Physik der Atmosphäre

Foto: Nurith Wagner-Strauss

Der stellvertretende ZAMG-Betriebsratsvorsitzende und Senior Scientist Paul Skomorowski mag das immer kühlere Klima in der Arbeitswelt nicht akzeptieren.

Physik hat ihn schon in der Schule interessiert. „Ich war der Einzige in meiner Klasse, der in Physik maturiert hat“, erinnert sich Paul Skomorowski, heute Senior Scientist, stellvertretender Gruppenleiter und Betriebsrat der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, kurz ZAMG.

Nach der Matura entdeckte er während seines Zivildienstes nach Dienstschluss das Segelfliegen für sich: „Beim Segelfliegen ist es wichtig zu wissen, wo es Aufwind gibt, um möglichst lange in der Luft bleiben zu können“, erklärt der Wissenschaftler. „Segelfliegen ist angewandte Physik und Meteorologie quasi die Physik der Atmosphäre.“

Meteorologie deckt Katastrophen auf

Den Naturwissenschaften ist Paul Skomorowski treu geblieben und hat sich für ein Studium der Meteorologie entschieden. Nach dem Studienabschluss arbeitete er erst an der Veterinärmedizinischen Universität und der Universität für Bodenkultur – 2006 wechselte er in die Umweltabteilung der ZAMG. Dort erstellt er Ausbreitungsberechnungen zur Ermittlung der Verfrachtung bzw. Herkunft von Luftschadstoffen. Für das österreichische Krisen- und Katastrophenschutzmanagement steuert Skomorowski die meteorologische Fachberatung zur Folgenabschätzung bei: „Ich warte und entwickle unser Krisenfallmodellsystem weiter, mit dem man berechnen kann, wohin sich beispielsweise nach einem Kernkraftunfall von einem bestimmen Punkt aus Teilchen in der Atmosphäre in den nächsten Stunden oder Tagen verlagern können. Man kann damit aber auch bestimmen, ob Staubteilchen, die am Bergobservatorium Sonnblick gemessen wurden, tatsächlich aus der Sahara stammen oder einen anderen Ursprung haben.“

Die Nuklearkatastrophe im japanischen Kernkraftwerk Fukushima, das sich vor 10 Jahren am 11. März 2011 ereignete, war anhand der vorliegenden ZAMG-Daten ablesbar. Der Unfall fand aber so weit entfernt statt, dass die Strahlung zumindest für Europa keine Gesundheitsgefahr darstellte.

„Über den Fukushima-Unfall haben wir Ausbreitungsrechnungen erstellt. In Japan hatten sie damals trotz allem Glück, dass der Wind die Strahlung auf den Pazifik hinaus transportiert hat und sie nicht über Tokyo niedergegangen ist“, erzählt Paul Skomorowski.

Betriebsrat muss ein Kämpfer sein

„Die Geburt unserer Tochter hat meine Frau und mich mehr über die Gesellschaft und die Zukunft nachdenken und politisch aktiv werden lassen“, erzählt der Vater der heute 9-jährigen und eines 7-jährigen Sohnes. Seine Frau Sabine, promovierte Mikrobiologin, ist seit einem Jahr Betriebsrätin eines internationalen Pharmakonzerns und ist auch im Heimatbezirk Simmering politisch aktiv. „Wir unterstützen uns gegenseitig“.

„Wenn man einen Sinn für Gerechtigkeit hat, ein bisschen eine kämpferische Natur ist und sich überdies für die Belange der Belegschaft interessiert, würde ich auf jeden Fall empfehlen, in den Betriebsrat zu gehen.“

Paul Skomorowski

„Wir befassen und solidarisieren uns stark mit der Arbeiterbewegung.“ Grund genug für Skomorowski sich seit 2012 für den Betriebsrat zu engagieren – erst als Ersatzbetriebsrat, 2014 rückte der Senior Scientist ins Gremium auf. Inzwischen ist er stellvertretender Betriebsratsvorsitzender und auch in der GPA tätig, ist Mitglied im Regionalausschuss Wien und Ersatzdelegierter im Bundesausschuss des Wirtschaftsbereiches 16 (Forschung, Bildung, Kultur). In seiner Betriebsratsposition ist er nicht freigestellt, bis zu 20 Prozent seiner Arbeitszeit nutzt er für diese Tätigkeit.

Paul Skomorowski ist mit Leib und Seele Betriebsrat: „Wenn man einen Sinn für Gerechtigkeit hat, ein bisschen eine kämpferische Natur ist und sich überdies für die Belange der Belegschaft interessiert, würde ich auf jeden Fall empfehlen, in den Betriebsrat zu gehen.“

Und auch, Gewerkschaftsmitglied zu werden! „Ich finde es heutzutage, wo das Arbeitsklima immer schärfer wird, absolut notwendig, bei der Gewerkschaft zu sein.“ Es gäbe sonst keine fünf Wochen Urlaub, kein 13. und 14. Monatsgehalt, weiß Skomorowski. „All das wurde durch Gewerkschaften und Betriebsräte erreicht.“

Mischung aus Beamten und Angestellten

„Mir ist es wichtig, für die Rechte der ArbeitnehmerInnen zu kämpfen“, erklärt Skomorowski. Und berichtet, wie die ZAMG als Unternehmen eine besondere Konstellation darstellt: seit Anfang der 90er Jahre besitzt die ZAMG eine Teilrechtsfähigkeit, die es ihr erlaubt, auf eigene Rechnung tätig zu werden und über diese Einnahmen auch Personal anzustellen. „Daher arbeiten hier an der ZAMG Beamte neben Vertragsbediensteten und Privatangestellten.“ Als stellvertretender Betriebsratsvorsitzender fungiert Paul Skomorowski als Vertreter von rund 200 Privatangestellten. In der Firma arbeiten dazu noch etwa 130 Beamte und Vertragsbedienstete. Skomorowski: „Die Zusammenarbeit mit den KollegInnen aus dem öffentlichen Dienst funktioniert wirklich sehr gut“.

„Ich finde es heutzutage, wo das Arbeitsklima immer schärfer wird, absolut notwendig, bei der Gewerkschaft zu sein.“

Paul Skomorowski

Der Kontakt mit den KollegInnen erfolgt derzeit hauptsächlich über Telefonate und Webkonferenzen, schließlich wirkt auch das ZAMG-Team seit dem vergangenen Jahr meistens aus dem Homeoffice heraus. „Die klassische Beratung in diversen arbeits- und sozialrechtlichen Fragen steht im Vordergrund – etwa, welche Bestimmungen gelten, wenn jemand in Karenz, Krankenstand oder Pflegefreistellung geht“, erklärt der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende. „Die KollegInnen möchten u.a. auch wissen, wie es sich auf den Resturlaub auswirkt, wenn sie beispielsweise ihr wöchentliches Stundenausmaß ändern.“

Wenn es kompliziertere Probleme gibt, kann sich der Betriebsrat jederzeit an den betreuenden Regionalsekretär Roland Widowitsch wenden. Aktuell ist eine Betriebsvereinbarung zum Homeoffice in Vorbereitung. „Das Homeoffice ist bei uns einzelvertraglich geregelt. Wir versuchen jetzt eine Verhandlungsvorlage für eine Betriebsvereinbarung zu erstellen und warten noch auf die einzelnen Novellen, die jetzt in der Begutachtungsphase des Nationalrats sind.“

Pandemie kostet Energie

Den extremen Kraftakt der Homeoffice-Arbeit spüren derzeit so gut wie alle arbeitenden ÖsterreicherInnen, ebenso ergeht es der ZAMG-Belegschaft – insbesondere jenen mit Kindern. „Ich kann aus eigener Erfahrung berichten, wie viel Kraft und Energie notwendig ist, das tägliche Arbeitspensum zu leisten und zeitgleich die Kinder zu betreuen.“

Paul Skomorowski ist stellvertretender Betriebsratsvorsitzender bei der ZAMG und arbeitet selbst derzeit hauptsächlich im Homeoffice. Für die Zeit des Lockdowns hätte er sich gewünscht, dass für Kinder unter 14 Jahre eine Person für das Homeschooling freigestellt werden kann.
Fotos: Nurith Wagner-Strauss

Die Tochter besucht die dritte Klasse Volksschule, der Sohn ist ein Tafelklassler. „Die Kinder lernten und spielten zwar weitgehend in ihren Zimmern, sind aber natürlich oft zu meiner Frau oder mir gekommen, um Fragen zu stellen, sich auszutauschen oder zu kuscheln“, erzählt Skomorowski. „Ich muss den Hut vor allen alleinerziehenden Müttern und Vätern ziehen, die permanent Arbeit und Kinderbetreuung allein managen müssen“. Und der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende schließt eine Hoffnung an: „Ich würde mir wünschen, dass während eines Lock-Downs für Kinder unter 14 Jahre eine betreuende Person freigestellt werden kann – denn Homeschooling ist eine Aufgabe, die nicht einfach so nebenher zusätzlich zur Erwerbsarbeit bewerkstelligt werden kann.“

Der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik steht bald eine größere Änderung bevor. Sie soll mit der geologischen Bundesanstalt fusioniert werden. „Wir wollen dieses Vorhaben des Ministeriums begleiten“, erzählt Paul Skomorowski. Noch muss dafür im Parlament ein eigenes Ausgliederungsgesetz durchgebracht werden.

Kalte Arbeitswelt

Trotz fortschreitender Erderwärmung, gibt es auch Tendenzen für eine Abkühlung: „In den letzten Jahren ist die Arbeitswelt durchaus kälter geworden. Ich denke da an den 12-Stunden-Arbeitstag oder das pausenlose Gejammere der Wirtschaft, wenn es um Arbeitszeitverkürzungen, die Einführung der sechsten Urlaubswoche oder die Erhöhung der Nettoersatzrate geht“, erklärt Paul Skomorowski. „Von WKÖ und Industriellenvereinigung wird stets verkündet: wir können uns das nicht leisten“, ärgert sich der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende.

Schätze in der Freizeit

Nur selten kann Paul Skomorowski derzeit zum Segelfliegen aufbrechen; er verbringt die freie Zeit am liebsten mit seiner Familie, etwa beim gemeinsamen Geocaching: „Es ist sowohl für meine Kinder als auch für uns Erwachsene ein großer Spaß in der Natur zu sein und ein paar Geocaches zu heben“.

Zur Person

Paul Skomorowski ist Senior Scientist, stellvertretender Gruppenleiter und Betriebsrat der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, kurz ZAMG. Seit 2012 engagiert er sich für den Betriebsrat – erst als Ersatzbetriebsrat, seit 2014 fix im Gremium. Inzwischen ist er stellvertretender Betriebsratsvorsitzender und auch in der Gewerkschaft GPA tätig. Er ist Mitglied im Regionalausschuss Wien und Ersatzdelegierter im Bundesausschuss des Wirtschaftsbereiches 16 (Forschung, Bildung, Kultur).

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