Im Faktencheck ArbeitnehmerInnenschutz beantworten wir wichtige Fragen rund um das Thema Sicherheit und Gesundheit von ArbeitnehmerInnen bei ihrer beruflichen Tätigkeit.
Was ist unter ArbeitnehmerInnenschutz zu verstehen?
ArbeitnehmerInnenschutz zielt darauf ab, Leben, Gesundheit und Sicherheit der ArbeitnehmerInnen bei ihrer beruflichen Tätigkeit zu gewährleisten. Konkret geht es um die Vermeidung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und von arbeitsbedingten Erkrankungen. Das sind Krankheiten, bei denen die Arbeitswelt als verursachender oder verschlimmernder Faktor eine Hauptrolle spielt. Prävention ist der wichtigste Grundsatz im ArbeitnehmerInnenschutz. Es gilt, Gefahren und Risiken vorausschauend zu beseitigen, zu minimieren und nicht erst nach einem Unfall oder einer Schädigung aktiv zu werden.
Welche Regelungen gibt es?
Das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz ist basierend auf EU-Rechtsvorschriften die wichtigste gesetzliche Grundlage der geltenden Schutzbestimmungen. Zu diesem gehören eine Reihe von Verordnungen, mit denen allgemeine Vorgaben konkreter gefasst und praktikabel umsetzbar werden.
Wer ist im Betrieb zuständig, dass AN-Schutzbestimmungen umgesetzt werden?
Arbeitgeber haben die grundlegende Verantwortung, für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz ihrer Beschäftigten in Bezug auf alle die Arbeit betreffenden Aspekte zu sorgen. Für die Praxis ergibt sich daraus die Pflicht, alle Maßnahmen zu setzen, die nach den betrieblichen sicherheits- und gesundheitsbezogenen Gegebenheiten erforderlich sind. Je nach Betriebsgröße, Branche und spezieller Gefährdungssituation ist die Umsetzung sehr unterschiedlich.
Welche Beauftragten sind im AN-Schutz erforderlich?
Arbeitgeber müssen jedenfalls dafür sorgen, dass ErsthelferInnen und Personen zur Brandbekämpfung bestellt werden. Außerdem ist die Betreuung der Beschäftigten durch Präventivfachkräfte sicherzustellen – das sind Sicherheitsfachkräfte und ArbeitsmedizinerInnen. Angesichts der wachsenden Bedeutung von Stress und psychischen Belastungen in der Arbeitswelt sollten auch ArbeitspsychologInnen eingesetzt werden. Eine Verpflichtung dazu gibt es aber nicht. Präventivfachkräfte müssen keine Beschäftigten des Betriebes sein, die Betreuung kann auch von einem sicherheitstechnischen und arbeitsmedizinischen Zentrum übernommen werden. Kleinbetriebe werden kostenlos durch die AUVA betreut.
Bei Bedarf können auch weitere Beauftragte tätig werden, z. B. Brandschutzbeauftragte in Betrieben mit erhöhter Brand- oder Explosionsgefahr. Die überwiegende Zahl der Betriebe braucht aber nur wenige Beauftragte. Alle Beauftragten sind jedenfalls ExpertInnen in spezifischen Fachgebieten, die vor allem den Arbeitgeber bei der Wahrnehmung seiner Verantwortung im AN-Schutz unterstützen.
Sind mehr als 10 ArbeitnehmerInnen beschäftigt, sind Sicherheitsvertrauenspersonen zu bestellen. Sie sind keine Beauftragten, sondern nehmen die Aufgabe wahr, die Gesundheitsinteressen der ArbeitnehmerInnen zu vertreten.
Welche Rechte haben BetriebsrätInnen im AN-Schutz?
BetriebsrätInnen haben auf Grundlage des Arbeitsverfassungsgesetzes im ArbeitnehmerInnenschutz weitreichende Mitbestimmungs- und Überwachungsrechte. Sie sind in allen Angelegenheiten der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes durch den Arbeitgeber anzuhören und zu beteiligen. Damit ist beispielsweise die Auswahl von Arbeitsmitteln, die Einführung neuer Technologien und die generelle Organisation der betrieblichen AN-Schutzmaßnahmen gemeint. Außerdem haben sie Mitsprache bei der Bestellung von Sicherheitsvertrauenspersonen und von Präventivfachkräften.
Wer ist für die Kontrolle der Schutzbestimmungen zuständig?
Die Arbeitsinspektion kontrolliert die Einhaltung der rechtlichen Mindestvorschriften im ArbeitnehmerInnenschutz ebenso wie die Einhaltung von Höchstarbeitszeiten, Ruhepausen und Ruhezeiten und der Arbeitsruhe, und die Beschäftigung besonders schutzbedürftiger ArbeitnehmerInnen, insbesondere von Schwangeren. Zu den Aufgaben der Arbeitsinspektion gehört auch die Beratung von Arbeitgebern, ArbeitnehmerInnen, BetriebsrätInnen und von Sicherheitsvertrauenspersonen.
Die Kontroll- und Beratungstätigkeit der Arbeitsinspektion ist ein wesentlicher Faktor dafür, dass Schutzbestimmungen auch tatsächlich und richtig eingehalten werden. Die Anzahl der ArbeitsinspektorInnen, die diese wichtige Aufgabe erfüllen, ist viel zu gering. Insgesamt gibt es in ganz Österreich nur rund 300 ArbeitsinspektorInnen, die für knapp 250.000 Arbeitsstätten und rund 3,170.000 ArbeitnehmerInnen zuständig sind. Dennoch werden von ihnen pro Jahr über 70.000 Besichtigungen durchgeführt.
Welche Strafen sind fällig, wenn AN-Schutzbestimmungen nicht eingehalten werden?
Meistens erfolgt bei Übertretungen eine schriftliche Aufforderung durch die Arbeitsinspektion, unverzüglich den rechtmäßigen Zustand herzustellen. Eine Kopie einer solchen Aufforderung muss auch der Betriebsrat erhalten.
Zu einer Strafanzeige kommt es bei einer schwerwiegenden Übertretung oder im Wiederholungsfall. Je nach Schwere kann es zu Strafen von 166 bis 8.324 Euro kommen, im Wiederholungsfall beträgt der Strafrahmen 333 bis 16.659 Euro.
Entspricht der Nutzen den Kosten?
Im Betrieb entstehen durch AN-Schutz Kosten, weil z. B. Sicherheitssysteme erforderlich sind oder weil Sicherheitsfachkräfte und ArbeitsmedizinerInnen einzusetzen sind. Der Nutzen dieser Investitionen ist zwar in Zahlen nicht so leicht darstellbar, aber jedenfalls ist er ungleich höher als der Wert des eingesetzten Geldes. Er ergibt sich nicht nur durch die Vermeidung von Arbeitsunfällen, Krankenständen und Ausfallskosten. AN-Schutz trägt insgesamt auch zu Verbesserungen von Organisationsabläufen bei und bringt Unternehmen beispielsweise durch bessere Qualität von Leistungen und höhere Arbeitszufriedenheit der Beschäftigten auch einiges an Imagegewinn.
Von wirksamen Maßnahmen im ArbeitnehmerInnenschutz profitieren natürlich in erster Linie die Beschäftigten, weil sie vor Unfällen und Krankheit geschützt werden und so viel Leid verhindert wird. Es wäre also ziemlich zynisch, hier eine Kosten-Nutzen-Rechnung anzustellen. Eine allfällige Bilanz fällt aber jedenfalls eindeutig zugunsten des Nutzens aus: Ein Arbeitsunfall schlägt im Unternehmen im Durchschnitt mit 3.300 Euro zu Buche. Der finanzielle Gesamtschaden von Arbeitsunfällen liegt bei 1,5 Milliarden Euro jährlich. Hinzu kommen 2,8 Milliarden Euro im Zuge arbeitsbedingter Erkrankungen. Das sind Kosten, die ohne ArbeitnehmerInnenschutz ungleich höher wären und vor allem durch Verbesserungen bei der Prävention auch deutlich gesenkt werden könnten.