Flexibel, aber nicht ungeregelt

Flexible Arbeitszeitmodelle: Vor- und Nachteile gut abwägen, Vorsicht vor versteckten Risiken! © Nurith Wagner-Strauu
Flexible Arbeitszeitmodelle: Vor- und Nachteile gut abwägen, Vorsicht vor versteckten Risiken! © Nurith Wagner-Strauss

Arbeitszeitmodelle wie Gleitzeit, All-in und Vertrauensarbeitszeit erfreuen sich großer Beliebtheit. Flexible Arbeitszeiten brauchen trotzdem Regeln und Kontrolle. 

 

Ein immer größerer Teil der ArbeitnehmerInnen in Österreich arbeitet flexibel. Flexible Arbeitszeit bedeutet aber nicht, dass gesetzliche und kollektivvertragliche Rahmenbedingungen an Bedeutung verlieren. Im Gegenteil: Gerade Flexibilität braucht klare Regeln, damit am Ende nicht die Beschäftigten das Nachsehen haben.

Eines der beliebtesten flexiblen Arbeitszeitmodelle insbesondere unter Angestellten ist die Gleitzeit. Laut einer Erhebung aus dem Jahr 2010 haben ca. 20 Prozent der unselbstständig Erwerbstätigen eine Gleitzeitregelung, Tendenz steigend. Eine Erhebung der GPA-djp unter Fach- und Führungskräften ergab für diese Gruppe bereits einen Anteil von über 70 Prozent.

Beliebtes Modell Gleitzeit
Die Gleitzeit verbindet Flexibilität, die persönliche Interessen berücksichtigt, mit der Aussicht auf mehr zusammenhängende Freizeit als Ausgleich für längere Arbeitstage bzw. -wochen. Nur wenn der/die ArbeitnehmerIn innerhalb eines vereinbarten zeitlichen Rahmens Beginn und Ende seiner/ihrer täglichen Normalarbeitszeit selbst bestimmen kann, spricht man von gleitender Arbeitszeit. Damit dieses Selbstbestimmungsrecht auch über die eigene Arbeitszeiteinteilung funktionieren kann, schreibt das Gesetz den Abschluss einer entsprechenden Betriebsvereinbarung vor, in der die Dauer der Gleitzeitperiode, der Gleitzeitrahmen, die maximalen Übertragungsmöglichkeiten von Zeitguthaben und Zeitschulden im Vergleich zur Normalarbeitszeit sowie Dauer und Lage der fiktiven täglichen Normalarbeitszeit geregelt werden. In Betrieben ohne Betriebsrat kann die Gleitzeitvereinbarung auch einzelvertraglich schriftlich getroffen werden. Die tägliche Normalarbeitszeit im Rahmen der Gleitzeit wird im Arbeitszeitgesetz auf maximal 10 Stunden begrenzt. Kollektivverträge können auch niedrigere tägliche Maximalarbeitszeiten vorsehen.

Obwohl dieses in der Praxis schon viele Jahre existierende Modell im Großen und Ganzen zur Zufriedenheit der Betroffenen funktioniert, ist es ratsam, bei Gleitzeitvereinbarungen bestimmte Parameter zu beachten. So führt etwa ein zu langer Durchrechnungszeitraum nicht selten zum Anwachsen hoher Zeitguthaben, die dann am Ende schwer auszugleichen sind. Das Verfahren der Erfassung der Arbeitszeiten soll klar und eindeutig festgelegt werden.

All-in: Rechte einfordern
Einen starken Trend gibt es auch in Richtung sogenannter All-in- Verträge. In solchen Verträgen werden mit dem Gesamtgehalt nicht nur die gesetzlich bzw. kollektivvertraglich normierten Arbeitsstunden, sondern auch sämtliche Mehrarbeit, Überstunden sowie evt. auch Reisezeiten, Bereitschaftszeiten, Rufbereitschaft und anderes abgegolten. In der Zwischenzeit wird jeder fünfte Arbeitsvertrag als All-in-Vertrag abgeschlossen, sodass dieser Vertragstyp bei weitem nicht mehr auf leitende ArbeitnehmerInnen beschränkt ist. Auf den Missbrauch dieser Vertragsform hat die GPA-djp schon längere Zeit hingewiesen. Wolfgang Katzian sprach in diesem Zusammenhang von einem „Wildwuchs“, den es einzudämmen gelte.

Generell ist zu sagen, dass das Arbeitszeitrecht auch bei All-in Verträgen nicht seine Gültigkeit verliert (Ausnahmen gibt es für leitende Angestellte, die im Arbeitszeitgesetz definiert sind). Die Verpflichtung zur Aufzeichnung der tatsächlichen Arbeitszeiten bleibt aufrecht. Dem Betriebsrat kommt dahingehend ein Kontrollrecht zu. Dieser Verpflichtung kann sich der/ die ArbeitgeberIn auch nicht durch Delegation an ArbeitnehmerInnen entziehen. Auf jeden Fall sollte man am Jahresende z. B. mittels einer Arbeitszeitbilanz prüfen, ob mit dem All-in-Gehalt tatsächlich alle Ansprüche abgedeckt sind. Empfehlenswert ist, diese Maßnahme im Sinne von Fairness und Transparenz in einer Betriebsvereinbarung festzulegen.

Vertrauensarbeitszeit
Vertrauensarbeitszeit stellt ein Arbeitszeitmodell dar, in dessen Rahmen Unternehmen auf die Erfassung, Auswertung und Kontrolle der Arbeitszeiten verzichten und es den Beschäftigten überlassen, die Lage und die Verteilung ihrer Arbeitszeit in Absprache mit KollegInnen und Vorgesetzten selbst zu bestimmen. Vertrauenarbeitszeit ist kein gesetzlich geregeltes Modell. Zu beachten ist, dass auch für die Vertrauensarbeitszeit, die gesetzlichen und kollektivvertraglichen Regelungen und Grenzen hinsichtlich der Arbeitszeitaufzeichnungen, Einhaltung der Normal- und Höchstarbeitszeit, Überstunden, Pausen etc. uneingeschränkt gelten. Das Modell Vertrauensarbeitszeit wird von Unternehmen genutzt, um eine kostengünstige Anpassung der Arbeit an den betrieblichen Bedarf zu erreichen. Für die ArbeitnehmerInnen entsteht das Risiko, dass die tatsächliche Arbeitszeit weit über die Grenzen ausgedehnt wird, insbesondere dann, wenn die Personaldecke zu dünn ist. Flexibilität bleibt da eine Einbahnstraße, von der nicht selten nur die Unternehmen profitieren

„Deshalb raten wir in solchen Fällen, sich das in Aussicht gestellte Vertrauen abzusichern: Mit einer fairen Gleitzeitregelung und einer Dokumentation ihrer geleisteten Arbeitszeit ist man im Zweifelsfall auf der sicheren Seite“, so die Leiterin der Abteilung Arbeit und Technik in der GPA-djp Claudia Kral-Bast.

Generell gilt bei allen flexiblen Arbeitszeitmodellen: Vor- und Nachteile gut abwägen und regelmäßig überprüfen, ob man nicht um Ansprüche gebracht wird. In einer Betriebsvereinbarung sollten klare Regeln festgelegt werden. Bei Fragen stehen Ihnen die Expertinnen und Experten der GPA-djp gerne zur Verfügung.

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