Warum Vermögenssteuern notwendig sind

Das reichste Prozent besitzt in Österreich rund 40 Prozent des Nettovermögens, während auf die ärmsten 50 Prozent lediglich 2,5 Prozent der Vermögen fallen.
Quelle: AK-Broschüre „Verteilungsgerechtigkeit“ (November 2018)
Grafik: GPA-djp Öffentlichkeitsarbeit, Lucia Bauer

Österreich hat einerseits eine sehr ungleiche Vermögensverteilung (das reichste Prozent besitzt rund 40 Prozent des Nettovermögens) und andererseits beträgt der Anteil der vermögensbezogenen Steuern am Gesamtsteueraufkommen lediglich 1,3 Prozent (Wert 2017).

Damit liegen wir im OECD-Vergleich an vorletzter Stelle und befinden uns weit unter dem OECD-Schnitt von 5,7 Prozent. Es gibt hier also viel Luft nach oben: Würde man beispielsweise die vermögensbezogenen Steuern auf den OECD-Durchschnitt anheben, so brächte das ein geschätztes jährliches Mehraufkommen von ca. 5 Milliarden Euro. Eine Vermögensteuer mit einem Freibetrag von einer Million Euro brächte bei einem Steuersatz von einem Prozent etwa 4 Milliarden Euro an jährlichen Einnahmen. Es handelt sich also nicht um „Peanuts“, sondern mit diesem Geld könnte man den Sozialstaat qualitativ verbessern.

Eine Vermögensteuer mit einem hohen Freibetrag ist ein fairer Beitrag für solide öffentliche Finanzen und führt zu mehr Steuergerechtigkeit. Auch internationale Institutionen wie die OECD, der Internationale Währungsfond (IWF) aber auch die EU-Kommission weisen auf den niedrigen Anteil der vermögensbezogenen Steuern in Österreich hin, und empfehlen deren Ausbau.

Aus Gründen der Steuergerechtigkeit und Chancengleichheit bedarf es auch einer Erbschafts- und Schenkungssteuer, denn Erbschaften tragen maßgeblich zur ungleichen Vermögensverteilung bei. Zudem wird das Erbvolumen in den nächsten beiden Jahrzehnten stark ansteigen.

Vermögensverteilung: Große Ungleichheit

Während es bei den Einkommen eine breite Mitte gibt (v.a. auch durch sozialstaatliche Transferleistungen bedingt), sind die Vermögen hingegen sehr schief verteilt. Hier gibt es eine sehr starke Konzentration an der Spitze der Verteilung: Das reichste Prozent besitzt in Österreich rund 40 Prozent des Nettovermögens, während auf die ärmsten 50 Prozent lediglich 2,5 Prozent der Vermögen fallen!

Die HFCS-Daten (Erhebung der Österreichischen Nationalbank im Rahmen des europaweiten „Household Finance and Consumption Survey“, bislang 2010 und 2014 durchgeführt) zeigen, dass die typischen Vermögensgegenstände der unteren Hälfte ein Auto und/oder ein Sparbuch sind, während die reichsten Haushalte vermehrt Unternehmensbeteiligungen, Wertpapiere und Zinshäuser besitzen.

Vermögenseinkommen: Nur wenige profitieren

Die unteren 90 Prozent erhalten nur 10 Prozent aller Vermögenserträge, während die oberen 10 Prozent die restlichen 90 Prozent bekommen.
Quelle: AK-Broschüre „Verteilungsgerechtigkeit“ (November 2018)
Grafik: GPA-djp Öffentlichkeitsarbeit, Lucia Bauer

Was für Vermögen gilt, trifft auch für Vermögenseinkommen zu (Vermögenseinkommen sind Zinserträge, Erträge aus Vermietung und Verpachtung, Dividenden und sonstige Gewinnausschüttungen). Der größte Teil des gesamten Vermögenseinkommens ist konzentriert auf wenige, was wiederum zu einer Verfestigung der ungleichen Vermögensverteilung führt.

Vermögensbezogene Steuern: Viel Luft nach oben

Der Anteil der vermögensbezogenen Steuern am Gesamtsteueraufkommen beträgt in Österreich lediglich 1,3 Prozent (Wert 2017; 1965 waren es noch rund 4 Prozent). Damit befinden wir uns im OECD-Vergleich am vorletzter Stelle, hinter Estland, wobei wir den vorletzten Platz gemeinsam mit der Slowakei und Litauen einnehmen. Der OECD-Schnitt (5,7 Prozent) ist mehr als vier mal so hoch! Zum Vergleich: In wirtschaftsliberalen Staaten wie Großbritannien oder den USA haben Vermögenssteuern mit mehr als einem Zehntel des Steueraufkommens ein starkes Gewicht. Bei unserem Nachbarn Deutschland – mit dem wir uns ja immer gerne vergleichen – beträgt der Anteil der vermögensbezogenen Steuern 3 Prozent, ist also auch noch deutlich höher.

Es besteht hier also viel Luft nach oben: Würde Österreich beispielsweise die vermögensbezogenen Steuern auf den OECD-Durchschnitt anheben, so brächte das ein geschätztes jährliches Mehraufkommen von rund 5 Milliarden Euro!

Die OECD empfiehlt vermögensbezogene Steuern in jenen Ländern auszubauen, in denen eine hohe Vermögensungleichheit herrscht, Vermögensübertragungen gar nicht und Kapitaleinkommen nur proportional besteuert werden. Österreich wäre dafür ein Paradebeispiel, da all diese Kriterien zutreffen. Auch die EU-Kommission hat in ihrem Länderbericht 2019 darauf hingewiesen, dass in Österreich nur geringe Anteile des Gesamtsteueraufkommens auf die Körperschaftssteuer (KöSt) und Steuern auf Kapital, aber auch auf Umwelt- und Vermögenssteuern entfallen. Deren Erträge bleiben jeweils deutlich hinter dem EU-Durchschnitt zurück. Die von der alten Regierung geplante Senkung der KöSt und der Umstand, dass weiterhin keine Vermögens– und Erbschaftssteuern eingeführt werden sollen, gehen daher genau in die falsche Richtung.

Potenzielles Aufkommen einer Vermögensteuer

Eine von der Johannes Kepler Universtät Linz (JKU) erstellte Studie „Bestände und Konzentration privater Vermögen in Österreich (2017)“ ermittelte zum einen, dass allein das reichste Prozent der privaten Haushalte mehr als eine halbe Billion Euro (534 Milliarden Euro) Nettovermögen besitzt– das entspricht einem Besitzanteil von 40,5 Prozent! Zum anderen wurden Schätzungen über das potenzielle Aufkommen aus verschiedenen Vermögenssteuermodellen mit unterschiedlichen Freibeträgen und Steuersätzen berechnet. Eine Vermögensteuer mit einem Freibetrag von einer Million Euro brächte bei einem Steuersatz von einem Prozent etwa 4 Milliarden Euro an jährlichen Einnahmen.

Dabei handelt es sich um den mittleren Wert einer Schätzung, die bereits „hypothetische Ausweicheffekte“ miteinbezieht. Damit ist das Abziehen von Vermögen aufgrund der Besteuerung gemeint. Auch wenn es theoretisch durch Vermögensverschiebung zu unrealistisch hohen Ausweicheffekten kommen kann, kommt noch immer ein erhebliches Steueraufkommen zustande. Denn der Großteil des Privatvermögens besteht aus Großimmobilien und kann sich der Besteuerung daher gar nicht entziehen.

Erbschaften tragen maßgeblich zur ungleichen Vermögensverteilung bei bzw. verfestigen die Ungleichheit

Die Erbschaften der unteren 90 Prozent betragen im Durchschnitt 124.000 Euro. Im reichsten Prozent beträgt die durchschnittliche Erbschaft dagegen 3,4 Millionen Euro.
Quelle: AK-Broschüre „Verteilungsgerechtigkeit“ (November 2018)
Grafik: GPA-djp Öffentlichkeitsarbeit, Lucia Bauer

Nur einer von drei Haushalten der unteren 90 Prozent in der Einkommensverteilung erbt überhaupt etwas. Im Durchschnitt beträgt diese Erbschaft 124.000 Euro. Im Gegensatz dazu erben innerhalb der reichsten 10 Prozent drei von vier Haushalten. Ihre Erbschaft ist mit durchschnittlich 830.000 Euro fast sieben Mal höher als die durchschnittliche Erbschaft der restlichen 90 Prozent. Im reichsten Prozent macht die durchschnittliche Erbschaft sogar rund 3,4 Millionen Euro aus. Diese Daten verdeutlichen, dass Erbschaften in Österreich ein zentraler Grund für die ungleiche Verteilung von Vermögen sind. Unterschiede zwischen Erbschaften tragen gleich viel zur Vermögensungleichheit bei wie Unterschiede im Haushaltseinkommen. Das Glück der (reichen) Geburt hat also etwa denselben Effekt wie der persönliche Arbeitseinsatz in der Arbeitswelt.

Aus diesen Zahlen geht klar hervor, dass eine Erbschafts- und Schenkungssteuer mit einem hohen Freibetrag die breite Masse der Bevölkerung nicht treffen würde. Ein weiteres Argument für die Wiedereinführung einer Erbschafts- und Schenkungssteuer besteht darin, dass das Erbvolumen in Österreich in den nächsten zwei Jahrzehnten von jährlich 12 Milliarden Euro (2015) auf über 20 Milliarden Euro (2035) ansteigen wird.

Mehr Infos in der Verteilungsbroschüre der AK

Verteilungsgerechtigkeit: Für die vielen, nicht die wenigen“:

Die Broschüre zeigt das besorgniserregende Ausmaß der Ungleichheit auf: Das reichste Prozent verfügt in Österreich über rund 40 Prozent des gesamten Vermögens, während die ärmeren 50 Prozent gemeinsam gerade einmal 2,5 Prozent besitzen. Dabei wird ein großer Teil der Vermögen nicht durch eigene Leistung erworben, sondern geerbt.

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