachfolgen. Im Spätherbst finden in Wien, der größten Körperschaft der Bank Austria, Betriebsratswahlen statt. Dort wird sich Christoph Bures auch um das Vertrauen der Mitarbeiter:innen bemühen. Lehner ist es wichtig, dass die Übergabe mit allem Wissenstransfer, der hier nötig ist, gelingt. Sozialer Dialog und Mitbestimmung bedeute auch, auf Augenhöhe mit dem Management sprechen zu können. „Ich bin überzeugt, Christoph kann das jetzt schon.“
Von der Behindertenvertrauensperson zum Betriebsrat
Bures engagiert sich ebenfalls bereits seit vielen Jahren im Betriebsrat. Er ist derzeit auch Behindertenvertrauensperson. Als Herausforderung sieht er vor allem „die veränderten fachlichen und persönlichen Anforderungen an unsere Mitarbeiter:innen und den demografischen Wandel“. Es gelte, den Know-how-Transfer für die bestehenden und auch jüngeren Kolleg:innen sicherzustellen.
„Betriebsrat sein ist kein Job, es ist ein Beruf, in dem man Menschen mögen muss.“
Christoph Bures
Vorsitzender des Wiener Betriebsrats der Bank Austria
Ihm sind ein gerechtes, zukunftsorientiertes Arbeitsumfeld und Wertschätzung im Umgang miteinander wichtig. Bei Problemen müsse der Betriebsrat hinschauen, aufzeigen und Lösungen vorantreiben. Es gelte, aktiv Veränderungen mitzugestalten, sonst würden andere gestalten und man sei „Passagier“, ist Bures überzeugt. Gute Ausbildung einfordern, kreative Sozialleistungen mitgestalten, faire gehaltliche Entwicklungschancen sicherstellen und Betriebsrats-Veranstaltungen als „Klebstoff“ für gute Zusammenarbeit der Teams, das seien aktuell seine Schwerpunkte.
Auseinandersetzungen aushalten können
„Mitbestimmen als Betriebsrat heißt außerdem manchmal Auseinandersetzungen, die man aushalten muss“, betont Christoph Bures. Weiterhin betriebsbedingte Kündigungen vermeiden, einvernehmliche Lösungen und ein qualitativer Prozess des Re- und Upskillings seien ihm für die Zukunft wichtig.
Bures ist überzeugt, dass das persönliche Gespräch immer noch das wichtigste Tool ist. Homepage und Social Media seien nützlich, „aber wir müssen hinausgehen in die Abteilungen, in die Filialen, dorthin, wo die Menschen sind“. Der Jugend will er dabei klar kommunizieren, wie wichtig ein Betriebsrat, aber auch der Sozialstaat oder die Gewerkschaften sind. Und er möchte vermitteln, wie der Betriebsrat den Einzelnen am besten unterstützt: nicht in der Rolle als Postbote, der Probleme bei der übergeordneten Stelle vorträgt, „sondern mit Hilfe zur Selbsthilfe“. Sein Selbstverständnis: „Betriebsrat sein ist kein Job, es ist ein Beruf, in dem man Menschen mögen muss.“
Zu den Personen:
Adi Lehner, geb. 1961, Studium der Betriebswirtschaft in Graz, 1987 in die Zentralsparkasse (inzwischen Bank Austria) eingetreten, 13 Jahre als Kreditprüfer tätig. Seit 1996 im Betriebsrat, ab Mitte 2000 freigestellt, 2012 Vorsitzender des Wiener Betriebsrats, seit 2014 Vorsitzender des Zentralbetriebsrats. Darüber hinaus zahlreiche Gewerkschaftsfunktionen, darunter Vorsitzender der GPA Land Wien. Lehner lebt in der Nähe von St. Pölten, ist verheiratet und Vater zweier erwachsener Kinder.
Christoph Bures, geb. 1979 in Wien, nach der Matura an einer Handelsakademie Einstieg als Kundenbetreuer im Filialvertrieb. Bald Leitungsfunktionen in den Bereichen Backoffice, Innovationsmanagement, später Recruiting. Schon früh in der Betriebsratsarbeit engagiert – mit einer Pause in den beruflichen Jahren im Personalbereich. Derzeit Vorsitzender des Wiener Betriebsrats. Bures lebt in Wien und ist verheiratet.