Am 23. Februar 2024 jährt sich der Todestag des ehemaligen Sozialministers und GPA-Vorsitzenden Alfred Dallinger zum 35. Mal. Er kam im Jahr 1989 gemeinsam mit dem GPA-Zentralsekretär Richard Wonka auf tragische Weise bei einem Flugzeugabsturz ums Leben.
Der Name Alfred Dallinger ist mit der Geschichte der Gewerkschaft GPA untrennbar verbunden. Nicht zuletzt auch durch die Benennung des Alfred-Dallinger-Platzes, als „die“ Adresse der GPA im dritten Wiener Gemeindebezirk, wird dem Rechnung getragen. Das Gedenken an ihn ist aber nicht nur symbolischer Natur. Seine, oft als visionär geltenden Ideen, wirken bis heute nach.
Dallinger prägte die Ära Kreisky mit
Dallinger galt in der Gewerkschaft GPA als harter und konsequenter Verhandler und das führte zu einer steilen politischen Karriere. 1966 wurde er zum Zentralsekretär und stellvertretenden Geschäftsführer und 1974 als Nachfolger von Rudolf Häuser zum Vorsitzenden der GPA gewählt. Seit 1974 war Alfred Dallinger auch Abgeordneter zum Nationalrat, ab 1975 Vizepräsident des ÖGB. Von 1968 bis 1980 war Dallinger Obmann der Pensionsversicherung der Angestellten. Im Jahr 1980 wurde er zum Bundesminister für Soziale Verwaltung ernannt.
Er führte seine Gewerkschaft GPA auf einen linken, progressiven, umverteilungsorientierten Kurs, war aber durch seine Tätigkeit in der Sozialversicherung und Bundespolitik immer auch bedacht, konkrete Verbesserungen für die arbeitenden Menschen „auf den Boden“ zu bringen.
„Wer keinen Mut zum Träumen hat, hat auch nicht die Kraft zu kämpfen.“
Alfred Dallinger
Sein Programm wirkt bis heute nach
Seine politischen Ideen werden heute oft als visionär bezeichnet. Sie sind durchwegs nicht für die eine politische Traditionspflege gedacht, viele seiner Ansätze sind heute höchst aktuell. Da wäre zum Beispiel einmal das Thema Arbeitszeitverkürzung. Mache werden sich vielleicht noch an die Kampagne „35 Stunden sind genug“ mit der gelben Sonne im Sujet erinnern. Der derzeitige ÖGB-Vorsitzende Wolfgang Katzian, der oft beteuert, dass er politisch stark von Dallinger geprägt wurde, durfte damals als Jugendgewerkschafter eine Kampagne entwickeln. Heute ist das Thema Arbeitszeitverkürzung wieder in aller Munde und wird von der SPÖ unter Andreas Babler forciert. Auf der gesetzlichen Ebene ist es nach 50 Jahren Stillstand höchste Zeit, dass die Arbeitnehmer:innen an der rasant gestiegenen Produktivität auch durch eine Verkürzung der Arbeitszeit in Form von mehr Lebensqualität profitieren. Auf der betrieblichen und kollektivvertraglichen Ebene ist das Thema längst angekommen.
Faktor Arbeit entlasten
Auch die Frage nach der Belastung des Faktors Arbeit für die Finanzierung u.a. des Sozialstaates war schon zu Dallingers Zeiten ein großes Thema. Während die Arbeitgeber:innen nach einer Senkung der Lohnnebenkosten schreien, ohne dazu zu sagen, welche Leistungen dafür eingeschränkt werden sollen, war Dallingers Ansatz, die Bemessungsgrundlage für Abgaben auf weitere Teile der betrieblichen Wertschöpfung auszudehnen. Er prägte den Begriff der Wertschöpfungsabgabe. Viele verunglimpften den Begriff als „Maschinensteuer“, die den Fortschritt bremsen würde. Es war die GPA unter ihrem Vorsitzeden Hans Sallmutter, die den Ansatz der Wertschöpfungsabgabe zur Abgabe auf betriebliche Aufwendungen erweiterte. Es handelte sich um eine Variante einer etappenweisen Einführung einer Abgabe auf alle Betriebsausgeben, also Abschreibungen, sonstiger Betriebsaufwand (Mieten, Leasing, etc.) und die Aufwandszinsen. Die GPA trat dafür ein, vorerst mit der Umstellung bei den Dienstgeberabgaben zum Familienlastenausgleichsfonds zu beginnen und in einem späteren Schritt etwa auf die Sozialversicherungsbeiträge zu erweitern. Obwohl das Modell sehr detailliert ausgearbeitet war, fand die Politik nicht den Mut, mit einer derartigen Umstellung zu beginnen.
Experimentelle Arbeitsmarktpolitik
Eines von Dallingers Hauptanliegen war die Bekämpfung und Überwindung der Arbeitslosigkeit und der Ausbau der Arbeitsmarktpolitik. Sein Credo war, dass es in Zeiten von Massenarbeitslosigkeit zu keiner Spaltung der Gesellschaft kommen dürfe. Ziel war es, die Folgen von Arbeitslosigkeit erst gar nicht aufkommen zu lassen, sondern präventiv zu wirken durch Ausbildung, Arbeitsbeschaffung und ähnliche Maßnahmen. Alternative Tätigkeiten z.B. im Umweltschutz, in Dienstleistungen oder die Hinwendung zu gesellschaftlich nützlichen, aber nicht profitablen Bereichen waren für Dallinger eine wesentliche Zukunftsfrage. Mit der Novelle zum Arbeitsmarktförderungsgesetzes 1983 wurden wichtige Grundlagen für eine moderne, aktive Arbeitsmarktpolitik geschaffen. Viel Projekte, die heute noch existieren, fanden in der Ära Dallinger ihren Ursprung.
Gerade in Zeiten multipler Krisen ist die Besinnung auf eine Politik notwendig, die die Vision einer gerechten und friedvollen Welt nicht aus den Augen verliert und gleichzeitig mutig an der konkreten Umsetzung im politischen Tagesgeschäft arbeitet.