Wie viel du mindestens verdienen musst, steht nicht im Gesetz. Urlaubs- und
Weihnachtsgeld sind ebenfalls nicht gesetzlich geregelt und auch jährliche Gehaltserhöhungen stehen dir nicht per Gesetz zu. All diese Dinge (und noch
einiges mehr) sind in Kollektivverträgen geregelt.
So wie du einen Arbeitsvertrag mit deinem/deiner ChefIn abschließt, so verhandeln die Gewerkschaften mit den ArbeitgeberInnen auch Kollektivverträge – also Verträge, die für ganze Branchen gelten. 98 Prozent der Beschäftigten in Österreich profitieren von einem Kollektivvertrag. Die Gewerkschaft GPA verhandelt jedes Jahr 175 Kollektivverträge für mehr als 1,9 Millionen Beschäftigte. In Österreich wirken Kollektivverträge übrigens wie Gesetze, sie sind Gesetzen de facto gleichgestellt.
In den meisten Branchen treffen sich einmal im Jahr die VertreterInnen der Arbeitgeber- und der Beschäftigtenseite und verhandeln den Kollektivvertrag neu.
Jährlich zu verhandeln ist deshalb wichtig, damit Gehaltserhöhungen immer zeitnah an der Teuerung sind. Es spielt hier aber auch die Gewohnheit eine Rolle: Viele ArbeitnehmerInnen rechnen mit jährlichen Gehaltserhöhungen. In Deutschland ist das z. B. anders, da gibt es in etlichen Branchen Zweijahresverträge.
In den Verhandlungsteams der Gewerkschaft GPA auf Beschäftigtenseite sind vor allem BetriebsrätInnen aus der jeweiligen Branche vertreten. Die ArbeitgeberInnenseite schickt meist UnternehmerInnen oder ManagerInnen aus den Betrieben zu den Verhandlungen. VerhandlerInnen unserer Gewerkschaft werden übrigens bei sogenannten Bundesausschüssen gewählt. Da kommen die Betriebsräte der jeweiligen Branche zusammen. Die Verhandlungsteams bekommen durch hauptamtliche Beschäftigte der Gewerkschaft GPA Unterstützung.
Wie kommen die Forderungen bei den Verhandlungen zustande?
Kollektivverträge müssen immer wieder geändert werden. Die wirtschaftliche Entwicklung in einer Branche verlangt das. Oft müssen auch Neuerungen im Arbeitsrecht in den Kollektivvertrag aufgenommen werden. Vor Beginn der Verhandlungen werden die BetriebsrätInnen befragt, welche Änderungswünsche die Beschäftigten für den Kollektivvertrag haben. Die Vorschläge und Anregungen werden dann zusammengefasst.
Außerdem werden Branchenanalysen durchgeführt. Damit beurteilen wir die wirtschaftliche Lage der Branche und der gesamten Wirtschaft. Wir betrachten die Branchenanalysen gemeinsam mit der durchschnittlichen Inflation der vergangenen 12 Monate. Daraus berechnen wir dann, wie viel Prozent Erhöhung wir bei den Gehaltsverhandlungen gemeinsam mit den Betriebsrätinnen und Betriebsräten fordern.
Klar ist: Je mehr Beschäftigte einer Branche in der Gewerkschaft Mitglied sind, desto mehr Druck können wir auf die Arbeitgeber machen. Und umso besser sind auch die Ergebnisse der Verhandlungen zum Kollektivvertrag.
Was steht im Kollektivvertrag?
Der Kollektivvertrag regelt viel. Zum Beispiel, wieviel der/die ArbeitgeberIn im Monat mindestens zahlen muss und den Anspruch auf die Sonderzahlungen. Es sind aber auch viele weitere Regelungen im Kollektivvertrag enthalten. Zum Beispiel, wie lange man in der Woche und am Tag arbeiten darf, wie Überstunden bezahlt werden müssen oder welche Zulagen und Aufwandsentschädigungen bezahlt werden müssen.
Kann man sich den Kollektivvertrag aussuchen?
Nein. Es gibt klare Spielregeln, welcher Kollektivvertrag anzuwenden ist. Die meisten Unternehmen gehören entweder zu einem Fachverband der Wirtschaftskammer oder einem freiwilligen Arbeitgeberverband. Diese Zuordnung entscheidet darüber, welcher Kollektivvertrag für die Beschäftigten dieses Unternehmens gilt.
Wo finde ich meinen Kollektivvertrag?
Du weißt nicht, welcher Kollektivvertrag für dich gilt? Das und wie du eingestuft bist, muss auf deinem Dienstzettel stehen. Das ist gesetzlich vorgeschrieben.
Alle aktuellen Kollektivverträge, die wir verhandeln und Infos zu KV-Verhandlungen und Abschlüssen findest du hier.
Als Mitglied kannst du deinen Kollektivvertrag auch in
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Und auch in deiner Arbeit muss es ein Exemplar des aktuellen Kollektivvertrags zum Ansehen für alle Beschäftigten geben. Das schreibt das Arbeitsverfassungsgesetz deinem Chef oder deiner Chefin vor.