Etwa 64.000 PersonenbetreuerInnen, mehrheitlich Frauen aus Rumänien und der Slowakei kümmern sich um alte und kranke Menschen in Österreich. Als Selbstständige sind die BetreuerInnen bei Problemen mit den oft unseriösen Vermittlungsagenturen auf sich allein gestellt.
Auch die Betreuungsbedürftigen bzw. deren Angehörige erleben nicht selten unliebsame Überraschungen.
Adriana V. fiel aus allen Wolken, als sie erfuhr, dass sie der österreichischen Sozialversicherung mehr als 2000 Euro schuldet. Sie arbeitet seit bald 10 Jahren in Österreich als Personenbetreuerin. Frau V. kommt aus Rumänien. Nach 20 Jahren in einer Schuhfabrik, wurde diese plötzlich geschlossen und auf Anraten einer Bekannten machte sie einen Crashkurs zur Personenbetreuerin. Eine rumänische Vermittlungsagentur stellte den Kontakt zu einer österreichischen Agentur her, die sie in den letzten 10 Jahren immer wieder an österreichische Familien mit pflegebedürftigen Angehörigen vermittelte. Obwohl Frau V. selbstständig ist und einen Gewerbeschein hat, bekam sie ihr Honorar nicht von der Familie ausbezahlt, für die sie arbeitete, sondern von der Vermittlungsagentur – und das meist sehr verspätet. Die Agentur kassierte das Honorar vom Auftraggeber und überwies im Namen von Frau V. die Sozialversicherungsbeiträge gleich weiter. Zumindest wurde Frau V. dies versichert. Nun hat sich herausgestellt, dass die Agentur nur einen Teil der Sozialversicherungsbeiträge weitergegeben hat. Frau V. hat inzwischen ihren Vertrag mit der Vermittlungsagentur gekündigt. Die Schulden bei der gewerblichen Sozialversicherung muss Frau V. aber trotzdem begleichen, weil sie den Betrug durch die Agentur nicht eindeutig nachweisen kann.
Ähnliche Erfahrungen wie Frau V. machen viele PersonenbetreuerInnen. Wenn sie nach Österreich kommen, können sie meist kaum Deutsch und verstehen weder, welche Rechte und Ansprüche sie haben, noch was in ihrem Vermittlungsvertrag eigentlich steht. Vielen Betreuerinnen ist auch zunächst nicht einmal bewusst, dass sie selbstständig sind. Unterstützung und Beratung durch die Wirtschaftskammer gibt es kaum.
Betreuung ist nicht Pflege
Dazu kommt, dass Personenbetreuerinnen häufig Tätigkeiten verrichten, für die sich eigentlich weder ausgebildet noch berechtigt sind. Das liegt einerseits an den hohen Anforderungen der Angehörigen an die BetreuerInnen und andererseits, dass die BetreuerInnen die rechtliche Lage in Österreich nicht kennen und gar nicht wissen, was sie eigentlich dürfen. Viele Betreuungssituation sind zudem psychisch und physisch belastend. Sie betreuen etwa alte Menschen mit Demenz oder begleiten Schwerkranke sie in der letzten Lebensphase. Dabei kommt es auch im familiären Umfeld immer wieder zu Konflikten und schwierigen Situationen, die die Betreuerinnen allein bewältigen müssen. Iosefina D., die ebenfalls seit vielen Jahren als Personenbetreuerin in Österreich arbeitet, erzählt, dass sie schon selbstständig Verbände gewechselt, Medikamente und Injektionen verabreicht und sogar Katheder gesetzt hat, weil die Angehörigen das eben von ihr verlangt haben. Das werde dann auch nicht lange diskutiert, schließlich möchte sie ihren Job behalten. Vielen Angehörigen ist auch nicht bewusst, dass die von ihnen beschäftigte Betreuerin keine Pflegekraft ist. Laut Gewerbeordnung und „Hausbetreuungsgesetz“ darf sie lediglich die „betreuungsbedürftige Person unterstützen“, zum Beispiel, indem sie Mahlzeiten zubereitet oder die Wäsche wäscht. Dazu kommen „einzelne pflegerische Tätigkeiten (…) im Einzelfall“, etwa Unterstützung bei der Körperpflege. Die Realität sieht aber völlig anders aus. Kein Wunder, dass die meisten BetreuerInnen selbst sich auch als PflegerInnen und nicht als BetreuerInnen bezeichnen.
Dass die PersonenbetreuerInnen nun weniger Familienbeihilfe bekommen sollen, verärgert die Betroffenen sehr. Frau D. ist zwar selbst nicht betroffen, weil ihre Kinder erwachsen sind, ihre Schwiegertochter, die ebenfalls als Personenbetreuerin arbeitet, überlegt aber bereits, ob sie den anstrengenden Job unter den geänderten Umständen weitermachen soll.
Problematische Verträge
Doch auch für die Angehörigen von Pflegebedürftigen ist es nicht einfach bei der Fülle von Angeboten im Internet die seriösen Agenturen von den schwarzen Schafen zu unterscheiden. Alle Agenturen versprechen einen Rundum-Sorgenfrei-Service – was sie damit wirklich meinen, kann je nach Agentur und Art des Vertrags allerdings sehr unterschiedlich sein: Laut Verein für Konsumenteninformation (VKI) reicht die Spanne hier von einer einmaligen Vermittlung bis zu laufender Betreuung und Beratung sowohl der Betreuerin als auch der beauftragenden Familie. VKI und Arbeiterkammer raten daher vor einer Vertragsunterzeichnung mehrere Angebote einzuholen, den Vertrag genau zu prüfen und sich idealerweise auch beraten zu lassen.
Problematisch sind besonders sogenannte Konkurrenzklauseln, die unter Umständen auch Strafen bis zu 10.000 Euro beinhalten, wenn man eine Betreuerin nach Vertragsablauf weiter beschäftigt. Diese sind laut VKI zwar nicht grundsätzlich verboten. Vor allem Vereinbarungen über exorbitant hohe Strafen oder ein in keiner Richtung beschränktes Weiterbeschäftigungsverbot können jedoch nichtig sein. Gleiches gilt auch wenn die Formulierungen unklar sind.
Vorsicht ist auch geboten, bei allen Vereinbarungen, die beinhalten, dass das Betreuungshonorar nicht direkt an die Betreuerin gezahlt wird, sondern an den Vermittler. Solche „Inkassovollmachten“ sind jedenfalls unseriös. Die Agenturen nutzen sie meist, um zu verschleiern, dass sie sich von den Honoraren noch Geld abziehen. Die Familien der betreuungsbedürftigen Personen haben bei derartigen Verträgen keine Möglichkeit zu kontrollieren, was vom bezahlten Honorar tatsächlich die Betreuerin bekommt. Eine aktuelle Erhebung des VKI zeigt, dass sich viele Vermittlungsagenturen generell nicht gerne in die Karten schauen lassen, Preisinformationen sind oft bewusst unvollständig und verwirrend gehalten. Erst im Nachhinein stellt sich dann oft heraus, dass der zunächst angepriesene günstige Preis nicht mit der Realität übereinstimmt. Familie R. hatte aus finanziellen Gründen das günstigste Angebot ausgewählt. Nur 1600 Euro für 4 Wochen sollte die Betreuung der demenzkranken Oma kosten. Was die Agentur verschwiegen hatte, war, dass dieser Preis dadurch zustande kam, dass die Betreuerinnen nur jedes 2. Monat bei der Sozialversicherung gemeldet waren. Das böse Erwachen kam, als Familie R. um die 550 Euro monatliche Förderung beim Sozialministerium ansuchten wollte und erfuhr, dass sie darauf keinen Anspruch hätte, weil die Betreuerinnen nicht ordnungsgemäß angemeldet wären. Familie R. löste daraufhin den Vertrag mit der Agentur. Die bereits bezahlten 600 Euro Vermittlungshonorar bekamen sie allerdings nicht zurück. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen: Angebote seriöser Anbieter legen alle Gebühren, aber auch die Kosten für Sozialversicherung und Transport aber auch die beinhalteten Leistungen detailliert offen. Da die schwarzen Schafe ihre Kunden oft mit Dumpingpreisen locken und es so seriösen Anbietern schwermachen, braucht es klare gesetzliche Regelungen, die Transparenz bei den Angeboten gewährleisten.
Für viele Pflegebedürftige ist eine 24-Stunden-Betreuung generell nur schwer leistbar ist. Die Förderung von maximal 550 Euro ist dafür viel zu niedrig und wurde auch seit ihrer Einführung im Jahr 2007 nicht erhöht. Laut Berechnungen der AK müsste sie 140 Euro erhöht werden, um nur den Wertverlust durch die Inflation auszugleichen.
Neben einer Erhöhung der Förderung fordert die AK ein klares Verbot von Knebelungsverträgen, Pauschalzahlungen ohne Leistung, von Strafzahlungen bei Vertragsauflösungen oder des Zwangs zur Nutzung bestimmter Transportmittel. Familien und PersonenbetreuerInnen müssen eine fachlich kompetente Begleitung erhalten, die etwa durch eine systematische Einbindung der Hauskrankenpflege und die Vermittlung und die Zusammenarbeit mit österreichischen Vereine erfolgen könnte.
Agenturen müssen weiters zur Transparenz verpflichtet werden, Familien müssen genau wissen, welche Leistungen sie bekommen und auch welches Honorar die Personenbetreuerin bekommt. Alle Verträge und Leistungsbedingungen müssen offengelegt werden.