Faktencheck: FPÖ – Trugbild Sozialkompetenz

Die Sozialkompetenz der FPÖ im Faktencheck. (Foto: shockfactor, Fotolia.com)
Die Sozialkompetenz der FPÖ im Faktencheck. (Foto: shockfactor, Fotolia.com)

Im KOMPETENZ Faktencheck klären wir Schein und Sein der sozialpolitischen Forderungen der Freiheitlichen Partei.

Die FPÖ bezeichnet sich selbst gerne als soziale Arbeiterpartei – auch im letzten Wahlkampf. Immer wieder taucht das Gerücht auf, dass sozialpolitische Themen bei den Freiheitlichen auf offene Ohren stoßen. Doch wie sozial ist die FPÖ wirklich? Es lohnt sich genauer hinzusehen: nicht nur auf die rechtsextremen Entgleisungen sondern auch auf die wichtigsten sozialpolitischen Positionen der FPÖ. Da Wahlprogramme und Presseaussendungen immer auch Platz für Interpretationen lassen, ist ein Rückblick auf die Aktivitäten der blauen Regierungsbeteiligung ebenfalls Teil dieses Faktenchecks.

Wir beginnen mit dem Sozialbereich, den die FPÖ gerne zu ihrem Kernthema macht. Ein genauer Blick zeigt, dass hier Vorurteile gegen Randgruppen verstärkt werden. Konkrete Vorschläge erweisen sich als völlig unpraktikabel. Die FPÖ betont immer wieder, dass sie den Faktor Arbeit entlasten möchte. Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Der Teufel steckt aber wie so oft im Detail, denn die Entlastung soll laut Freiheitlichen über eine Senkung der Lohnnebenkosten also auch der Sozialversicherungsbeiträge stattfinden. Was die FPÖ nicht dazu sagt: Wenn man Sozialversicherungsbeiträge ohne Gegenfinanzierung kürzt, kürzt man auch die damit finanzierten Leistungen. Niedrigere Krankenkassenbeiträge zum Beispiel bedeuten also unweigerlich eine schlechtere Gesundheitsversorgung oder mehr Selbstbehalte für die Menschen. Das ist für die FPÖ sozial?

Spiel mit Vorurteilen

Enttarnend ist die Haltung der FPÖ auch zu einem der wichtigsten sozialen Fortschritte der letzten Jahre, der bedarfsorientierten Mindestsicherung. Die FPÖ lehnt die Mindestsicherung ab, weil sie angeblich eine grob ungerechte Form der Umverteilung darstelle und die Zuwanderung von ausschließlich an unseren Sozialleistungen interessierten Personen provoziere.

Diese Argumentation ist völlig absurd denn: ein Anspruch auf Mindestsicherung kann erst entstehen, wenn man sich fünf Jahre rechtmäßig in Österreich aufhält. Und auch die weiteren Zugangskriterien zur bedarfsorientierten Mindestsicherung sind rigoros: Bevor man Mindestsicherung beziehen kann, muss man sein Vermögen weitgehend verbrauchen, also z.B. eine Eigentumswohnung verkaufen und sich außerdem dem AMS zur Verfügung halten und jedes beliebige Jobangebot annehmen. Das ist für die FPÖ schlüssig?

Während sie also gegen eine soziale Absicherung für die Ärmsten in unsrer Gesellschaft eintritt, „glänzt“ die FPÖ mit der Forderung nach einer eigenen Sozialversicherung für AusländerInnen. Diese Forderung ist nicht nur unsozial sondern auch unökonomisch. Denn MigrantInnen sind sogenannte Nettozahler in der Sozialversicherung. Sie zahlen schon alleine aufgrund ihrer Altersstruktur mehr ein, als sie an Leistungen in Anspruch nehmen. Die eigene „Ausländersozialversicherung“ ist daher eine völlig groteske Idee und würde lediglich unnötige Verwaltungskosten produzieren. Österreichs ZuwanderInnen leisten einen wesentlichen Beitrag zum Sozialsystem. Das ist für die FPÖ durchdacht?

Falsche Anreize

Während ÖGB und Gewerkschaften über neue Rezepte zur notwendigen Reduktion von Überstunden nachdenken, fordert die FPÖ die Nichtbesteuerung von Überstunden auszuweiten. Statt derzeit 5 Stunden möchte sie 10 Stunden steuerfrei stellen. Damit würden völlig falsche Anreize entstehen, noch mehr zu arbeiten und die Schaffung neuer Arbeitsplätze verhindert werden. Solche Forderungen – in Zeiten steigender Arbeitslosigkeit – zeugen nicht von großem Verständnis für soziale Zusammenhänge.

Geht es nach den Freiheitlichen, sollen in Zukunft nicht nur die Kinderbetreuung sondern auch sonstige haushaltsnahe Dienstleistungen steuerlich geltend gemacht werden können. Auch das ist eine Forderung, die eine Prüfung hinsichtlich ihrer sozialen Qualität verdient. Denn was daran sozial sein soll, wenn Gutverdiener in Zukunft nicht nur die Leihoma sondern auch die Putzfrau von der Steuer absetzen können, ist nicht erklärbar.

Wenig sozial ist auch die blaue Ablehnung einer gemeinsamen Schule der 10 bis 14-Jährigen. Warum eine Partei, die sich damit brüstet, sich für den „kleinen Mann“ einzusetzen, gleichzeitig verhindern will, dass dessen Kinder bessere Bildungschancen bekommen, lässt sich ebenfalls mit rationalen Argumenten nicht erklären. Schlicht Menschenverachtend sind die von den Freiheitlichen geforderten Deutschaufnahmeprüfungen für 5- bis 6-jährige Kinder vor dem Schuleintritt. Besser wäre eine intensivere Betreuung von Kindern mit nicht-deutscher Muttersprache, etwa durch ein generelles zweites verpflichtendes Kindergartenjahr.

Schlechte Regierungsbilanz

Wer schließlich nach der Lektüre des freiheitlichen Programms noch immer an eine soziale FPÖ glauben möchte, dem/der sei ein kurzer historischer Rückblick empfohlen. Denn auch in den 6 Jahren ihrer Regierungsbeteiligung hat die FPÖ keinen sozialen Fortschritte sondern nur Rückschritte erreicht.

Die FPÖ fordert heute eine Mindestpension. Als sie an der Regierung war, hat sie jedoch mit Ihrer Pensionsreform den Menschen eine massive Leistungskürzung zugemutet. Dieselbe Partei, die heute „den kleinen Mann“ entlasten möchte, hat ihn (und noch mehr die kleine Frau) stärker belastet. Sie hat Selbstbehalte wie die Ambulanzgebühren zu Lasten der Patienten eingeführt, Unfallrenten besteuert und damit Menschen, die einen Arbeitsunfall hatten, zusätzlich belastet.

Statt die ArbeitnehmerInnen zu entlasten bekamen die Arbeitgeber damals ein Zuckerl nach dem anderen. Dass die Steuerreform von 2004/2005 eine einmalige Entlastung brachte, wurde von den Gebührenerhöhungen sofort wieder aufgefressen und an dem hohen Eingangssteuersatz von 38,33 Prozent, der damals eingeführt wurde, knabbern wir heute noch.

Undurchdachte Vorhaben

Ein zentrales Vorhaben des schwarz-blauen Regierungsprogramms war die Entmachtung von Gewerkschaften und Arbeiterkammern. Es wurde versucht die Kollektivvertragspolitik der Gewerkschaften zu unterlaufen und die Ressourcen der AK durch eine Kürzung der AK-Umlage zu beschneiden. Man stelle sich vor, wie es heute um die Einkommensentwicklung der ArbeitnehmerInnen bestellt wäre, hätten sie sich damit durchgesetzt.

Das Resümee ist deutlich und enttarnend: Weder im Partei- oder Wahlprogramm der FPÖ noch beim Rückblick auf die blaue Regierungsarbeit finden sich glaubhafte Indizien für ein soziales Gewissen der FPÖ. Im Gegenteil, was die Freiheitlichen als sozialen Fortschritt verkaufen wollen, ist in Wahrheit menschenfeindlich und ein sozialer Rückschritt.

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