Unser Arbeitsalltag ist anstrengend: Wir müssen flexibel sein und immer volle Leistung bringen. Viele ArbeitnehmerInnen wünschen sich nur eines: eine klare Trennung von Freizeit und Arbeit, um endlich wieder abschalten zu können und sich zu erholen.
Die ständige Erreichbarkeit von ArbeitnehmerInnen nimmt zu und wird in zahlreichen Betrieben zumindest von Teilen der Belegschaft erwartet. Flexible Arbeitszeiten sind längst nicht mehr auf die Managerebene beschränkt. Immer mehr DienstnehmerInnen sind durch Handy, Smartphone oder Tablet rund um die Uhr mit der Arbeit verbunden. Neue Arbeitszeitmodelle wie beispielsweise „Vertrauensarbeitszeit“, flexible Arbeitsorte wie das „desk-sharing“ oder Arbeiten von zu Hause sowie Pauschalverträge liegen im Trend und verwischen die Grenze zwischen Arbeit und Freizeit. Der Druck, ständig auf dem Laufenden zu sein und aktuelle Anfragen zu beantworten, steigt.
Aktionswoche „Abschalten“
Auf diesen ungesunden Trend reagierte die GPA-djp im Juni mit der bundesweiten Aktionswoche „Abschalten“. Das Ziel war, möglichst viele BelegschaftsvertreterInnen und ArbeitnehmerInnen darauf aufmerksam zu machen, wie wichtig regelmäßige Erholungsphasen zwischen den Arbeitszeiten sind. „Vorsicht ist dann geboten, wenn die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit immer mehr verschwimmen und sich die Arbeitszeit dadurch immer mehr in die Freizeit hineinschummelt“, warnt Clara Fritsch, Mitarbeiterin der Abteilung Arbeit und Technik in der GPA-djp und Autorin der Broschüre „Allzeit bereit“.
Arbeitende Menschen gehören bereits zum Ortsbild. Tagaus, tagein begegnet man Menschen, die selbst kurze Wartezeiten dazu benützen, um E-Mails abzuarbeiten oder den Verlauf beruflicher Projekte zu verfolgen. Wer genau hinsieht kann beobachten, wo sich die Arbeit überall in die Freizeit hineindrängt: am Flughafen, in der Straßenbahn, am Badestrand. Selbst beim Joggen oder in der Theater-Pause muss man manchmal geschäftliche Gespräche mit anhören. Und jene Menschen, die sie führen, sind sozusagen „immer im Dienst“.
Dauereinsatz
Unter einer „Allzeit-bereit-Kultur“ kann sowohl die Qualität der Arbeit als auch die Gesundheit der ArbeitnehmerInnen leiden. „ArbeitnehmerInnen haben das Recht „Nein“ zu sagen, wenn berufliche Kontaktaufnahmen ganz offensichtlich außerhalb der Arbeitszeit stattfinden“, bekräftigt GPA-djp-Vorsitzender Wolfgang Katzian. Dies sollte zuallererst aus gesundheitlichen Gründen passieren. Denn Arbeitszeitstudien belegen, dass verlängerte Arbeitszeiten auch schwerwiegende gesundheitliche Auswirkungen, wie z. B. Rückenbeschwerden, Kopfschmerzen oder Schlafstörungen verursachen können.
Dauernde Erreichbarkeit laugt aus, sie ermüdet, schwächt und kann in letzter Konsequenz krank machen. „Wenn die Wochenendruhe regelmäßig unterbrochen wird, wenn es keinen Ausgleich für die geleistete Arbeitszeit gibt und die Grenze zwischen Arbeit und Privat immer mehr verschwimmt, so führt das auf die Dauer zu unerträglichem Arbeitsdruck“, präzisiert Katzian. Auch die sozialen Kontakte können leiden: Der dauernde Arbeitsstress wirkt sich negativ auf das Familienleben aus, manche Menschen reagieren sogar mit sozialem Rückzug.
Betriebsvereinbarungen
Der Gewerkschaftsvorsitzende fordert daher einmal mehr verbindliche und faire Betriebsvereinbarungen, in denen die Trennlinien zwischen Arbeit und Freizeit klar geregelt sind. So sollte festgelegt werden, dass die ArbeitnehmerInnen ihre mobilen Arbeitsgeräte nach der Arbeitszeit abschalten können. Auch eine maximale Abhörhäufigkeit der Mailbox kann zwischen Management und BelegschaftsvertreterInnen festgelegt werden.
Betriebsvereinbarungen sollen wichtige Grenzen der individuellen Erreichbarkeit festlegen: E-Mails werden am Wochenende nicht weitergeleitet, bei Krankheit und (Pflege-)Urlaub gibt es klare Vertretungsregelungen für die E-Mail-Kommunikation.
Grenzen setzen
Der Knackpunkt für Clara Fritsch ist die ständige Erreichbarkeit durch Handy und Smartphones. „Diese mobilen Arbeitsgeräte sind ganz wesentliche Treiber der Entgrenzung.“ Sie verleiten zum Mail checken, zum Schauen „was sich so tut“ und verhindern ein absolutes Abschalten. „Selbst im Urlaub sind viele ArbeitnehmerInnen mit den Gedanken immer wieder bei der Arbeit und können sich daher nie ganz von den beruflichen Entwicklungen lösen“, bedauert Fritsch. Außerdem darf man nicht vergessen, dass es für jene Arbeiten, die in der Freizeit geleistet werden, keine Bezahlung gibt.
„Am besten ist es, klare Regelungen für die berufliche Erreichbarkeit festzulegen und die Entlohnung von in der Freizeit geleisteter Arbeitszeit einzufordern“, rät Clara Fritsch. „Telefoniere ich in meiner Freizeit mit Kunden, dann ist das Arbeitszeit – und Arbeitszeit ist zu bezahlen.“ Auch die Verpflichtung über das Handy erreichbar zu sein, ist laut Oberstem Gerichtshof eine Form der Rufbereitschaft, die zu entlohnen ist.
Die beste Strategie, die Freizeit zu sichern und Arbeit auszusperren, ist, sich selbst klare Trennlinien zwischen Arbeitszeit und Freizeit zu schaffen. Dazu gehört, die Geräte auch mal abzudrehen und – falls es doch sein muss – sich die Bereitschaftszeiten und die Arbeitszeiten aufzuschreiben. Das hilft, um für die geleistete Arbeit dann auch eine Abgeltung einzufordern – entweder durch mehr Freizeit oder in Euro. Nicht umsonst sind Wochenendruhe, Bereitschaftsdienst, Urlaubsansprüche und andere Ruhezeiten gesetzlich geregelt.
Recht auf Ruhepausen
Arbeitszeitgesetz (AZG), Arbeitsruhegesetz (ARG)
- Der Arbeitstag ist grundsätzlich auf 8 Stunden begrenzt (§ 3 Abs. 1 AZG).
- Mit Zustimmung der ArbeitnehmerInnenvertretung (also im Kollektivvertrag oder in der Betriebsvereinbarung) kann die tägliche Arbeitszeit auf maximal 10 Stunden verlängert werden (§ 4 AZG).
- Zwischen den Arbeitstagen sind Ruhezeiten von 11 Stunden einzuhalten (§ 12 Abs. 1 AZG).
- • Den ArbeitnehmerInnen gebührt eine ununterbrochene Wochenruhe von mindestens 36 Stunden (§ 12 Abs. 3 AZG). Diese Wochenruhe muss einen ganzen Wochentag einschließen (§ 4 ARG).
- Recht auf bezahlten Urlaub Urlaubsgesetz (UrlG)
- Der Anspruch auf bezahlten Urlaub beträgt fünf Kalenderwochen pro Arbeitsjahr, das sind 25 Arbeitstage bei einer Fünf-Tage-Woche bzw. 30 Werktage.
- Für ArbeitnehmerInnen, die mehr als 25 Dienstjahre beim selben Arbeitgeber geleistet haben, erhöht sich dieser Anspruch auf 30 Arbeitstage bei einer Fünf-Tage-Woche bzw. auf 36 Werktage pro Arbeitsjahr.
- Der Urlaubsanspruch kann auch verjähren, wenn er nicht konsumiert wird – und zwar nach Ablauf von zwei Jahren ab dem Ende des Urlaubsjahres, in dem er entstanden ist.
Spezielle Regelungen
Einige Branchen und Kollektivverträge haben eigene Arbeitszeitregelungen, z. B. Spitäler, Erziehungswesen. Die GPA-djp informiert Sie, welche Arbeitszeitregelungen auf Sie persönlich zutreffen.
Was kann ich selber tun?
- Arbeitszeiten immer aufschreiben
- Abgeltung aller Arbeitszeiten in Euro bzw. Zeitausgleich vereinbaren
- Regelungen mit dem Dienstgeber treffen, wann Rufbereitschaft oder Reisezeit vorliegt
- Abgeltung von Heimarbeit, Rufbereitschaft und Reisezeit vereinbaren
- Keine Arbeit mit nach Hause nehmen
- Anfahrtswege zur Entspannung bzw. Regeneration nutzen
- Handy/Smartphone/Tablet im Urlaub und in der Freizeit abschalten
- Bei Krankheit nicht arbeiten
- Gefühl der Unerreichbarkeit genießen
- Bewusst Zeit nehmen für Familie, Freunde, Hobbys oder einfach für sich selbst
- Persönliche Grenzen der Erreichbarkeit setzen und diese unbedingt einhalten
Beratung
Die GPA-djp bietet Beratung und Tipps zum optimalen Umgang mit mobilen Arbeitsgeräten und flexiblen Arbeitszeitmodellen. Die Gewerkschaft unterstützt ArbeitnehmerInnen in Zweifelsfällen, wenn es darum geht, in der Freizeit geleistete und bisher unbezahlte Arbeit abzugelten oder Arbeitsruhe und Freizeitansprüche durchzusetzen. Service-Hotline 05 03 01-301