Viele Arbeitgeber drängen ihre Beschäftigten zu einer einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses. Sie ersparen sich damit Kosten für Kündigungsfristen und weitere Ansprüche. Eine Wiener Wirtin nutzte die schlechten Deutschkenntnisse eines Mitarbeiters, um seine Zustimmung zu einer „Einvernehmlichen“ zu bekommen.
Ahmed E*. war seit Jänner 2020 in der Küche eines Wiener Restaurants beschäftigt. Am 2. November 2020 wurde er nach seiner Morgenschicht zu seiner Chefin Frau K*. zitiert und aufgefordert ein in deutscher Sprache abgefasstes Schriftstück zu unterschreiben – die einvernehmliche Auflösung seines Dienstverhältnisses. Frau K. war wohl bewusst, dass die Deutschkenntnisse von Herrn E. nicht dafür ausreichten, das Dokument zu lesen und den Inhalt und dessen Folgen richtig zu erfassen. Sie ließ ihn in dem Glauben, es handle sich dabei um eine Verkürzung der Arbeitszeit im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie. Weil er seiner Vorgesetzen vertraute und seinen Job behalten wollte, unterschrieb Herr E. das Dokument und damit die Auflösung seines Dienstverhältnisses. Was er wirklich unterschrieben hatte, fand er allerdings erst später mit Unterstützung einer Bekannten heraus, der er das Dokument zeigte. Sie gab Herrn E. auch den Rat, sich an die Rechtsberatung der Gewerkschaft GPA zu wenden.
„Nach genauer Prüfung war mir klar, dass die am 2. November 2020 unterschriebene „einvernehmliche Auflösung“, wegen der Umstände, unter denen sie zustande gekommen ist, rechtsunwirksam ist,“ erzählt die zuständige Rechtsberaterin der Gewerkschaft GPA. Herr E. hatte deshalb Anspruch auf Kündigungsentschädigung. Das bedeutet, Herr E. musste rechtlich so gestellt werden, als hätte seine Arbeitgeberin ihn gekündigt. Ihm stand daher sein Lohn für den Zeitraum von 3. bis 17. November zu unter Berücksichtigung der von ihm geleisteter Mehr- und Überstunden inklusive aliquoter Sonderzahlungen für diesen Zeitraum. „Wir haben sofort bei seiner Arbeitgeberin interveniert und konnten so 2.700 Euro netto für Herrn E. erstreiten“, freut sich Wucherer. Die Arbeitgeberin betonte zwar, sie hätte Ahmed E. sehr wohl informiert, was er da unterschrieben habe und er hätte das auch verstanden. Dass sie sofort bereit war, die geforderte Summe nachzuzahlen, lässt aber an dieser Aussage berechtigte Zweifel aufkommen.
Stolperfalle einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses
Häufig bieten ArbeitgeberInnen Beschäftigten, von denen sie sich trennen wollen, eine einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses an. Dies wird gerne als Entgegenkommen bezeichnet, birgt aber nicht zu unterschätzende Gefahren in sich. Wenn man eine einvernehmliche Auflösung einmal unterschrieben hat, gibt es nur wenige Gründe eine solche wieder auf zu lösen.
In Betrieben mit Betriebsrat gibt es die Möglichkeit zu verlangen, sich mit dem Betriebsrat zu beraten. Innerhalb von 2 Arbeitstagen kann dann die einvernehmliche Auflösung nicht rechtswirksam vereinbart werden. Doch auch in Betrieben ohne Betriebsrat sollte eine einvernehmliche Auflösung niemals ungeprüft unterschrieben werden. In unseren Regionalgeschäftsstellen kannst du dich umfassend beraten lassen.
TIPP: Lass dich zu nichts drängen, sondern im Zweifelsfall lieber vom Arbeitgeber kündigen. Eine „Einvernehmliche“ kann dich viel Geld kosten.
Die Gewerkschaft GPA hilft
GPA-Mitgliedern steht ein vielfältiges Beratungsangebot zu arbeitsrechtlichen Fragen zur Verfügung. Nicht-Mitglieder können unter 050301-301 eine kostenlose Erstberatung in Anspruch nehmen.
*Namen von der Redaktion geändert