„Wir wollen Rechtsanspruch auf Freizeitoption“

Martina Hohensee, Vorsitzende des Angestelltenbetriebsrats von Flex Althofen und Mitglied im Bundesausschuss der Elektro- und Elektronikindustrie.

Frauenförderung und ein Rechtsanspruch auf die Freizeitoption, also das Umwandeln einer Gehaltserhöhung in freie Tage, sind Martina Hohensee wichtige Anliegen. Die Vorsitzende des Angestelltenbetriebsrats von Flex Althofen ist auch Mitglied im Bundesausschuss der Elektro- und Elektronikindustrie, die sich derzeit in Kollektivvertragsverhandlungen befindet. GPA und PRO-GE fordern hier heuer ein Gehaltsplus von sechs Prozent.

Martina Hohensee wollte die Betriebsratsarbeit bei ihrem Arbeitgeber Flex Althofen auf neue Beine stellen. Seit 2001 ist sie in dem Unternehmen beschäftigt, zunächst hatte sie Organisationstätigkeiten in der IT-Abteilung übernommen, später war sie für die Validierung von Software verantwortlich. In dieser Zeit war sie bereits für einige Jahre Mitglied des Betriebsrats, schied dann aber wieder aus dem Gremium aus. 2014 trat sie, um ihre Vorstellungen einer ArbeitnehmerInnenvertretung umsetzen zu können, mit einer neuen eigenen Liste zur Betriebsratswahl an – und gewann.

Seitdem vertritt sie als freigestellte Betriebsratsvorsitzende die rund 560 Angestellten von Flex Österreich (Althofen und Wien). Der US-Konzern hat weltweit rund 160.000 MitarbeiterInnen an 30 Standorten, davon rund 1.000 hier zu Lande. Das Unternehmen entwickelt und fertigt Produkte für internationale KundInnen. Am Standort Althofen in Kärnten, dem Einsatzort Hohensees, ist Flex in den Bereichen Medizinbereich, Automotive (Fertigung von Teilen für die Automobilherstellung) und Industrietechnik spezialisiert.

Was sie versuche als Betriebsrätin anders zu machen? „Mir war es wichtig, für die MitarbeiterInnen da und transparent zu sein, hier auch ein Vertrauen aufzubauen und gleichzeitig einen respektvollen Umgang mit dem Management zu pflegen.“ Das sei auch gut gelungen. „Es gibt nun eine gute Zusammenarbeit und eine offene Gesprächskultur zwischen Betriebsrat und Unternehmensleitung.“ Aktuell sei etwa eine Betriebsvereinbarung zum Thema Home-Office abgeschlossen und umgesetzt worden. Nun könnten Beschäftigte zwei Tage pro Woche von zu Hause arbeiten, das sei vor der Corona-Zeit nicht möglich gewesen.

Erweiterung der Freizeitoption

Erreichen können habe sie aber auch eine Erweiterung der in dem Betrieb schon zuvor bestehenden Freizeitoption für die Flex-MitarbeiterInnen. Jeder Beschäftigte könne sich bei Flex einmal vor Erreichen des 50. Geburtstages und einmal danach statt für eine monetäre Gehaltserhöhung für eine Abgeltung in Form von freien Tagen entscheiden. Je nach Höhe des Kollektivvertragsabschlusses in dem jeweiligen Jahr könne dieses Freizeitplus dann drei, vier, fünf oder sogar mehr Tage betragen. Diese zusätzlichen Urlaubstage behält man dann bis zum Ausscheiden aus dem Unternehmen jährlich bei. Die Betriebsrätin sieht darin „einen kleinen, aber wichtigen Beitrag zur Work-Life-Balance“.

„Mir war es wichtig, für die MitarbeiterInnen da und transparent zu sein, hier auch ein Vertrauen aufzubauen und gleichzeitig einen respektvollen Umgang mit dem Management zu pflegen.“

Martina Hohensee

Genau diese Möglichkeit würde Hohensee, die auch im Bundesausschuss der Elektro- und Elektronikindustrie vertreten ist, gerne als Rechtsanspruch in der gesamten Branche mit österreichweit 60.000 Beschäftigten verankert sehen. Derzeit führen hier GPA und PRO-GE die heurigen Kollektivvertragsverhandlungen, der Rechtsanspruch auf die Freizeitoption ist eine der aktuellen Forderungen. Die ArbeitnehmerInnenseite setze sich zudem für eine Erhöhung der Lehrlingsentschädigungen und eine frühere Zuerkennung von Jubiläumsgeldern ein, so die Betriebsrätin. So solle das Jubiläumsgeld bereits nach 15 Jahren und nicht erst nach 25 Jahren in einem Betrieb ausgezahlt werden. Wobei Hohensee betont: Es gehe nicht um die Anpassung der Höhe, sondern der Verteilungsabstände. An erster Stelle des Verhandlungspakets steht allerdings die Forderung nach einem Lohnplus von sechs Prozent. Damit soll einerseits der starken Inflation Rechnung getragen werden, andererseits sollen die zuletzt von der Branche eingefahrenen Gewinne auch den Beschäftigten zu Gute kommen, argumentiert Hohensee.

Im eigenen Unternehmen hat sie noch weitere Themen im Blick: Einerseits ist ihr Frauenförderung wichtig. Flex Althofen habe in der oberen Managementebene knapp 40 Prozent Frauenanteil bei den Führungskräften. Hilfreich sei da sicher auch eine weibliche CEO, die Frauen aktiv fördere, wie die Betriebsratsvorsitzende betont. Ein weiteres aktuelles Themenfeld, in dem sie sich engagiert, ist alternsgerechtes Arbeiten. Dabei seien die Freizeitoption, aber auch das Umwandeln von Jubiläumsgeld in Freizeit nur einzelne Mosaiksteine. Man werde sich vor allem, da ja ab 2024 das Pensionsantrittsalter von Frauen schrittweise auf 65 Jahre angehoben wird, neue Schichtmodelle überlegen müssen. Derzeit gebe es bei Flex hauptsächlich einen Vier-Schicht-Betrieb, in dem viele Frauen beschäftigt seien. Hier brauche es neue Modelle. Betriebsrat und Unternehmensleitung seien hier bereits dabei, nach Lösungen zu suchen.

Wichtiger Ausgleich

Hohensee selbst findet ihren Ausgleich im Lesen und neuerdings im Malen, den Spaziergängen mit ihren drei Hunden, dem Garteln und dem Zusammentreffen mit ihren Freunden. „Freundschaften zu pflegen und miteinander Zeit zu verbringen, ist mir ganz wichtig.“ Insgesamt ist ihr eine gute Gesprächskultur ein großes Anliegen. Ihre Türe stehe den Flex-MitarbeiterInnen daher immer offen und sie versuche für alle Wünsche, Sorgen und Anregungen ein offenes Ohr zu haben und für jedes Problem im Sinn der Beschäftigten mit dem Management eine Lösung zu finden. Gesellschaftlich macht ihr die derzeitige hohe Inflation Sorgen, sie fördere Armut. Der Kampf vor allem gegen Frauenarmut ist ihr ebenso wichtig wie andererseits Frauen zu vermitteln, ein Stück mehr Mut und Selbstvertrauen an den Tag zu legen.

Zur Person: Martina Hohensee, geb. 1967 in Nordrhein-Westfalen, zunächst als Pflegehelferin tätig, dann Umschulung zur Industriekauffrau. Bis 1998 in den verschiedensten Branchen als Sekretärin tätig. Nach einer Auslandserfahrung entschied sie sich, für ein paar Monate einen Job in Kärnten anzunehmen. Nun ist sie allerdings bis heute bei der Firma Flex in Althofen angestellt, dabei zunächst in der Organisation der IT-Abteilung eingesetzt, später im Bereich Software-Validierung. Seit 2014 als Vorsitzende des Angestelltenbetriebsrats freigestellt. Mit ihrem Lebenspartner lebt sie seit vielen Jahren in einem Haus im Grünen, das Paar hat drei Hunde, Katzen und Hühner.

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