Soll ein Manager 80 mal so viel verdienen wie ein normaler Angestellter?

Foto: Daniel Shaked

Während die Teuerung immer mehr Menschen in die Armut abrutschen lässt, verdienen Spitzenmanager 80 mal so viel wie durchschnittliche normale Angestellte. Nur eine Neiddebatte oder gerechtfertigte Kritik?

300.000 Beschäftigte in Österreich sind – trotz Arbeit! – armutsgefährdet. Diese Situation wird durch die aktuellen Teuerungen gravierend verschärft. Immer mehr Menschen können mit dem, was sie verdienen, ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen, denn die Preise für Essen, Miete und Energiekosten haben sich in den letzten Monaten vervielfacht.

Währenddessen steigen die Gehälter der Topmanager in ungeahnte Höhen: Ein Topmanager in einem ATX-Unternehmen konnte im Jahr 2021 durchschnittlich 2,8 Mio. Euro verdienen. Dieses Einkommen ist um ein 80-faches höher als das Medianeinkommen eines/einer Beschäftigten in Österreich!

Mit anderen Worten: die Topverdiener legen gewaltig zu, die mittleren Einkommen verlieren an Kaufkraft, die NiedrigverdienerInnen rutschen in die Armut. Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander.

Armutsgefährdet

Aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung frisst die Teuerung das Einkommen auf. Mehr als 1,5 Millionen Menschen – das sind 17 Prozent der Bevölkerung – gelten als armutsgefährdet. 300.000 von ihnen, obwohl sie arbeiten. 45 Prozent der ArbeitnehmerInnen in Österreich verdienen so wenig, dass sie von ihrem Einkommen nur schlecht leben können. 9 Prozent kommen gar nicht mit ihrem Lohn oder Gehalt aus. Diese Zahlen erhob die AK Oberösterreich in ihren letzten Arbeitsklima-Index im November 2022.

Um halbwegs über die Runden zu kommen und um die Grundbedürfnisse wie Wohnen, Heizen oder Essen decken zu können, müssen sich daher immer mehr Menschen einschränken, und zwar nicht nur bei Freizeitaktivitäten, sondern v.a. auch beim Energieverbrauch oder bei Lebensmitteln.

77 Prozent der Haushalte, die dem untersten Einkommensviertel zuzurechnen sind, sparen bei der Energie, 69 Prozent bei Freizeitaktivitäten und 45 Prozent bei den Lebensmitteln, hält die AK OÖ fest. Die Hälfte greift – so vorhanden – auf Erspartes zurück, knapp ein Drittel ist auf finanzielle Unterstützung angewiesen und fast 20 Prozent sind mit Zahlungen im Rückstand. Dort, wo es sich mit dem laufenden Einkommen gar nicht mehr ausgeht, sind die Menschen auf Zuwendungen angewiesen.

Fat Cat Day

Auf den Jahresbeginn – genauer: auf den 5. Jänner – fiel auch heuer wieder der sog. ‚Fat Cat Day‘. Das ist jener Tag, an dem ein Topmanager (im englischen Sprachraum „Fat Cat“ genannt) bereits so viel verdient hat wie ein/e durchschnittliche/r ArbeitnehmerIn im ganzen Jahr.

Die Arbeiterkammer hat dazu folgende Berechnung angestellt: Die Gagen der Vorstandsvorsitzenden der 20 im österreichischen Börsen-Index ‚ATX‘ gelisteten Unternehmen wurden mit dem durchschnittlichen Gehalt der Beschäftigten in Österreich verglichen. Das lag 2021 (dem letzten Jahr, aus dem vollständige Zahlen vorliegen) bei 34.776 Euro.

Laut Berechnungen der Arbeiterkammer verdiente ein ATX-Vorstandsvorsitzender im Jahr 2021 durchschnittlich 2,8 Mio. Euro und damit um ein Drittel mehr als 2020. Die Vergütung liegt damit um ein 80-faches höher als das Medianeinkommen eines/einer Beschäftigten in Österreich.

Hingegen muss ein ATX-Vorstandsvorsitzender durchschnittlich grade mal 48 Stunden arbeiten, um dieses Jahreseinkommen eines/einer normalen Beschäftigten zu erreichen. Bei einem 12-Stunden-Tag und einem Stundenlohn von 729 Euro sind das vier Arbeitstage. Der 1. Jänner ist ein Feiertag, daher fiel der Fat Cat Day dieses Jahr auf den 5. Jänner. Unter den 20 Top-CEOs der ATX-Unternehmen befand sich übrigens nur eine Frau.

Es kann nicht sein, dass für Unternehmen Geld vorhanden ist, für die breite Masse der unselbständig Beschäftigten aber nicht.

Barbara Teiber, Vorsitzende der GPA

Die vier Arbeitstage, die die „Fat Cats“ brauchen, um ein Jahresgehalt zu verdienen, sind genau genommen auch wiederum ein Durchschnitt, manche CEOs brauchen dazu länger, andere kürzer.

Weiters hat die AK nachgerechnet, dass ein ATX-Vorstandsvorsitzender im Jahr 2021 durchschnittlich 2,8 Mio. Euro verdient hat und damit um ein Drittel mehr als im Vorjahr 2020. Die Vergütung liegt damit um ein 80-faches höher als das Medianeinkommen eines/einer Beschäftigten in Österreich. Dieser Faktor 80 lag im Jahr 2020 noch bei 61, und 2019 bei 57.

Ist es möglich, diese Einkommen in ein vertretbares Verhältnis zu den normalen Gehältern zu bringen? Die Arbeiterkammer fordert, dass der Aufsichtsrat großer Unternehmen eine angemessene Relation zwischen Vorstandsgagen und den Gehältern der Belegschaft festlegen solle. Der CEO dürfte dann nicht mehr als ein bestimmtes Vielfaches seiner Angestellten verdienen. Außerdem sollen die Unternehmen ihre Vorstandsgagen transparenter machen und offenlegen, wie sich die Gehälter und Boni für die ManagerInnen genau zusammensetzen.

Arm-Reich-Schere

Die extreme Schere zwischen reich und arm, die weiter aufgeht, bringt die Menschen in Österreich durchaus ins Grübeln. Das zeigt eine von der Gewerkschaft GPA in Auftrag gegebene IFES-Studie zu den Zukunftssorgen der Bevölkerung: Vier von fünf ÖsterreicherInnen (83 Prozent) sind wegen der sich immer weiter öffnenden Schere zwischen Arm und Reich besorgt!

Dahinter steht die Angst, dass große Teile der Bevölkerung in die Armut abrutschen könnten, aber auch die Sorge um den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die negativen politischen Folgen, die so eine Entwicklung mit sich bringen kann.

Solche und andere Zukunftssorgen plagen zahlreiche Menschen: So beunruhigen auch die zunehmend unerschwinglichen Lebenshaltungskosten (86 Prozent) und die Einsparungen und Verschlechterungen im Gesundheitssystem (83 Prozent) einen großen Teil der Menschen im Land. All diese Sorgen sind bei den niedrigen Einkommen und bei den Frauen etwas stärker ausgeprägt. Vor allem Frauen sind durch die Krisen härter getroffen, dadurch sind die Sorgen bei ihnen nochmals ausgeprägter. Die Sorgen an sich ziehen sich aber durch alle Einkommensschichten.

Forderungen der GPA

Die Politik hat in den letzten Monaten Maßnahmen gesetzt, um die Teuerung abzufedern, darunter auch einige Forderungen der Gewerkschaften wie die Indexierung der Sozialleistungen an den Verbraucherpreisindex (VPI), eine Strompreisbremse sowie die Abgeltung der kalten Progression. Da das nicht ausreichen wird, fordert die Gewerkschaft GPA stärkere Entlastungen für private Haushalte, denn die Teuerungskrise ist längst nicht zu Ende. Heizkosten, Lebensmittelpreise und Mieten sind weiterhin für viele unleistbar und führen zu dramatischen Situationen.

Nicht nur Unternehmen sollen unterstützt werden, sondern auch Privathaushalte, denn: „Das für die Unternehmen freigemachte Steuergeld kommt vor allem aus Massensteuern, also von ArbeitnehmerInnen“, argumentiert die Vorsitzende der GPA, Barbara Teiber, „Daher liegt es auf der Hand, dass mit diesem Geld insbesondere die Lebenshaltungskosten der ArbeitnehmerInnen stärker reduziert werden müssen. Es kann nicht sein, dass für Unternehmen Geld vorhanden ist, für die breite Masse der unselbständig Beschäftigten aber nicht.“

Der Sozialstaat, so Teiber weiter, muss armutsfest gemacht werden. So verlangt die GPA etwa einen Preisdeckel auch für Wärme aus allen Quellen, befristete Steuersenkungen auf Lebensmittel, Treibstoffe, Öffitickets sowie Strom und Gas. Das Kilometergeld muss erhöht, Mieterhöhungen gedeckelt werden. Auch das Arbeitslosengeld soll erhöht werden und die Notstandshilfe indexiert. Die GPA wird sich weiterhin mit allen Kräften dafür einsetzen, von der Politik mehr Engagement für die Bekämpfung der Teuerungskrise einzufordern.

Scroll to top