Der Verfassungsgerichtshof hat am 17. Dezember die wesentlichen Punkte der neuen Sozialhilfe gekippt und bestätigt damit die Kritik der Gewerkschaften.
Sowohl das Höchstsatzsystem für Kinder, das für Mehrkindfamilien drastische Leistungskürzungen bedeutete hätte, wie auch die Verknüpfung des Bezugs mit dem Nachweis von Sprachkenntnissen, sind verfassungswidrig.
Das türkis-blauen Prestigeprojekt, das die bisherige Mindestsicherung hätte ablösen sollen, hat vor allem darauf abgezielt, Leistungsansprüche von zugewanderten Menschen einzuschränken und mit Schikanen zu verbinden. Die im Gesetz zur Sozialhilfe-Neu vorgesehene Staffelung der Leistungshöhe nach der Anzahl der Kinder, sieht der VfGH als verfassungswidrige Schlechterstellung, die dazu führen würde, dass der notwendige Lebensunterhalt bei Mehrkindfamilien nicht mehr gewährleistet ist. Durch den sogenannten Arbeitsqualifizierungsbonus, der einen vollen Leistungsbezug nur bei Nachweis qualifizierter Deutsch- oder Englischkennnisse vorgesehen hätte, sieht das Höchstgericht den Gleichheitsgrundsatz verletzt. Dabei wird klargestellt, dass es viele Beschäftigungsmöglichkeiten gibt, für welche die eingeforderten Sprachkenntnisse nicht erforderlich sind. Außerdem würde das Gesetz außer Acht lassen, dass es für viele Menschen, zB. aufgrund von Erkrankungen, Lernschwächen, oder Analphabetismus nicht möglich sei, ein derart hohes Sprachniveau zu erreichen, diese aber dennoch am Arbeitsmarkt vermittelbar sein können.
Aufgehoben wurde auch eine Bestimmung des Sozialhilfe-Statistikgesetzes, das mit dem Sozialhilfe-Grundsatzgesetz erlassen worden war und in der Umsetzung einen umfassenden Datenaustausch zwischen Ländern und Behörden nach sich gezogen hätte. Da die Regelung offengelassen hat, welche Behörden im Einzelnen welche Daten zu übermitteln haben, sieht der VfGH einen ungerechtfertigten Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz.
Keine Bedenken hat der VfGH gegen die an der Ausgleichszulage orientierte Deckelung der Leistungshöhe für erwachsene LeistungsbezieherInnen geäußert. Aufrecht bleiben auch die Bonusleistungen für Menschen mit Behinderung und Zuschläge für Alleinerziehende.
Beim nun in Teilen aufgehobenen Gesetz handelt es sich um ein Grundsatzgesetz, das die Bundesländer verpflichtet im vorgegebenen Rahmen eigene Regelungen zu treffen. Diese Umsetzung wurde bislang nur von Niederösterreich und Oberösterreich vollzogen, aus beiden Ländern gab es bereits Erklärungen, hinsichtlich der aufgehobenen Punkte für eine verfassungskonforme Vollziehung der Sozialhilfe ab 1. Jänner 2020 zu sorgen. In allen anderen Bundesländern kam die Regelung bislang noch gar nicht zur Anwendung. Abzuwarten ist nun, wie die nächste Bundesregierung die Sozialhilfe neu regeln wird.
Mit den Klarstellungen des VfGH sind nun jedenfalls die Eckpfeiler der Unrechtsreform zu Fall gebracht worden und Voraussetzungen vorhanden, um ein wirkungsvolles System zur Armutsbekämpfung und nicht zur Bestrafung für Menschen in Armut zu etablieren.