Das BBRZ bietet berufliche Rehabilitation und begleitet Menschen zurück ins Berufsleben. Heike Auinger, Betriebsratsvorsitzende der Region Ost, musste während der letzten zwei Jahre flexibel und umsichtig auf die Herausforderungen der Pandemie reagieren und hat zugleich ihre Ziele als Betriebsrätin bei einem Sozialdienstleister nicht aus den Augen verloren.
Das Berufliche Bildungs- und Rehabilitationszentrum (BBRZ) ist einer der größten Bildungs- und Sozialdienstleister Österreichs. Es unterstützt Menschen mit körperlichen und psychischen Belastungen oder Einschränkungen bei der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt. „Unser Ziel ist es, die Menschen fit für den Arbeitsmarkt zu machen, sie zu unterstützen, zu fördern und zu begleiten“, sagt Heike Auinger.
Auinger ist Betriebsrätin und auch Vorsitzende des Betriebsrats, der in ihrer Region – Wien und NÖ – acht Mitglieder umfasst. Gemeinsam vertreten sie 440 MitarbeiterInnen, die mit den KundInnen des BBRZ arbeiten. Die KollegInnen kommen häufig aus pädagogischen und psychologischen Berufen, etliche bringen Qualifikationen aus der Wirtschaft mit.
1975 in Linz von ÖGB und AK gegründet, wuchs das BBRZ in der Folge zu einer bundesweiten Organisation an, Gewerkschaften und Arbeiterkammern sind nach wie vor wichtige Partner. Auftraggeber und Förderer sind die PVA und das AMS. Österreichweit beschäftigt das BBRZ in vier Regionen 1.200 MitarbeiterInnen, beinahe jede Region hat ihr Betriebsratsgremium. Das Motto des BBRZ: Bei uns wird ‚Gemeinsam’ groß geschrieben.
Kommunikation im Betrieb
Ihre Vorgängerin hatte Auinger 2015 gefragt, ob sie bei der Wahl als Ersatz-BR kandidieren würde. Sie sagte zu – und entschied sich für eine volle Kandidatur. „Ich wollte mitgestalten, kommunizieren, das Arbeitsrecht verstehen und anwenden.“ Als Vorsitzende des Betriebsrats – ebenfalls seit 2015 – kann sie diese Gestaltungsmöglichkeiten nun ausschöpfen. Ihre Ziele: den Betriebsrat und seine Arbeit sichtbarer machen, und die Kommunikation im Betrieb erneuern. Darüber hinaus arbeitet Auinger auch im KV-Verhandlungsteam für die Sozialwirtschaft in der Gewerkschaft GPA.
„Ich wollte mitgestalten, kommunizieren, das Arbeitsrecht verstehen und anwenden.“
Heike Auinger
Die Kommunikation zieht sich wie ein roter Faden durch Auingers Arbeit als Betriebsrätin. Während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 setzte sie alles daran, ihre KollegInnen durch die Krise zu begleiten und jede/n transparent und verlässlich zu informieren. „Das Feedback darauf war sehr positiv. Meine KollegInnen wussten: sie können auf mich zählen“, erinnert sich Auinger.
Coronakrise
Denn besonders dieser erste Lockdown war eine enorme Herausforderung. „Wir haben im Schulungsbetrieb sofort auf Distance Learning umgestellt, und binnen drei Tagen waren wir einsatzbereit. Zuerst behalfen sich manche neben Firmenlaptops- und Firmenhandys mit privaten Laptops und Handys. Das Bemühen, das System aufrecht zu erhalten, war sehr groß. Wir waren wirklich gefordert, haben uns gegenseitig unterstützt, der Zusammenhalt unter den KollegInnen war vorbildhaft.“
Vor allem hat sich diese Situation auf die KundInnen ausgewirkt, die von vornherein schon belastet sind. Es braucht immer wieder auch das persönliche Gespräch in Präsenz. In unserem Wirkungsbereich kann nicht gänzlich auf die digitale Welt umgestellt werden.“
Heike Auinger
Nach und nach spielte sich alles ein. Trotzdem war die psychische Belastung durch die Lockdowns hoch. „Vor allem hat sich diese Situation auf die KundInnen ausgewirkt, die von vornherein schon belastet sind. Es braucht immer wieder auch das persönliche Gespräch in Präsenz. In unserem Wirkungsbereich kann nicht gänzlich auf die digitale Welt umgestellt werden“, erklärt Auinger. Derzeit setzt man im BBRZ daher auf einen Mix aus Präsenz und Distance Learning, was sich sowohl für KundInnen, als auch für KollegInnen gut bewährt. „Soft skills sind bei uns ein ganz wesentlicher Faktor sowie auch der Umgang mit psychischen Belastungen und Emotionen. Dazu braucht es eben ein gewisses Ausmaß an Präsenz. Gleichzeitig ist es aber auch wichtig, die technischen Fähigkeiten für die Digitalisierung am Arbeitsplatz zu erlernen und zu stärken. Dafür braucht es Distant Learning.“
Corona hat, wie überall, zunächst alles auf den Kopf gestellt. Man musste nicht nur Distance Learning umsetzen, es galt auch, zahlreiche neue Regeln und Maßnahmen einzuführen, jede Woche kamen neue Verordnungen. Neben den Kursen für die berufliche Qualifikation bietet das BBRZ auch Sport, Fitness, Ernährungsberatung oder Gesundheitskurse an. Hier war es nicht immer ganz einfach, mit Präsenz und Distance Learning durch die Pandemie zu steuern. Derzeit finden Kurse teilweise in Präsenz, teilweise im Distance Learning statt, wobei die Gruppen unterschiedlich groß sind, bis zu ca. 35 TeilnehmerInnen pro Gruppe sind möglich.
Ausbildung im BBRZ
In den berufsbildenden Kursen finden sich etliche eher niederschwellige Angebote, wie z.B. Berufe im Bereich Kosmetik und Schönheitspflege, oder medizinische Berufe wie Pharmazeutisch-kaufmännische AssistentIn. Zur Ausbildung von Fachkräften umfasst das Angebot Lehrabschlüsse z.B. in Finanz- und Rechnungswesen, E-Commerce oder Applikationsentwicklung. Daneben gibt es auch einige höher qualifizierte Ausbildungen in Automatisierungstechnik oder Personalverrechnung.
Die Mehrheit der MitarbeiterInnen, die die KundInnen zurück ins Berufsleben begleiten, sind fix beim BBRZ angestellt. Daneben gibt es auch Honorarkräfte, die für spezielle Kurse wie z.B. Lohnverrechung als TrainerInnen arbeiten.
Darüber hinaus gibt es auch Ombudsstellen für die KundInnen und sogar eine/n Reha-SprecherIn, die vergleichbares wie ein/e SchulsprecherIn leistet. „Das heißt, nicht nur meine KollegInnen sind mit uns als Betriebsrat gut vertreten und betreut, auch die KundInnen haben AnsprechpartnerInnen“, berichtet Auinger stolz.
Zufriedenheit im Betrieb
„Ich denke, wir sind ein sehr arbeitnehmerInnenfreundlicher Betrieb, in dem Sinne, als wir Gleichstellung und Fairness stark achten, das Arbeitsrecht wirklich korrekt anwenden“, fasst Auinger zusammen. Wenn Unzufriedenheit entsteht, liegt es praktisch immer an Schwachstellen bei der Kommunikation: „Die Kommunikation ist einfach der zentrale Punkt, und daran arbeiten wir intensiv. Woran scheitert etwas? Wie hängen die Prozesse zusammen, wo müssen wir ansetzen?“
Während Corona wurden z.B. Life Talks für die MitarbeiterInnen mit der Geschäftsführung implementiert. Auch gute Betriebsvereinbarungen tragen zum positiven Arbeitsklima bei, „und wir handeln immer wieder neue aus“, fügt Auinger hinzu. So wurde auch aus gegebenem Anlass eine Homeoffice-Betriebsvereinbarung geschaffen, die über Corona hinaus weiterhin gültig bleiben soll. „Solche Vereinbarungen machen die Arbeit bei uns im Betrieb sofort ein Stück weit attraktiver.“
Bislang ließ die Pandemie die Zahl der KundInnen nicht deutlich anwachsen – noch nicht. Natürlich bemühe sich das AMS, die durch die Krise gestiegenen Arbeitslosenzahlen zu senken und die Menschen mittels kurzer Programme rasch wieder zu vermitteln. „Wir sehen hier aber Bedarf an längerfristigen Lösungen, besonders in der Sozialwirtschaft“, glaubt Auinger. Viele Menschen wollen z.B. in Folge von Corona nicht mehr in der Pflege arbeiten, was ist für sie die Alternative? „Das braucht Beratung und Prozess“, ist die Betriebsrätin überzeugt.
„Wir fordern für den gesamten Sozialbereich mehr Gehalt, mehr MitarbeiterInnen, mehr Freizeit!“
Heike Auinger
Ziele im Betrieb
Ihre längerfristigen Ziele als Betriebsrätin? Heike Auinger ist es grundsätzlich sehr wichtig, die Attraktivität ihres Berufes für die KollegInnen auszubauen. „Im Gesundheits- und Sozialbereich sinnstiftend zu arbeiten, das ist einerseits unser aller Berufung – doch das alleine reicht nicht. Wir fordern für den gesamten Sozialbereich mehr Gehalt, mehr MitarbeiterInnen, mehr Freizeit!“ Für diese Forderungen setzt sich Auinger auch im Verhandlungsteam für den Kollektivvertrag für Sozialwirtschaft ein.
Zu den wichtigen Themen als Betriebsrätin im BBRZ gehört Planungssicherheit bei den Dienstplänen für alle KollegInnen, ungeachtet ihres Stundenvolumens. „Hier gilt es natürlich, sowohl die Vollzeit- als auch die Teilzeitkräfte zu stärken. Arbeitszeiten, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, das muss für Teilzeitkräfte ausgewogen sein, damit sie ausreichend Freizeit und Erholung bekommen. Gleichzeitig darf das natürlich nicht auf Kosten der Vollzeitkräfte gehen.“
Veränderungen beim Auftraggeber – die PVA wurde im Laufe der Jahre zentralisiert – brachten neue Regeln und neue Ansprechpartner. „Wir müssen als Unternehmen sehr flexibel sein“, sagt Auinger. „Die Finanzierung muss immer wieder neu ausgerichtet und besprochen werden, das bringt natürlich auch Unsicherheiten mit sich. Auch die politischen Vorgaben wechseln, je nach Regierung“, gibt Auinger zu bedenken.
Zu Beginn war das BBRZ Wien ein kleiner Betrieb mit rund 40 Personen, wo jeder jeden kannte, beschreibt Auinger die Entwicklung. Nun ist allein das BBRZ Ost ein großer Standort mit über 400 Beschäftigten. „Einzelanliegen ebenso zu klären wie die gemeinsamen Anliegen des gesamten Kollegiums ist herausfordernd.“ Aber nicht umsonst ist das Motto ihres Betriebs: Bei uns wird ‚Gemeinsam’ groß geschrieben. „Das gilt umso mehr für mich als Betriebsrätin!“
Zur Person:
Heike Auinger möchte in ihrer freien Zeit Ruhe und Gelassenheit für ihre Tätigkeit als Betriebsrätin tanken. Sie lebt in einer glücklichen Partnerschaft und ist in ihrer Freizeit sportlich sehr aktiv. Sie fährt täglich Rad, klettert und wandert, betreibt Ski- und Wassersport. Sport braucht sie für ihre Psychohygiene, so kann sie sich entspannen. Sie liebt auch Musik, tanzt und singt selbst gerne und hat begonnen, Klavier spielen zu lernen. Wichtig bei ihren Freizeitaktivitäten ist ihr auch, sie in der Gruppe praktizieren zu können: so singt sie in einem Chor, ist Mitglied einer Vereinsklettergruppe und musiziert auch gerne zusammen mit Partner und Familie.