Porträt: „In schwierigen Situationen flippe ich nicht gleich aus“

Martina Kronsteiner ist seit 2007 Betriebsratsvorsitzende des Unfallkrankenhauses der AUVA in Linz. Sie vertritt dort die Interessen von rund 420 Angestellten. Außerdem bekleidet sie das Amt der stellvertretenden Zentralbetriebsratsvorsitzenden der AUVA. Foto: Nurith Wagner-Strauss
Martina Kronsteiner ist seit 2007 Betriebsratsvorsitzende des Unfallkrankenhauses der AUVA in Linz. Sie vertritt dort die Interessen von rund 420 Angestellten. Außerdem bekleidet sie das Amt der stellvertretenden Zentralbetriebsratsvorsitzenden der AUVA. Foto: Nurith Wagner-Strauss

Die Betriebsratsvorsitzende des Unfallkrankenhauses in Linz ist eine geübte Interessenvertreterin. Die diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin hat im Operationssaal gelernt, Ruhe zu bewahren. Ihre Anliegen vertritt sie wohlüberlegt und zielstrebig.

Martina Kronsteiner ist eine ruhige, wortgewandte Frau. Seit 2007 ist sie Betriebsratsvorsitzende des Unfallkrankenhauses der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA) in Linz, sie vertritt dort die Interessen von rund 420 Angestellten. Außerdem bekleidet sie das Amt der stellvertretenden Zentralbetriebsratsvorsitzenden der AUVA. Eine durchsetzungsfähige Powerfrau in einer Männerdomäne.
Wie Kronsteiner mit ihren vielfältigen Aufgaben in einem fordernden Umfeld zurechtkommt, ist leicht erklärt: Die 50-Jährige hat ihre Berufslaufbahn als Krankenpflegerin gestartet und viele Jahre lang im Operationssaal gearbeitet. Dort hat Kronsteiner gelernt, mit Stress umzugehen und auch mitgenommen, dass man manchmal die Emotionen ausblenden muss, um gute Lösungen zu erzielen.

Sprung ins kalte Wasser
Einige Jahre lang war Kronsteiner Ersatzbetriebsrätin, nach der Pensionierung der Vorsitzenden wurde sie gefragt, ob sie nachfolgen wolle. Zunächst konnte sie sich das überhaupt nicht vorstellen: OP-Schwester zu sein war Kronsteiners absoluter Traumjob, sie war mit Herz und Seele, mit vollem Einsatz dabei. Doch die Herausforderung lockte sie, und „ohne dass man etwas probiert, kann man nie wissen, ob es gut gehen würde“. Sie nahm den neuen Job an und wuchs in die ungewohnte Aufgabe hinein. „Ich hatte wenig Einblick in die Tätigkeiten eines Betriebsrates und habe mir vieles selbst erarbeitet“, erzählt Kronsteiner. Doch der Sprung ins kalte Wasser hat sie offenbar beständig motiviert, heute beschreibt sie ihre Aufgaben in der Vertretung von ArbeitnehmerInneninteressen als „vielseitig“ und „interessant“: „Ähnlich wie im OP weiß man am Morgen noch nicht, welches Problem einen erwarten wird.“ Es ist vor allem der intensive Kontakt mit den Menschen, der Kronsteiner Freude macht. Jede Problemstellung ist ein wenig anders: es geht um arbeitsrechtliche, gewerkschaftliche aber auch rein zwischenmenschliche Fragen und Anliegen.

38-Stunden-Woche
Als Vorsitzende des Bundesausschusses der Gesundheitsberufe in der Sozialversicherung hat Kronsteiner auch Erfahrung auf dem glatten politiknahen Parkett. Sie ist bei zahlreichen Verhandlungen mit Sozialpartnern und politischen Kräften dabei und kann sich dort auch durchsetzen: „Manchmal muss ich in diesen Gremien ein wenig lauter sein, um gehört zu werden.“ Ihre Forderung nach einer Arbeitszeitverkürzung liegt unmissverständlich auf dem Tisch: „Wir fordern die 38-Stunden-Woche für alle Gesundheitsberufe und die Verwaltungsangestellten in der Sozialversicherung.“ Kronsteiner ist verhandlungserprobt und hat zahlreiche nervenaufreibende Sitzungen absolviert. Da zeigt die gelassene Frau dann mitunter auch ein anderes Gesicht: „Wenn mich etwas fürchterlich aufregt, dann kann ich sehr emotional sein!“ Da sie aus dem Bereich der unfallmedizinischen Akutversorgung kommt, „flippt sie in unvorhergesehenen Situationen nicht gleich aus“, sondern ist das Entscheiden und Handeln unter Stress gewohnt und „funktioniert auch in solchen Situationen gut“.

Auch zum aktuellen Gehaltsschema für die nicht-ärztlichen Gesundheitsberufe hat Kron­steiner eine fundierte Position: Sie fordert, dass TherapeutInnen und diplomierte Kräfte finanziell gleichgestellt werden, die Pflegefachassistenz sollte jedenfalls dort eingereiht werden, wo derzeit die Diplomierten stehen. Ihre Forderung wird von den GewerkschaftsvertreterInnen der Länder mitgetragen.
Privat will die Mutter einer erwachsenen Tochter ebenso fit bleiben, wie sie es im Beruf ist. Vor drei Jahren hat sie mit dem Rauchen aufgehört. Seither geht Kronsteiner, die mit ihrem Partner in Traun – nahe Linz – lebt, regelmäßig laufen, mountainbiken und schwimmen. Seit 30 Jahren ist sie Obfrau des Bowlingvereins Oberösterreich, will diese Funktion mittlerweile aber gerne abgeben. Kronsteiner hat auch eine musische Seite: Sie spielt Gitarre und Akkordeon und leitet den Chor in der betreuten Wohngemeinschaft, in der ihre Mutter lebt. Einmal pro Woche wird dort gemeinsam musiziert und geprobt.

Absprachen sind wichtig
Wie sie an schwierige Termine herangeht? „Das kommt auf die Situation an.“ Eine gute Vorbereitung ist der geübten Verhandlerin wichtig: „Man sollte sich überlegen, wie es laufen kann, und man sollte vor allem wissen, was man in dem konkreten Gespräch erreichen will.“ Wenn es trotzdem – wie so oft – anders kommt, als man denkt, gehen Kronsteiner trotzdem nicht die Ideen aus. Auch in schwierige Sitzungen geht sie unbefangen und relaxt hinein: „Ich bin ein spontaner Typ.“ Kronsteiner hat ein gutes Gefühl dafür, wie weit sie gehen kann und spricht sich vor wichtigen Terminen mit PartnerInnen und KollegInnen von der Gewerkschaft ab.

Auf betriebsrätlicher Ebene findet Kronsteiner es ein wenig traurig, dass sich eher wenige Frauen für eine Vertretungstätigkeit gewinnen lassen: „Meist trauen sie es sich nicht gleich zu.“ Sie versucht daher, weibliche Kolleginnen in ihrem Umfeld zu motivieren und achtet in Personalauswahlprozessen, die sie beeinflussen kann, auf ein Gleichgewicht zwischen Männern und Frauen: „Es muss nicht zwingend so sein, dass in der Verwaltung hauptsächlich männliche Führungskräfte sitzen.“
Martina Kronsteiner ist viel und gerne unterwegs: als Betriebsrätin vor Ort bei den Kolleginnen, die Rat und Hilfe brauchen; als Kammerrätin der Arbeiterkammer; als Verhandlerin in sozialversicherungsrechtlichen Angelegenheiten immer öfter auch in Wien. Die Zukunft ihrer Berufsgruppe bereitet Kronsteiner große Sorgen: „Wir steuern auf einen Mangel an Pflegekräften zu.“ 2020 werde es eine große Pensionierungswelle geben, die AbsolventInnenzahlen werden aus ihrer Sicht mit dem erwarteten Bedarf nicht mithalten können. Da die Pflegeassistenzen das breite Spektrum der Aufgaben nicht ganz abdecken könnten, wünscht sich Kronsteiner für die Zukunft mehr diplomierte Pflegekräfte.

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