100 Euro mehr für ein gutes Leben

Foto: Daniel Novotny

Mehr Geld, mehr Zeit für sich selbst und Unterstützung für Lehrlinge. Die GPA-djp hat nach den Bedürfnissen der Handelsangestellten gefragt und die Ergebnisse in die KV-Verhandlungen einfließen lassen.

Im Handel, Österreichs größter Branche, starten am 22. Oktober die Kollektivvertragsverhandlungen. Die GPA-djp, sie vertritt hierbei rund 413.000 Handelsangestellte und 15.000 Lehrlinge, hat nun erstmals vor Beginn der Gespräche ihre Forderungen präsentiert. Ziele sind etwa eine monatliche Gehaltserhöhung von 100 Euro und drei zusätzliche Freizeittage im Jahr. Überdies sollten Handelslehrlinge einmalig 130 Euro Schulstartgeld erhalten.

„Die Angestellten und Lehrlinge im Handel sind die Leistungsträger der Umsatz- und Gewinnentwicklung, deshalb ist auch im heurigen Jahr eine kräftige Gehaltserhöhung gerechtfertigt und leistbar.“

Anita Palkovich, KV-Verhandlerin

Wohlüberlegte Verhandlungspunkte

Der Branche geht es gut. Die Statistik Austria hat für 2018 ein Umsatzplus von 3,7 Prozent im Handel errechnet. Auch der Branchenreport der Arbeiterkammer und die Bilanzdaten der Österreichischen Nationalbank machen diesen positiven Trend deutlich. Ebenso die solide Eigenkapitalausstattung und eine Ausschüttungsquote von 70 Prozent bei den Gewinnen. „Die Angestellten und Lehrlinge im Handel sind die Leistungsträger der Umsatz- und Gewinnentwicklung“, erklärt Anita Palkovich, Wirtschaftsbereichssekretärin der GPA-djp und KV-Verhandlerin. „Deshalb ist auch im heurigen Jahr eine kräftige Gehaltserhöhung gerechtfertigt und leistbar.“

Denn immerhin ist ja auch die Produktivität der Handelsangestellten im letzten Geschäftsjahr um über zwei Prozent angestiegen. Palkovich gibt außerdem zu Bedenken: „Wir wollen den Menschen mit unseren Forderungen auch die Existenzsorgen nehmen“.

Erhaltungskosten und Stresspegel steigen

Steigende Wohnkosten und teurer werdende Lebensmittel liegen mit auf der Waagschale – viele der Teilzeit-Handelsangestellten wissen beispielsweise nicht, wie sie die Lebenserhaltungskosten aufbringen sollen. Und auch deshalb ist die Stimmung bei den Handelsangestellten eher schlecht. Eine Befragung von 3.200 MitarbeiterInnen aus allen Bereichen des Handels (davon 67 % Frauen und 33 % Männer) hat Klarheit geschaffen: sowohl bei Gehalt als auch in Sachen Freizeit besteht dringender Handlungsbedarf in den Kollektivvertrags-Gesprächsrunden.  besteht.

„Wir nehmen dieses Ergebnis sehr ernst“, sagt Martin Müllauer, Betriebsratsvorsitzender der Morawa Buch- und Medien GmbH und seit Mai 2019 auch Vorsitzender des Wirtschaftsbereichs Handel in der GPA-djp. „Besonders die Teuerungen bei den Mieten, Lebensmitteln und Energiekosten belasten die Menschen stark und niemand möchte mit Existenzsorgen ins Bett gehen.“

„Kein Arbeitgeber kann mir erklären, dass ihm seine ArbeitnehmerInnen nicht diesen Hunderter Wert sind.“

Martin Müllauer, Betriebsratsvorsitzender der Morawa Buch- und Medien GmbH

Verhandler Müllauer: „Kein Arbeitgeber kann mir erklären, dass ihm seine ArbeitnehmerInnen nicht diesen Hunderter Wert sind. Die Handelsangestellten müssen mit höheren Kosten jonglieren und haben ein gutes Leben verdient.“

Rund 56 Prozent der Befragten fühlen sich in einer typischen Arbeitswoche gestresst. „Das zeigt aber auch, normale Arbeitswochen gibt es im Handel überhaupt nicht“, weiß Verhandlerin Palkovich. Hoher Arbeitsdruck, knappe Personaldecke, aber auch Fluktuation in den Betrieben hinterlassen deutliche Spuren bei den ArbeitnehmerInnen. Bisweilen bleibt für eine ganze Abteilung bloß eine Verkäuferin übrig. Für die gesamte Branche gilt: Immer weniger Menschen müssen immer mehr Verkaufsflächen betreuen. Die Wirtschaftsbereichssekretärin: „Unsere Forderung nach drei zusätzlichen Freizeittagen hat den Hintergrund, Handelsangestellten die notwendige Erholungszeit zu gewährleisten“.

Das bringt’s

Von der geforderten 100-Euro-Erhöhung (bei Vollzeit) würden vor allem die unteren Einkommensgruppen stark profitieren. Den Lehrlingen, die anfangs besonders tief in die Tasche greifen müssen, hilft das Schulstartgeld beim wirtschaften.

„Ein gutes Leben für alle, dafür setzen wir uns ein“, erklärt Betriebsratsvorsitzender Martin Müllauer. Eine ordentliche Gehaltserhöhung ist auch gesamtwirtschaftlich sinnvoll – sie stärkt die Kaufkraft, denn auch das Geld der Handelsangestellten fließt großteils zurück in den Handel.

Alle Kollektivverträge auf einen Blick

Ihren persönlichen Kollektivvertrag können Sie kostenlos auf der Website der GPA-djp suchen und herunterladen.
https://www.gpa-djp.at/kollektivvertrag

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