Egal, wie ein Dienstverhältnis endet: die Beschäftigten haben Anspruch auf Ausstellung eines gesetzeskonformen Dienstzeugnisses.
In diesem Zeugnis sind Arbeitnehmer:in wie auch Arbeitgeber:in genau zu bezeichnen und die Dauer des Dienstverhältnisses sowie die Art der verrichteten Tätigkeiten anzuführen. Dabei genügen reine Berufsbezeichnungen oft nicht; der oder die Leser:in des Dienstzeugnisses muss sich ein klares Bild davon machen können, was alles zu den Aufgaben des oder der Beschäftigten gehört hat.
Qualifiziertes Dienstzeugnis
Ein solches Dienstzeugnis legt Piotr B. seiner GPA-Rechtsberaterin vor. „Ich habe sieben Jahre lang für diese Firma gearbeitet“, beschwert er sich, „und alles, was ich bekomme, ist dieser Wisch. Ich hätte mir zumindest erwartet, dass die Qualität meiner Arbeitsleistung sowie mein Engagement lobend hervorgehoben werden. Immerhin war ich ein ausnehmend tüchtiger, flexibler und initiativer Mitarbeiter.“ Was Piotr B. nun wissen möchte, ist, wie er ein sogenanntes „qualifiziertes Dienstzeugnis“ durchsetzen kann. Zu seiner großen Enttäuschung erfährt er, dass darauf kein Rechtsanspruch besteht. Weder eine positive Bewertung seiner Arbeitsleistung noch lobende Ausführungen zu seiner Person wie z.B. besonderer Fleiß oder außergewöhnlicher Einsatz können erzwungen werden. „Trotzdem sollten wir mit Ihrem ehemaligen Arbeitgeber reden“, schlägt die Rechtsberaterin vor. „Wenn er Ihnen beruflich nichts in den Weg legen möchte, erklärt er sich bestimmt dazu bereit, Ihnen ein Dienstzeugnis nach Ihren Vorstellungen auszustellen.“ Die Gewerkschaft GPA wird für Piotr B. bei seinem ehemaligen Chef intervenieren und eine Kulanzlösung anstreben.
Dienstzeugnis einklagen
Adele S. hat ein anderes Problem. In ihrem Dienstzeugnis ist vermerkt, dass sie gekündigt wurde. Außerdem findet sich darin folgender Passus: Frau Adele S. war stets sehr bemüht. „Sehr bemüht“, ärgert sie sich. „Das klingt, als hätte ich nichts geleistet.“ Genauso ist dieser Passus auch zu verstehen. Es wird unterstellt, Adele S. habe sich zwar redlich bemüht, aber nichts zuwege gebracht. „Dieses Dienstzeugnis“, ahnt sie, „wird mir bei der Jobsuche nur wenig helfen.“ Es beruhigt sie zu hören, dass das Dienstzeugnis nicht gesetzeskonform ausgestellt wurde. Es darf nämlich weder Angaben zur Art und Weise der Beendigung des Dienstverhältnisses noch Beurteilungen enthalten, die geeignet sind, das Erlangen einer neuen Anstellung zu erschweren. Ihr Chef wird ein ordnungsgemäßes Dienstzeugnis ausstellen müssen. „Und wenn er sich weigert?“, fragt sie nach. „Er wird sagen, er hätte mir bereits ein Dienstzeugnis ausgehändigt.“ „Mit gesetzwidrigen, für Sie schädlichen Inhalten“, erfährt sie. „Sollte Ihr Arbeitgeber das nicht einsehen wollen, können Sie mit unserer Unterstützung ein ordnungsgemäßes Dienstzeugnis einklagen.“ Adele S. hofft, dass das nicht notwendig sein wird. Außerdem benötigt sie dringend ein herzeigbares Dienstzeugnis. „Ich bin arbeitslos“, sagt sie, „und brauche einen Job.“ Auch in ihrem Fall wird die Gewerkschaft GPA erst einmal bei ihrem ehemaligen Arbeitgeber intervenieren.
Lange Verjährungsfrist
Elena Y. meldet sich in der Telefonberatung. „Mein letztes Dienstverhältnis hat vor 4 Jahren geendet“, schilderte sie ihre Situation, „und weil ich mich damals selbständig machen wollte, habe ich kein Dienstzeugnis verlangt. Nun haben sich meine familiären Verhältnisse geändert und ich suche wieder eine unselbständige Erwerbstätigkeit.“ Ihre Sorge ist, dass sie nach Ablauf von 4 Jahren ihren Anspruch auf Ausstellung eines Dienstzeugnisses verloren haben könnte. „Keine Sorge“, beruhigt sie der GPA-Rechtsberater. „Ein Dienstzeugnis können Sie auch noch nach 10 oder 20 Jahren verlangen. Hier gilt nicht die kurze 3-jährige Verjährungsfrist, sondern die lange 30-jährige.“
Codes im Dienstzeugnis
Besonders tückisch sind Codes, die potentielle Arbeitgeber:innen quasi zwischen den Zeilen lesen lassen. Da nichts Negatives über ehemalige Beschäftigte niedergeschrieben werden darf, wird der Umweg über derlei Codes genommen.
Einen dieser Codes haben wir bei Adele S. bereits kennengelernt: Wer „bemüht“ ist, leistet nicht viel. Doch selbst qualifizierte Dienstzeugnisse haben ihre Tücken. Formulierungen wie „hat sehr gut gearbeitet“, „war zur vollen Zufriedenheit für uns tätig“ oder „kann empfohlen werden“ haben in einem 1A-Dienstzeugnis nichts verloren.
Wer Arbeitnehmer:innen tatsächlich weiterempfehlen möchte, verwendet Superlative wie „zur vollsten/höchsten Zufriedenheit“ oder „kann wärmstens empfohlen werden“.
Wünschenswert wäre außerdem ein abschließender Satz, in dem man dem oder der ausscheidenden Beschäftigten auf dem weiteren Lebensweg alles Gute wünscht.
Aber Vorsicht: Wünscht man dem oder der ehemaligen Mitarbeiter:in viel Glück könnte das so gelesen werden, als würde er oder sie Glück benötigen, um einen neuen Arbeitsplatz zu finden!
Da ein Dienstzeugnis nichts Negatives enthalten darf, verwenden Arbeitgeber häufig Codes. Hier haben wir ein paar Beispiele aus unserer Beratungspraxis für dich entschlüsselt:
„hat seine Arbeit stets ordnungsgemäß verrichtet“ | tut nur das Notwendigste, zeigt keine Eigeninitiative |
„war bei Kollegen und Kolleginnen sehr beliebt“, „trug viel zum guten Betriebsklima bei“, „ist ein sehr kommunikativer Mensch“ | tratscht viel |
„setzte sich stets für die Belange der Belegschaft ein“ | lässt sich nicht alles/wenig gefallen; außerdem könnte es ein Hinweis auf Betriebsratstätigkeit oder Gewerkschaftsmitgliedschaft sein |
„zeigte viel Selbstvertrauen“ | große Klappe, nichts dahinter |
„hat im Rahmen seiner Fähigkeiten gearbeitet“ | die Fähigkeiten sind begrenzt |
„war bei Kunden und Kundinnen rasch beliebt“ | wenig Verhandlungsgeschick, macht zu viele Zugeständnisse |
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Im Arbeitsrechts-ABC der Gewerkschaft GPA findest du Antworten auf viele Fragen. Du kannst dich aber auch direkt an die Rechtsberatung wenden. Hier findest du alle Kontakte.
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