Die Kontogutschrift ist niedriger als erwartet? Wir empfehlen: Zuerst Nachrechnen ehe man eine groß gerechnete Lücke teuer schließt!
Update am 8.9.2022
Seit 2014 sind die erworbenen Pensionsansprüche im Pensionskonto einsehbar und ausgewiesen. Das Pensionskonto zeigt nicht die Höhe der Pension, die man einmal bekommen wird, sondern ist eine Momentaufnahme. Gezeigt wird, welche Ansprüche man bereits erworben hat. Je länger man noch bis zur Pensionierung hat, desto stärker wird die Pension von der aktuellen Kontogutschrift abweichen.
Dafür gibt es zwei Gründe: Erstens erwirbt man mit jedem Versicherungsjahr einen zusätzlichen Pensionsanspruch. Dieser beträgt 1,78 Prozent des versicherten Einkommens. Wer z.B. in einem Jahr monatlich 2.000 Euro brutto verdient, erwirbt in diesem Jahr einen zusätzlichen Pensionsanspruch von 35,6 Euro brutto pro Monat. Zweitens wird der gesamte bereits erworbene Pensionsanspruch jährlich im Ausmaß der gesamtwirtschaftlichen Lohnsteigerungen erhöht („Aufwertungszahl“). Dies errechnet sich aus der Entwicklung der durchschnittlichen Beitragsgrundlage in der Sozialversicherung.
Wie groß wird die Pensionslücke?
Anbieter von Pensionszusatzvorsorgeprodukten wie Banken, Versicherungen und Vermögensberater bieten an, die so genannte Pensionslücke zu berechnen. Mit dem Begriff „Pensionslücke“ wird die Differenz zwischen der zu erwartenden Pension und dem Letzteinkommen gemeint. Nachdem beide Werte noch nicht feststehen, kann man mit verschiedenen Annahmen eine größere oder kleinere Pensionslücke errechnen.
Wovon hängt die Pensionslücke ab?
Wer erst zum Regelpensionsalter in Pension geht, hat sicher eine kleinere Pensionslücke als jemand, der vorzeitig in Pension geht und für jeden Monat vor dem Regelpensionsalter Abschläge in Kauf nehmen muss.
Wer derzeit Vollzeit arbeitet und auf Teilzeit wechselt, hat ein geringeres Einkommen und erwirbt daher für jedes zusätzliche Versicherungsjahr geringere Ansprüche als bei Fortsetzung der Vollzeitbeschäftigung. Andererseits wird auch das Letzteinkommen geringer sein. Man hat also eine geringere Pensionslücke und eine geringere Pension!
Wer die Beschäftigung verliert, ist zwar weiter pensionsversichert, erwirbt aber in der Arbeitslosigkeit für jedes Versicherungsjahr um 30 Prozent geringere Pensionsansprüche als davor. Es erfolgen Gutschriften in der Höhe von 70 Prozent des Einkommens vor Eintritt der Arbeitslosigkeit. Je länger man arbeitslos bleibt, desto größere Einbußen hat man. Wer seine Arbeit verliert, wird sich aber andererseits sehr schwer tun, laufend für ein Altersvorsorgeprodukt einzuzahlen.
Gute „Verzinsung“
Die Ansprüche am Pensionskonto werden jährlich entsprechend der gesamtwirtschaftlichen Lohn- und Gehaltsentwicklung aufgewertet. In den letzten Jahren entwickelte sich die Aufwertungszahl sehr ähnlich wie die Erhöhung der Kollektivvertragslöhne und -gehälter. Damit war sie deutlich höher als die Preissteigerung. Während die Preise von 1995 bis 2021 um 60 Prozent gestiegen sind, stiegen die KV-Löhne um 82,5 Prozent und die Aufwertungszahl um 89,7 Prozent. Die Pensionsansprüche werden daher nicht nur gegen die Teuerung abgesichert. Man wird mit der jährlichen Aufwertung der Pensionsansprüche am Wohlstandszugewinn beteiligt. Die Aufwertungszahl betrug 1995 bis 2021 durchschnittlich 2,5 Prozent pro Jahr, die Inflation 1,8 Prozent. Die Ansprüche am Pensionskonto werden derzeit auch deutlich besser „verzinst“ als ihre Geldguthaben auf einem Sparbuch!
Groß gerechnete Lücke
Da Prognoserechnungen von vielen Annahmen abhängen, ist das Ergebnis immer einigermaßen „gestaltbar“. Vergleiche zwischen dem AK Pensionsrechner und Online- Pensionslückenrechnern aus dem Banken und Versicherungsbereich haben erwartungsgemäß gezeigt, dass letztere eine höhere Pensionslücke errechnen.
Bei manchen Online-Rechnern wird die Pensionslücke etwa mit folgenden Annahmen „groß“ gerechnet: Die Pensionsansprüche werden deutlich geringer hochgerechnet als die Einkommen. Das ergibt dann eine deutliche Erhöhung der Pensionslücke! Die öffentliche Pension wird so hochgerechnet, als wenn die Aufwertungszahl immer genau der Preissteigerung entspräche. Wie wir oben gesehen haben, lag die Aufwertungszahl in den letzten Jahren aber deutlich über der Inflationsrate. Würde dieser Effekt berücksichtigt werden, so würde dies die Pensionslücke verkleinern, weil sich eine höhere Pension ergäbe. Oder aber die Pensionslücke wird in heutigen Preisen berechnet und dann mit einer hohen Inflationsrate auf den Wert zum Pensionsantritt hochgerechnet.
Wichtig ist: scheinbar kleine Unterschiede in den Annahmen können große Auswirkungen auf die berechnete Pensionslücke haben, wenn noch viele Jahre vor der Pension liegen.
Wie wird eine Pensionslücke berechnet?
Es ist Vorsicht geboten, wenn BeraterInnen von privaten Vorsorgeprodukten eine hohe Pensionslücke berechnen und zum Kauf von Vorsorgeprodukten raten. Vergleichen Sie deren Ergebnisse mit dem Pensionsrechner der AK!
Mit diesem Pensionsrechner kann man sich ein Bild über die zu erwartende Pension machen. Man kann verschiedene Szenarien rechnen und Darstellungen wählen.
Der Rechner zeigt ihnen die zu erwartende Pension in drei Ausprägungen:
– Heutig: Pension zu heutigen Preisen und Kaufkraft
– Real: Zeigt die Kaufkraft der Pension in heutigen Preisen. Da die Ansprüche am Pensionskonto mit Lohnentwicklung und nicht der Preisentwicklung valorisiert werden, gewinnt man Kaufkraft.
– Nominal: Pensionshöhe im Jahr des Pensionsantritts zu den hochgerechneten Werten, also auf Basis der Einkommen und Preise des Pensionsjahres.
– Karriere: Man kann verschiedene Karrierefaktoren eingeben. Damit kann man simulieren, wie stark das individuelle Einkommen stärker steigt, als das Durchschnittseinkommen.
Mehr Infos zum Thema Pensionen findest du in der Pensions-Broschüre der Gewerkschaft GPA.
Das könnte dich auch interessieren:
- Wir erklären dir, warum das Pensionssystem trotz allem sicher ist.
- Wie es zum Pension Gap zwischen Männer- und Frauenpensionen kommt und was man dagegen tun kann.
- Das Pensionssystem steht gut da, aber Frauenpensionen sind zu gering, sagt unser Pensionsexperte David Mum