Sätze wie diesen hört man von Arbeitgebern immer wieder. Ansprüche der ArbeitnehmerInnen, die nicht durch Gesetz oder Kollektivvertrag abgesichert sind, werden nur „bei jederzeitigem Widerruf“ gewährt oder können durch den Arbeitgeber abgeändert werden. So behält er es sich jedenfalls ausdrücklich vor.
Was viele ArbeitnehmerInnen nicht wissen: Trotz entsprechender Vorbehalte kann der Arbeitgeber sein einseitiges Gestaltungsrecht nicht willkürlich ausüben. In unserer Rechtsberatung spielen Widerrufs- und Änderungsvorbehalte immer wieder eine Rolle.
Widerruf der Überstundenpauschale
Michaela F. hat erst kürzlich wegen ihrer widerrufbaren Überstundenpauschale nachgefragt, die sie seit 12 Jahren bezieht. Die Pauschale deckt pro Monat 15 Überstunden mit 50-prozentigem Zuschlag ab. „In einigen Monaten mache ich 5 bis 10 Überstunden“, erklärt sie, „in einigen Monaten komme ich mit meiner Normalarbeitszeit aus. Das war schon immer so und nie ein Thema, aber gestern hat mein Arbeitgeber bemäkelt, dass ich die Pauschale wieder nicht erfülle und dass er sie daher mit 1.1.2020 widerrufen wird. Einzelne geleistete Überstunden sollen mir in Zukunft extra abgegolten werden.“
Für Michaela F. bedeutet der Widerruf der Pauschale eine finanzielle Einbuße. „Mir wurde immer gesagt, die Pauschale diene der Abgeltung allfälliger geleisteter Überstunden“, schüttelt sie stirnrunzelnd den Kopf. „Davon, dass ich alle durch die Pauschale gedeckten Überstunden auch leisten muss, war nie die Rede.“
Keine willkürliche Kürzung des Entgelts
Die Antwort des GPA-djp-Rechtsberaters beruhigt sie. Auch einen Widerrufsvorbehalt darf der Arbeitgeber nicht willkürlich ausüben. Immerhin geht es um eine Kürzung des Entgelts. Zum einen müssen sachliche Gründe von einiger Bedeutung vorliegen (z. B. massiver Rückgang anfallender Überstunden), zum anderen muss der Widerruf verhältnismäßig sein. Alles andere wäre eine missbräuchliche Ausübung des einseitigen Gestaltungsrechtes. Im konkreten Sachverhalt ist der Anfall von Überstunden über die Jahre gleich geblieben. Dennoch wurde die Pauschale Jahr für Jahr anstandslos bezahlt. Auch die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers ist stabil. Der Rechtsberater ist zuversichtlich, durchsetzen zu können, dass Michaela F. auch 2020 ihre Pauschale beziehen kann.
Grundgehalt und Provisionsvereinbarung
Ein anderes Problem hat Manuel C. Er arbeitet auf Basis eines geringen Grundgehalts samt lukrativer Provisionsvereinbarung. Die Vereinbarung ist seit Jahren dieselbe, aber nun beruft sich seine Chefin auf einen Änderungsvorbehalt im Vertrag. Sie möchte die Provisionssätze mit 1.1.2020 empfindlich senken. „Für mich“, seufzt Manuel C., „bedeutet das einen Verlust von zumindest 20 Prozent meines Einkommens.“
Dem Unternehmen, erfragt der Rechtsberater, geht es gut. Trotzdem sind der neuen Geschäftsführerin die hohen Prozentsätze ein Dorn im Auge. Sie möchte mehr Profit machen.
„Eine Entgelteinbuße von 20 Prozent ist Ihnen unter diesen Umständen nicht zuzumuten“, sagt der Rechtsberater. Änderungsvorbehalte sind zwar zulässig, Eingriffe ins Entgelt dürfen aber nicht schwerwiegender sein als zwingend nötig und dürfen die Interessen der ArbeitnehmerInnen nur geringfügig berühren.
Keine Gründe für eine Kürzung
Im konkreten Fall liegen keine objektivierbaren Gründe für eine Reduktion der Prozentsätze vor. Solche Gründe könnten die geschäftspolitische und/oder betriebliche Notwendigkeit, verbandsseitige Empfehlungen oder behördliche Anordnungen sein. Selbst bei Vorliegen solcher Voraussetzungen müsste der Eingriff ins Entgelt aber maßvoll erfolgen.
„Sie haben auch weiterhin Anspruch auf die geltenden Prozentsätze“, bestätigt der Rechtsberater Manuel C. „Wenn Sie möchten, werde ich für Sie intervenieren. Die Ausübung des Änderungsrechtes durch Ihre Chefin ist missbräuchlich.“
Manuel C., sehr erleichtert, bittet um ein Interventionsschreiben. Vielleicht kommt seine Chefin ja doch noch zur Vernunft und er erspart sich eine Klage vor dem Arbeits- und Sozialgericht.
Im Zweifelsfall muss genau geprüft werden
Abschließend ist zu sagen, dass einseitige Gestaltungsrechte der Arbeitgeber stets vor dem Hintergrund geprüft werden müssen, dass die Vertragsparteien im Arbeitsrecht nicht dieselbe Verhandlungsstärke besitzen. Deshalb werden ArbeitnehmerInnen durch Gesetz, Kollektivvertrag und oberstgerichtliche Judikatur vor willkürlicher Ausübung einseitiger Gestaltungsrechte durch den Arbeitgeber geschützt. Diese Rechte dürfen nur bei Vorliegen wichtiger sachlicher Gründe und selbst dann nur maßvoll und verhältnismäßig ausgeübt werden. Darum sollten Sie, ehe Sie solche Rechte gegen sich gelten lassen, unbedingt den Rat Ihrer Gewerkschaft einholen.