Steffi G., 25 Jahre alt, in Bildungskarenz, geringfügig tätig als Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin in einer Wohngemeinschaft für Kinder und Jugendliche mit schweren Behinderungen erzählt von ihrer Corona-Arbeitsrealität.
In einer Wohngemeinschaft für Kinder und Jugendliche mit schweren geistigen und oder körperlichen Behinderungen arbeitet Steffi als Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin. Die betroffenen Kinder können aufgrund der hohen Betreuungsanforderungen nicht bei ihren Eltern leben. Steffi und ihre KollegInnen sorgen dafür, dass die Kinder und Jugendlichen pädagogisch, medizinisch und pflegerisch gut versorgt werden. Dazu gehört neben dem Unterstützen beim Waschen, Anziehen und Essen auch die medizinische Versorgung, die Unterstützung bei Hausaufgaben für die Schule oder die Freizeitgestaltung.
Normalweiser gehen die Kinder und Jugendlichen aus der Wohngemeinschaft jeden Tag in die Schule, aber während den Ausgangsbeschränkungen war dies natürlich nicht möglich. So mussten sich Steffi und ihre KollegInnen auch mit dem Thema „E-Learning“ auseinandersetzen, obwohl sie nicht über eine entsprechende LehrerInnen-Ausbildung verfügen. Sie stellen auch sicher, dass notwendige Schutzmaßnahmen und Sicherheitsabstände eingehalten werden in der Wohngemeinschaft. Statt Ausflügen in der Gruppe, gehen die BetreuerInnen mit den Kindern einzeln hinaus für Spaziergänge. Auch die wöchentlichen Eltern- und Familienbesuche mussten ausfallen und für die zu betreuenden Kinder war Videotelefonie bei Weitem kein akzeptabler Ersatz. So kam es auch vermehrt zu Verhaltensauffälligkeiten, die sich beispielweise in Bissspuren und Kratzern an den BetreuerInnen bemerkbar machten. Derartige Verhaltensauffälligkeiten kommen grundsätzlich immer wieder vor, aber während der Corona-Krise haben diese jedoch zugenommen.
Steffi sieht nicht ein, dass ManagerInnen im Homeoffice viermal so viel verdienen wie Menschen in ihrer Berufsgruppe, die für die Ausübung ihrer Arbeit ihre eigene Gesundheit täglich aufs Spiel setzen. Sie findet Dankesreden von PolitkerInnen und den Balkon-Applaus ihrer Mitmenschen nett, aber davon kann sie sich leider nicht ihr Essen und ihre Miete bezahlen. Sie setzt sich für eine Arbeitszeitverkürzung und kollektivvertragliche Gehaltserhöhungen im Sozialbereich ein sowie für eine faire Corona-Prämie.
Wie die Kosten der Corona-Krise bezahlt werden sollen, ist für Steffi klar. Sie sieht Handlungsbedarf beim Thema der Steuergerechtigkeit. Sie ist der Meinung, dass eine Vermögenssteuer und Erbschaftssteuer genug Geld bringen würde, um systemrelevante Berufsgruppen besser zu entlohnen.
Die Interessengemeinschaften der GPA-djp bringen Menschen mit ähnlichen Berufsmerkmalen zusammen. Zum Austauschen von Erfahrungen und Wissen, zum Diskutieren von Problemen, zum Suchen kompetenter Lösungen, zum Durchsetzen gemeinsamer beruflicher Interessen. Die IG Social ist die Interessengemeinschaft für Menschen in Gesundheits- und Sozialberufen sowie Interessierte.