Galeria Karstadt Kaufhof: Über 6.000 Arbeitsplätze in Gefahr

Galeria Kaufhof in Köln
Foto: Raimond Spekking

Deutsche Gewerkschaft ver.di kämpft für Interessen Beschäftigter.

Am 19. Juni wurde den Beschäftigten von Galeria Karstadt Kaufhof im Zuge von Betriebsversammlungen die Schließung von 62 der insgesamt 172 Filialen mitgeteilt. Mehr als 6.000 MitarbeiterInnen werden dadurch ihren Arbeitsplatz in der Warenhauskette verlieren. Die Geschäftsführung hat dabei die Corona-Krise als Vorwand benutzt, um Standortschließungen und Massenentlassungen durchzuführen, die jedoch auf das jahrelange Missmanagement an der Spitze des Unternehmens zurückzuführen sind.

In zähen Verhandlungen ist es der deutschen Dienstleistungsgewerkschaft „ver.di“ im Vorfeld dennoch gelungen, die geplanten Einschnitte deutlich abzumildern und für die betroffenen Beschäftigten eine Art Sozialplan aufzustellen.

Im Juni 2019 wurde Galeria Karstadt Kaufhof vom Immobilienunternehmen Signa Holding GmbH, dessen Mehrheitseigentümer der Tiroler Rene Benko ist, vollständig übernommen. Seither fordert die Gewerkschaft ver.di ein tragfähiges Zukunftskonzept für die Warenhauskette und die über 32.500 Beschäftigten.

Jahrelanges Missmanagement der Geschäftsführung bringt Warenhauskette ins Strudeln

Die Galeria Kaufhof Gruppe war bis zum Verkauf an den kanadischen Warenhauskonzern HBC im Jahr 2015 ein erfolgreiches Unternehmen. Erst nach der Übernahme begann jene Misswirtschaft, die sich vor allem durch ein gänzlich umgestelltes Warenhauskonzept und durch interne Mietpreiserhöhungen, durch die Geld aus dem Unternehmen geschleust wurde, ausdrückt.

Karstadt hingegen schrieb, vor allem wegen einer verfehlten Sortimentspolitik, bereits seit mehreren Jahren rote Zahlen.

Bei den Betriebsversammlungen am 19. Juni 2020 berichteten die Beschäftigten auch häufig vom Versagen des derzeitigen Managements. Eine Betriebsrätin einer von der Schließung bedrohten Filiale schreibt beispielsweise in einem Statement auf Facebook:“ Das Management hat in den letzten Jahren wahnwitzige Entscheidungen getroffen, die für uns als Mitarbeiter nicht nachvollziehbar waren. Man muss nicht studiert haben, um zu wissen, dass das so nicht weiter funktionieren kann“.

Ver.di kann Anzahl von Schließungen und Entlassungen in Verhandlungen verringern

Obwohl das Unternehmen die Schließungen und Entlassungen bereits angekündigt hatte, konnte ver.di in Verhandlungen mit dem Management diese noch deutlich abmildern. Der ursprünglich geplante flächendeckende Personalabbau von 10% der MitarbeiterInnen über das gesamte Filialnetz wurde erfolgreich verhindert. Das Management hatte auch vor, insgesamt 80 Filialen der Warenhauskette zu schließen. Die deutsche Gewerkschaft konnte diese Anzahl jedoch im Zuge von Verhandlungen auf 62 reduzieren. Trotzdem spricht man bei ver.di von einem „dramatischen Arbeitsplatzverlust“, der „ein Riesenskandal“ sei. Aus diesem Grund gingen auch zahlreiche Beschäftigte von Galeria Karstadt Kaufhof gemeinsam mit der Gewerkschaft ver.di am 26. Juni in Dortmund und Berlin auf die Straßen, um mit Menschenketten vor den von der Schließung betroffenen Standorten zu demonstrieren.

Ver.di-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger meint dazu:“ Die Entscheidung zu den Schließungen trifft die Menschen hart, ihnen wird die Existenz unter den Füßen weg gerissen“. Sie kündigte darüber hinaus an, dass ver.di mit ganzer Kraft für den Erhalt der Standorte und vor allem den Erhalt der Arbeitsplätze kämpfen werde. In dieser dramatischen Situation erwarten die Beschäftigten zurecht, dass alle Möglichkeiten, Chancen und Wege, die zur Verfügung stehen, auch genutzt werden.

Lokale Politik spricht sich auch gegen Schließungen aus

Unterstützt werden die Beschäftigten und die Gewerkschaft ver.di in ihrem Kampf für den Erhalt von Arbeitsplätzen auch von lokalen PolitikerInnen. Die Kaufhäuser haben nämlich vor allem in vielen Innenstädten und Einkaufszentren eine wichtige Versorgungsfunktion. Würden sie verschwinden, hätte das auch Auswirkungen auf die Attraktivität der Innenstädte und würde somit weitere Arbeitsplätze indirekt gefährden.

Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft für Entlassene

Ver. di erkämpfte in den Verhandlungen mit der Geschäftsführung ebenfalls, dass die vom Personalabbau betroffenen MitarbeiterInnen für mindestens sechs Monate in eine unternehmensinterne Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft wechseln können. „Für die Schließungsfilialen und die betroffenen Kolleginnen und Kollegen ist das eine bittere Stunde. Deshalb ist die tarifvertragliche Regelung zur Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft in einer Transfergesellschaft ein wesentlicher Punkt der Vereinbarungen“, sagte ver.di Verhandlungsführer Orhan Akman. Der deutschen Dienstleistungsgewerkschaft gelang es darüber hinaus, den Flächentarifvertrag (räumlicher Geltungsbereich) für das Unternehmen aufrecht zu erhalten.

Gute, gesunde Arbeit und Beteiligung Beschäftigter an Zukunftskonzept der Warenhauskette

Nach schwierigen Verhandlungen sowie öffentlichen Protesten gegen die geplanten Warenhaus-Schließungen hat ver.di mit der Unternehmensleitung eine wichtige Einigung für die weiterhin bestehenden Standorte des Unternehmens erzielt. Die von der Gewerkschaft und dem Gesamtbetriebsrat bereits in der Vergangenheit mehrmals aufgestellte Forderung nach einem Zukunftskonzept für das Unternehmen, an dem auch die Beschäftigten beteiligt sein sollten, wurde dabei erfüllt. Ein paritätisch besetzter, achtköpfiger Zukunftskreis, dem VertreterInnen der Geschäftsführung, der Gewerkschaft, des Gesamtbetriebsrates sowie weitere Mitglieder angehören, soll dazu eingerichtet werden. Dieser wird künftig über Themenfelder wie Sortiment, Konzessionen, Shop in Shop-Konzepte, Fremdvermietung von Geschäftsflächen, Einführung von Daten- und Technologieprozessen, Qualifizierung und Einführung neuer Arbeitsmittel, beraten. Dadurch sollen Prozessoptimierungen und die Verbesserung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unternehmens erreicht werden.

Zum Thema „Gute, gesunde Arbeit“ konnte ebenfalls eine wichtige Vereinbarung erzielt werden. Alle MitarbeiterInnen sollen im Zuge einer digitalen Befragung involviert werden, um die Voraussetzungen für einen Verbesserungsprozess bei der Arbeitsgestaltung zu schaffen. Der besagte Zukunftskreis soll die Ergebnisse der Befragung sammeln und konkrete Maßnahmen daraus ableiten.

10.000e Arbeitsplätze stehen Investoreninteresse von Rene Benko gegenüber

Nach der vollständigen Übernahme von Galeria Karstadt Kaufhof durch die Signa Holding GmbH des Tiroler Immobilieninvestors Rene Benko im Juni 2019 ist die Zukunft der Warenhauskette dennoch weiterhin unklar. Der Verdacht, dass der Immobilieninvestor die Veräußerung des wertvollen Filialnetzes, das sich über sämtliche deutsche Innenstädte erstreckt, anstreben könnte und weniger an der Sicherung der damit verbundenen Arbeitsplätze interessiert ist, bleibt weiterhin bestehen.

Signa Holding– Österreichs größtes privates Immobilienunternehmen

Die Signa Holding GmbH verfolgt Aktivitäten im Immobilien-, Medien- und Handelsbereich und ist mittlerweile in Österreich, Norditalien, Deutschland und den USA tätig. Im Jahr 2018 verzeichnete das Unternehmen einen Jahresgewinn von einer Milliarde Euro. Ihr Gründer-Rene Benko-ist Multimilliardär und zählt mit einem Vermögen von knapp fünf Milliarden Euro zu den reichsten Personen Österreichs. Benko hat sich über ein komplexes Netzwerk seiner beiden Privatstiftungen mehr als 87 Prozent der Anteile an der Signa Holding gesichert.

Solidaritätsbrief der GPA-djp an die Kolleginnen und Kollegen von Galeria Karstadt Kaufhof und „ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft“:

Solidarität mit den Beschäftigten von Galeria Karstadt Kaufhof in Deutschland

Im Namen der GPA-djp unterstützen wir die Kolleginnen und Kollegen von Galeria Karstadt Kaufhof und „ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft“ in ihrem Kampf für den Erhalt von mehr als 6.000 Arbeitsplätzen!

Der 19. Juni war ein bitterer Tag für die Beschäftigten von Galeria Karstadt Kaufhof, dem Unternehmen des Tiroler Immobilieninvestors Rene Benko. In Betriebsversammlungen erfuhren die MitarbeiterInnen, dass 62 der 172 Filialen geschlossen werden sollen. Etwa 6.000 Arbeitsplätze sind von den Schließungsplänen betroffen. Die Beschäftigten und ver.di gehen daher zurecht am Freitag in Dortmund und Berlin auf die Straßen, um für den Erhalt der Filialen und ihrer Arbeitsplätze zu demonstrieren.

Bei den Betriebsversammlungen war häufig vom Versagen des Managements die Rede. Eine Betriebsrätin einer von der Schließung bedrohten Filiale schreibt zum Beispiel in einem Statement auf Facebook: „Das Management hat in den letzten Jahren wahnwitzige Entscheidungen getroffen, die für uns als Mitarbeiter nicht nachvollziehbar waren. Man muss nicht studiert haben, um zu wissen, dass das so nicht weiter funktionieren kann.“ Das Interesse der neuen Investoren hat allein den Immobilien gegolten.

Die GPA-djp und ver.di sind einander eng verbunden. Wir kämpfen gemeinsam für die Interessen der Beschäftigten, unabhängig von den Grenzen. Das zeigt auch ein aktueller Fall aus Österreich. Die Douglas-Kette hat eine Kollegin gekündigt, weil sie einen Betriebsrat gründen wollte. Als GPA-djp haben wir gemeinsam mit ihr erfolgreich dagegen geklagt. Der deutsche Gesamtbetriebsrat bei Douglas und ver.di haben uns bei diesem Kampf unterstützt und Kontakt zum deutschen Management hergestellt. Trotz Zusicherungen bei Treffen und einem erfolgreichen Gerichtsurteil wurde die betroffene Kollegin letzte Woche von Douglas fristlos entlassen.

Deswegen organisieren wir als GPA-djp am Freitag ebenfalls eine Protestkundgebung unter dem Motto „Für Demokratie in der Parfümerie“. Wir stehen also gemeinsam als Gewerkschaften in Dortmund, Berlin und Wien im Einsatz gegen skrupellose Investoren-Interessen! Wir kämpfen gemeinsam für Arbeitsplätze und für Mitbestimmung! Wir als GPA-djp zeigen uns solidarisch mit den Beschäftigten und protestieren gegen diese Vorgehensweise. Insofern sprechen wir den KollegInnen in Deutschland ebenfalls unsere vollste Solidarität aus.

Wir wünschen den Kolleginnen und Kollegen von Galeria Karstadt Kaufhof sowie der Gewerkschaft ver.di viel Erfolg bei ihrem Kampf für den Erhalt von mehr als 6.000 Arbeitsplätzen!

Barbara Teiber
GPA-djp Bundesvorsitzende

Anita Palkovich
Wirtschaftsbereichssekretärin Handel

Sophia Reisecker
Internationale Sekretärin

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