Arbeitsrecht: Großbaustelle Elektromarkt

"Wenn Leibesvisitationen und Taschenkontrollen nicht aufhören, werden wir Gebietskrankenkassen und Arbeitsinspektorat einschalten", erklärte GPA-djp-Chef Wolfgang Katzian. (Bild: WirtschaftsBlatt /picturedesk.com)
„Wenn Leibesvisitationen und Taschenkontrollen nicht aufhören, werden wir Gebietskrankenkassen und Arbeitsinspektorat einschalten“, erklärte GPA-djp-Chef Wolfgang Katzian. (Bild: WirtschaftsBlatt /picturedesk.com)

Beschäftigte bestätigen Taschenkontrollen und arbeitsrechtliche Defizite bei MediaMarkt und Saturn.

Nachdem Taschenkontrollen und Leibesvisitationen in einem MediaMarkt für Aufregung sorgten, bedauerte die Geschäftsführung den angeblichen Einzelfall – die GPA-djp wollte es aber wissen und befragte alle Beschäftigten in Österreich. Das Ergebnis: Diese klar gesetzeswidrigen Kontrollmaßnahmen scheinen wie Verstöße gegen KV und Arbeitszeitgesetz keine Seltenheit im Konzern zu sein. Viel zu tun also für die GPA-djp, die sich dieser Herausforderung gerne stellt.

Wie Kriminelle, mit im Nacken verschränkten Händen, mussten Beschäftige des MediaMarkt Krems nach Dienstschluss im Stiegenhaus warten, bis ein Detektiv ihre Jacken und Taschen kontrollierte. Die GPA-djp forderte den Konzern auf, derart illegale Praktiken sofort zu stoppen: „Taschenkontrollen sind nur mit Betriebsvereinbarung zulässig. Gibt es keinen Betriebsrat, müssen sie mit den ArbeitnehmerInnen vereinbart sein und können jederzeit ohne Angaben von Gründen widerrufen werden“, fasst Karl Proyer, stv. GPA-djp-Bundesgeschäftsführer, zusammen.

Offensichtliche Defizite
Die GPA-djp befragte im Frühjahr alle 2.400 MediaMarkt- und Saturn- Beschäftigten. Die Rücklaufquote war mit 15 Prozent gut, nicht so die arbeitsrechtlichen Bedingungen, die geschildert wurden: Jede/r Zehnte gibt an, Taschenkontrollen erlebt zu haben, fast ein Viertel bestätigt Leibesvisitationen. Zwei Drittel geben an, dass die vereinbarte Arbeitszeit nicht eingehalten wird, mehr als 60 Prozent, dass Arbeiten vor und nach der Öffnungszeit nicht bezahlt werden, wie es der KV vorschreibt.

„Wenn Leibesvisitationen und Taschenkontrollen nicht aufhören, werden wir Gebietskrankenkassen und Arbeitsinspektorat einschalten“, erklärte GPA-djp-Chef Wolfgang Katzian bei der Präsentation der Umfrage – wenige Tage später bestätigten Betroffene, dass die Misstrauenskultur bei MediaMarkt und Saturn weitergelebt wird: PromotorInnen, die Produktwerbung für andere Firmen in den Filialen machen, mussten beim Gehen ihre Taschen herzeigen. Augenzeugen berichten, dass derartige Kontrollen sogar bei der Information im Kundenbereich erfolgen. Unbeteiligte Kunden bekamen Einblick in die Taschen der Betroffenen.

Die Geschäftsleitung, die argumentiert ausschließlich gesetzeskonform zu agieren, fand es bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe nicht der Mühe wert, das Dialog-Angebot der GPA-djp anzunehmen, um die immer länger werdende Liste der offensichtlichen Defizite gemeinsam auszuräumen. „Hier haben wir es mit einer gewerkschaftlichen Großbaustelle zu tun, aber wir scheuen die Auseinandersetzung mit dem Management nicht“, kündigen Proyer und Katzian maximale Unterstützung an: „Die Betroffenen können sich auf uns verlassen – auch bei der Gründung eines Betriebsrats, den sich neun von zehn Beschäftigten wünschen!“

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