Was tun bei Ausgliederung oder Fusion?

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Ein Unternehmen wird verkauft, ein Firmenteil wird ausgegliedert, bekommt einen neuen Inhaber oder es kommt zu einer Fusion mit einem anderen Unternehmen. In diesen Fällen spricht man von einem Betriebsübergang. Für die Beschäftigten ändert sich nicht nur der Name des Arbeitgebers, sondern unter Umständen auch die Arbeitsbedingungen.

Wie erfahren Beschäftigte vom Betriebsübergang?

Grundsätzlich muss die Arbeitnehmervertretung, also der Betriebsrat, rechtzeitig vom bevorstehenden Betriebsübergang verständigt werden. Gibt es im Unternehmen oder Betrieb keine Arbeitnehmervertretung, muss entweder der alte oder der neue Arbeitgeber die vom Betriebsübergang betroffenen ArbeitnehmerInnen im Vorhinein und umfassend informieren. Diese Information hat schriftlich zu erfolgen. Die Betriebsübergang erfolgt ohne Zutun der Beschäftigten allein aufgrund der Gesetze.

Können Beschäftigte dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses widersprechen?

Nur in bestimmten Fällen, nämlich dann, wenn der/die neue InhaberIn einen bestehenden kollektivvertraglichen Bestandschutz (z.B. erhöhter Kündigungsschutz) oder eine auf Einzelvertrag beruhende betriebliche Pensionszusage nicht übernimmt. Außerdem in ähnlich schwerwiegenden Fällen. Widerspricht der/die ArbeitnehmerIn dem Übergang, bleibt er/sie bei dem alten Arbeitgeber beschäftigt . Hierbei muss stets überlegt werden, ob ein Widerspruch sinnvoll ist.

Ein Beispiel: Anton M. ist Servicemitarbeiter. Er besucht KundInnen, um die Geräte des Unternehmens zu warten oder zu reparieren. Die Serviceabteilung wird mit 1.9.2021 in eine eigene Gesellschaft mit beschränkter Haftung ausgelagert. Die betriebliche Pensionszusage wird von der/dem neuen InhaberIn nicht übernommen. Anton M. hat zwar ein Widerspruchsrecht, aber im Unternehmen gibt es keinen adäquaten Arbeitsplatz mehr für ihn. Er hat die Möglichkeit, auf den Widerspruch zu verzichten und ab 1.9.2021 in der Service GmbH zu arbeiten. In diesem Fall hat er keine betriebliche Pensionszusage mehr, kann sich jedoch von seinem alten Arbeitgeber die bisher angefallenen Pensionsanwartschaften abfinden lassen. Es ist also stets ratsam, das Für und Wider abzuwägen.

Was bedeutet der Betriebsübergang für den Arbeitsvertrag?

Grundsätzlich gehen die Arbeitsverhältnisse mit allen Rechten und Pflichten auf den neuen Inhaber über. Die Verträge bleiben bestehen.

Was bedeutet der Betriebsübergang für den anzuwendenden Kollektivvertrag?

Durch einen Betriebsübergang kann es zu einem Kollektivvertragswechsel kommen. Wird z.B. eine IT-Abteilung ausgegliedert, wird für die IT-Beschäftigten der IT-Kollektivvertrag gelten, auch wenn sie beim alten Arbeitgeber einen anderen, besseren Kollektivvertrag hatten. Geschützt ist lediglich das für die regelmäßige Arbeitsleistung in der Normalarbeitszeit gebührende kollektivvertragliche Entgelt bzw. die Höhe des vereinbarten Entgelts. In allen anderen Punkten gilt mit Übergang der neue Kollektivvertrag.

Können sich Beschäftigte wehren, wenn der Betriebsübergang eine wesentliche Verschlechterung der Arbeitsbedingungen mit sich bringt?

Ja. Beschäftigte können innerhalb eines Monats ab dem Zeitpunkt, ab dem sie die Verschlechterung erkennen (können), das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der Kündigungsfristen und -termine lösen. Dabei haben sie dieselben Rechte wie bei Kündigung durch den Arbeitgeber (also z.B. Anspruch auf Abfertigung Alt).
Achtung: Oft ist es schwierig festzustellen, ob die Verschlechterungen tatsächlich wesentlich sind. Um sicherzugehen, können Beschäftigte auf Feststellung der wesentlichen Verschlechterung der Arbeitsbedingungen klagen und erst nach erkämpftem, rechtskräftigem Urteil kündigen.

Dürfen Beschäftigte aufgrund eines Betriebsübergangs gekündigt werden?

Gerade bei Fusionen liegt der Synergie-Effekt häufig auf der Hand (z.B. zwei Personalabteilungen werden zusammengelegt). Daher sind ArbeitnehmerInnen vor Kündigung wegen eines Betriebsübergangs geschützt. Soll durch die Kündigung nur diesem Synergie-Effekt Rechnung getragen werden, ist die Kündigung nichtig. Betroffene ArbeitnehmerInnen können auf Feststellung eines aufrechten Dienstverhältnisses klagen oder die Kündigung akzeptieren und all ihre Ansprüche einfordern (z.B. Abfertigung Alt oder Urlaubsersatzleistung). Kündigungen aus persönlichen oder betrieblichen Gründen, die nichts mit dem Betriebsübergang zu tun haben, sind jedoch zulässig.

Welche Arten des Betriebsübergangs gibt es?

  • Ein Unternehmen wird verkauft. Die Beschäftigten bekommen einen neuen Arbeitgeber.
  • Ein Unternehmen lagert z.B. die IT-Abteilung aus, sie wird eine eigene Gesellschaft. Diese Gesellschaft ist neue Arbeitgeberin der IT-Beschäftigten.
  • Zwei Unternehmen schließen sich zu einem neuen Unternehmen mit neuen Strukturen zusammen. Die Beschäftigten beider Unternehmen bekommen einen neuen Arbeitgeber.
  • Ein Unternehmen übernimmt ein anderes Unternehmen. Die Beschäftigten jenes Unternehmens, das übernommen wird, bekommen einen neuen Arbeitgeber, nämlich das aufnehmende Unternehmen.

Tipp: Was tun bei einem Betriebsübergang?

Umstrukturierungen stehen in Unternehmen auf der Tagesordnung. Immer wieder kommt es vor, dass Betriebsteile aus einem Unternehmen ausgelagert werden oder Unternehmen fusionieren. Aber was bedeutet das für die betroffenen ArbeitnehmerInnen? Die nationale und europäische Rechtslage zum Betriebsübergang ist äußerst komplex und erfordert stets eine Prüfung und Bewertung des Einzelfalls. Ein paar grundlegende Fragen wollen wir jedoch beantworten.
WICHTIG: Wenn du von einem Betriebsübergang betroffen bist und Fragen hast, wende dich bitte an unsere Rechtsberatung in deinem Bundesland. Dort wirst du umfassend beraten und unterstützt. Alle Kontakte zur Gewerkschaft GPA in deiner Region findest du hier.

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