ÖGB und Gewerkschaften fordern schon länger eine deutliche Erhöhung der Nettoersatzrate in der Arbeitslosenversicherung auf mindestens 70%. Wir nennen dir 5 guten Gründe, warum wir gerade in der jetzigen Corona-Krise ein höheres Arbeitslosengeld brauchen!
1. Noch nie waren in Österreich so viele Menschen arbeitslos.
Die Corona-Pandemie hat auch in Österreich einen historischen Höchststand bei der Arbeitslosigkeit bewirkt. Die Zahl der Arbeitslosen und jene der SchulungsteilnehmerInnen lag im heurigen April bei 571.477 und war damit um 58,2% höher als im Vergleichsmonat des Vorjahres. Das Wifo rechnet damit, dass die Arbeitslosigkeit in den Jahren bis 2024 nicht mehr das Niveau von 2019 erreichen wird.
Ein großer Anteil der betroffenen Menschen wird durch diese Situation schlagartig in eine finanzielle Notlage versetzt und es gibt wenig Perspektive auf eine rasche Verbesserung der Lage. Maßnahmen wie Leistungen aus dem eingerichteten Familienhärtefonds sind zwar notwendige und begrüßenswert. Sie sind aber Soforthilfen, die keine nachhaltige Absicherung ersetzen können.
2. In Österreich ist das Arbeitslosengeld besonders gering
Mit 55 Prozent hat Österreich im internationalen Vergleich eine der niedrigsten Nettoersatzraten bei Arbeitslosigkeit und liegt damit auch deutlich unter dem OECD-Durchschnitt von 63 Prozent. Noch niedrigere Ersatzraten haben beispielsweise Griechenland, Rumänien oder Großbritannien. In manchen EU-Ländern gibt es in der aktuellen Krise bereits konkrete Überlegungen zur Anhebung der Arbeitslosenunterstützung, im Gespräch sind auch Mindeststandards auf europäischer Ebene.
Die in Österreich im Zuge der Corona-Krise nun arbeitslos gewordenen Menschen müssen mit wenig mehr als der Hälfte ihres bisherigen Einkommens das Auslangen finden, in vielen Haushalten fallen alle Erwerbseinkommen weg, 43 Prozent aller Haushalte haben durch Arbeitslosigkeit bzw. Kurzarbeit deutlich geringere Einkommen als vor der Krise.
3. Arbeitslosigkeit darf nicht zu Armut führen
Für viele Menschen reicht das Arbeitslosengeld nicht aus, um Fixkosten bestreiten und ein existenzsicherndes Einkommen erreichen zu können. Im Anschluss an die Arbeitslosigkeit besteht Anspruch auf Notstandshilfe. Diese Leistung wird in der Corona-Krise nun befristet aufgestockt, ein Abgleiten vom Arbeitslosengeld in die Notstandshilfe soll damit verhindert werden.
Die Höhe der Notstandshilfe ist grundsätzlich abhängig vom Arbeitslosengeldanspruch. Somit würde ein höheres Arbeitslosengeld auch generell eine wirksamere Absicherung gerade bei lange andauernder Arbeitslosigkeit mit sich bringen. Dass Arbeitslosengeld und Notstandshilfe als Leistungen der Arbeitslosenversicherung oftmals nicht ausreichen, um vor Armut zu schützen zeigt sich auch anhand des Bedarfs an Unterstützung durch Mindestsicherung bzw. Sozialhilfe.
Rund 42 % jener Menschen, die die Sozialhilfe als Ergänzung zu anderen Einkommen beziehen, sogenannte AufstockerInnen, erhalten eine Leistung des AMS. Der Sozialhilfebezug ist jedoch an sehr strenge Vorgaben geknüpft. Vermögen und Erspartes sind bis zu einem geringen Grenzbetrag zu verwerten, bevor Leistungen bezogen werden können. Gerade das bewirkt vielfach eine Abwärtsspirale und ein Abgleiten in eine sich nachhaltig verfestigende Armut. Das Leistungsniveau der Sozialhilfe, das für Einzelpersonen ca. 917 Euro beträgt, liegt zudem deutlich unter der für Österreich gelten Armutsschwelle von 1.259 Euro.
4. Höheres Arbeitslosengeld nützt der Wirtschaft
In der Corona-Krise braucht es rasche und ausreichende Maßnahmen zur Ankurbelung der Konjunktur. Die Erhöhung des Arbeitslosengeldes bewirkt eine Stärkung der Kaufkraft und ist daher nicht zuletzt auch eine wirtschaftspolitische Forderung. Insgesamt die Hälfte des Bruttoinlandsproduktes entfällt auf den privaten Konsum.
Die Frage, in welchem Ausmaß sich die Wirtschaft erholen kann, hängt maßgeblich davon ab, wie viel Geld die Menschen zum Ausgeben zur Verfügung haben.
5. Ein höheres Arbeitslosengeld ist fair
Ein Großteil der Erwerbstätigen bewertet das Arbeitslosengeld in Österreich als zu gering und unterstützt damit die Forderung nach einer besseren finanziellen Absicherung, wie auch eine kürzlich durchgeführte Befragung der AK Wien ergeben hat. Die Arbeitslosenversicherung müsse gewährleisten, dass laufende Ausgaben auch weiterhin zu bewältigen sind und dabei soll kein Zwang entstehen, Erspartes oder Vermögen aufzubrauchen. Das muss auch bei längerer Arbeitslosigkeit sichergestellt sein. 60% der Befragten gaben dabei an, dass sie 80% des Nettoeinkommens für eine faire und angemessene Ersatzrate halten. Nur 5% meinen, dass die Ersatzrate 55% auch richtig sei.