Aktuelle Personalkürzungen und Presseförderungen stoßen in der vierten Macht des Staates sauer auf.
Kooperative Führungsstile in Unternehmen sind in aller Munde. Dank journalistischer Berichte über Best pratice-Beispiele ist im 21. Jahrhundert hinlänglich bekannt, dass mit MitarbeiterInnen respektvoll umzugehen ist und diese in Entscheidungen so weit als möglich einzubinden sind. In Österreich stellt diesbezüglich ausgerechnet die nationale Nachrichtenagentur, die Austria Presse Agentur (APA), momentan eine unrühmliche Ausnahme dar.
25 Jobs werden bei der APA eingespart
Denn das Coronavirus COVID-19 richtet Schaden an sowohl in psycho-physischer als auch in wirtschaftlicher Hinsicht. Geschäftsführer Clemens Pig kam daher auf die findige Idee, dass – beginnend inmitten der Corona-Krise – 25 Jobs bei der APA bis Ende 2022 einzusparen seien. Verkündet wurde der Stellenabbau per Videobotschaft an die Belegschaft. Dass qualitätsvolle Information in Zeiten wie diesen von vielen Menschen besonders dringend gesucht und auch geschätzt wird, über diese Tatsache schien er geflissentlich hinwegsehen zu wollen. „Stellenabbau als Dank“ gleicht aus Sicht der MitarbeiterInnen wie Arbeitnehmervertretungen einem Hohn. Der Aufschrei in der Branche war und ist enorm. „Das Vorgehen ist eine bodenlose Frechheit“, findet Eike Kullmann, Vorsitzender der JournalistInnengewerkschaft in der GPA-djp, gewohnt klare Worte. Es sei „indiskutabel“, Beschäftigte präventiv zu kündigen, weil vermutlich die kommenden Jahre wirtschaftliche Einbrüche bringen. Zudem habe die Geschäftsführung den Betriebsrat nicht rechtzeitig informiert und so die Sozialpartnerschaft konterkariert.
Kollektivvertrag zu teuer?
Der Kollektivvertrag (KV) kommt sozialpartnerschaftlich zwischen ArbeitnehmerInnen- und Wirtschaftsvertretung, in diesem Fall dem Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ), zustande. Dieser wird von der APA übernommen – und dient jetzt als Vorwand für die Einsparungsmaßnahmen. Das Instrument Kollektivvertrag macht ja die Gehaltskosten planbar. Dass diese nicht mehr leistbar wären, wurde von der Geschäftsführung bei den jüngst abgeschlossenen Gehaltsverhandlungen in keiner Weise angesprochen, so Kullmann.
Hinzu kommt: Die Presseagentur ist eine Genossenschaft im Besitz des ORF und der österreichischen (Qualitäts-)Tageszeitungen. Die GenossenschafterInnen profitieren von einem Sparkurs. Die COVID-19-Pandemie auszunützen für Kürzungen hat in den Augen des Journalistengewerkschaftschefs jedoch „eine fatale Signalwirkung“ für alle Medien. Neben zahlreichen ArbeitnehmervertreterInnen fordert der Medien-Watchdog Reporter ohne Grenzen (RSF) Österreich die Chefredaktion sowie die Geschäftsführung der APA auf, die Job-Kürzungen zu stoppen und mit dem Betriebsrat auf Augenhöhe Alternativen zu erörtern.
Personalabbau bedeutet Qualitätsverlust
„Dass ein Personalabbau in diesem Ausmaß immer auch einen qualitativen Verlust bedeutet, ist der APA-Geschäftsführung vermutlich klar“, meint RSF-Präsidentin Rubina Möhring. „Doch anscheinend wird ein Qualitätsverlust bei Österreichs zentralem Nachrichtenproduzenten in Kauf genommen.“
„Es ist indiskutabel beschäftigte präventiv zu kündigen, weil vermutlich die kommenden Jahre wirtschaftliche Einbrüche bringen.“
Eike Kullmann
Der Aufschrei und die Solidaritätsbekundungen aus den anderen Redaktionen sowie von Gewerkschafts- und JournalismusvertreterInnen haben der Belegschaftsvertretung in der APA viel unterstützende Kraft gegeben, bestätigt Betriebsratsvorsitzende Andrea Tretter im Interview. Zumal sie sich in einer schizophrenen Rolle befindet: Es heißt Überzeugungsarbeit bei der Geschäftsführung zu leisten, dass diese von weiteren betriebswirtschaftlichen Kürzungen abrückt und dass jene MitarbeiterInnen, die „einvernehmlich“ gegangen werden sollen, so lange wie möglich abgesichert bleiben – in der Corona-Krise, von der niemand weiß, wie lange sie dauern wird.
Das Arbeitsklima hat sich – wenig verwunderlich – deutlich zum Negativen verändert, „in der Belegschaft herrscht große Unruhe“, schildert die Betriebsratschefin. Die Stimmung insbesondere unter den rund 170 journalistischen MitarbeiterInnen – sowohl Teilzeit- als auch Vollzeit-Beschäftigte, denn „für mich zählen die Menschen“ und nicht nur „Vollzeitäquivalente“ – beschreibt sie als „aufgewühlt“. Aus der Belegschaft nehmen einzelne bereits das Wort „Streik“ in den Mund, obwohl der Betriebsrat ausdrücklich lösungsorientiert denkt und Streik immer das letzte Mittel sei, betont Andrea Tretter.
Keine Personalkürzungen bei Krone Hit
Gänzlich anders und sehr wohl kooperativ ist in der bisher schwersten Krise des 21. Jahrhunderts das Verhältnis zur Geschäftsführung in manch anderer Redaktion. Etwa bei dem Privat-
radiosender Kronehit wird der Sparstift nicht beim Personal angesetzt. Freilich gibt es Umsatz-
einbußen aufgrund des eingebrochenen Anzeigenvolumens. Aber es werde abgewartet, wie sich die Corona-Situation wirtschaftlich bis zum Jahresende entwickelt, erzählt Betriebsratsvorsitzende Nadine Sauer. Ein kleiner Teil der Belegschaft wurde in Kurzarbeit geschickt – ein Instrumentarium, von dem in der APA übrigens überhaupt nicht Gebrauch gemacht wurde.
Es gebe bei Kronehit zwischen Betriebsrat und Geschäftsführung „ein ausgezeichnetes Verhältnis“, sagt Sauer. Sie hat zudem vorausschauend ein Netzwerk von BetriebsrätInnen der mehr als 20 österreichischen Privatradiosender initiiert. „Wir sind der größte Privatsender Österreichs und wollten damit auch ein Bewusstsein schaffen, dass die privaten Sender gute Arbeit leisten und ebenfalls systemrelevant sind.“
Erste positive Signale
Langsam springen die Inserate wieder an. Oktober und November sind laut Nadine Sauer traditionell starke Werbemonate. Klar ist, dass Medien zusätzlich auf staatliche Unterstützung angewiesen sind. Hier stoßen sich BranchenvertreterInnen insbesondere an der Corona-Presseförderung. Ausschließlich an der Druckauflage orientiert, sponsert sie denn auch Boulevard- und Gratiszeitungen. Von der Türkis-Grünen Regierung wird daher gefordert, das zu ändern und die Subventionierung an Qualitätskriterien wie Presseratsmitgliedschaft und KV-Einhaltung zu binden.