Die Reichen feiern auf unsere Kosten

Vermögen vermehrt sich rasant, während von einer Gehaltserhöhung kaum noch etwas übrig bleibt. (Bild: Nurith Wagner-Strauss)
Vermögen vermehrt sich rasant, während von einer Gehaltserhöhung kaum noch etwas übrig bleibt. (Bild: Nurith Wagner-Strauss)

Die Steuerlast in Österreich ist sehr ungleich verteilt: Wer mit Arbeit seinen Lebensunterhalt bestreitet, wird kräftig zur Kasse gebeten.

Den größten Beitrag zum Abgabenaufkommen leisten die ArbeitnehmerInnen in Form von Sozialversicherungsbeiträgen, Lohnsteuern und Verbrauchsteuern, hier vor allem der Umsatzsteuer. Wer Vermögen hat, wird kaum belastet. Das Steueraufkommen aus vermögensbezogenen Steuern betrug 2008 gerade einmal 1,33 Mrd. Euro, was lediglich 0,5 Prozent des BIP oder 1,3 Prozent der gesamten Steuereinnahmen entspricht. Damit erreicht die Vermögensbesteuerung nicht einmal ein Viertel des durchschnittlichen europäischen Niveaus. „Die Abgabenstruktur in Österreich gehört dringend reformiert“, fordert GPA-djp-Vorsitzender Wolfgang Katzian. Mit einer Vermögenssteuer könnten sinnvolle Projekte, wie etwa eine langfristige Sicherung des Pflegesystems, finanziert werden. Darüber hinaus könnte die Steuerbelastung der ArbeitnehmerInnen deutlich reduziert und so ein höheres Maß an Abgabengerechtigkeit erreicht werden. „Ein leicht verkraftbarer Beitrag für die Vermögenden wäre ein wertvoller Beitrag zu Stabilität und sozialem Frieden in unserem Land“, findet Katzian. Der gesamte ÖGB-Bundesvorstand fordert daher eine Steuerreform, die in die  derzeitige Struktur eingreift und die bei gleichbleibender Abgabenquote den Faktor Arbeit entlastet und Vermögende stärker in die Pflicht nimmt.

Für mehr Gerechtigkeit

Das ÖGB-Modell sieht eine progressive – also ansteigende – Vermögensbesteuerung vor, die alle Arten von privatem Vermögen und Stiftungen erfasst und durch einen hohen Freibetrag sicherstellt, dass nicht die Mittelschicht zur Kasse gebeten wird. Neben land- und forstwirtschaftlichem Besitz werden auch Grundvermögen, Gebäude, Beteiligungen an Unternehmen, Wertpapiere, Derivate, Spareinlagen, Bargeld und Fahrzeuge erfasst. Allerdings werden alle Schulden bzw. Kredite von der Bemessungsgrundlage zur Steuerberechnung abgezogen. Das verbleibende Vermögen wird in dem Modell ab einer Größenordnung von 700.000 Euro je Haushalt mit einem Steuersatz von 0,5 Prozent belegt. Vermögen zwischen zwei und drei Millionen Euro werden mit einem Prozent besteuert. Für Vermögensteile über drei Millionen Euro wird in dem Modell ein Steuersatz von 1,5 Prozent fällig. Das Steueraufkommen wird auf 2,5 bis 3 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt.

Keine Steuer für den Häuslbauer

Die geforderte Vermögenssteuer würde auf die tatsächlich großen Vermögensmassen zugreifen, eben auf Haushaltsvermögen ab 700.000 Euro. Vermögen unter diesem Grenzwert ist von der Steuer ausgenommen, um die breite Mittelschicht nicht zusätzlich zu belasten. Die „nicht vermögenden“ 90 Prozent der Gesellschaft wären also von der Steuer nicht betroffen. Selbst bei den oberen zehn Prozent ist das Vermögen so stark konzentriert, dass sich die Hauptlast der Steuer auf das oberste Prozent konzentrieren würde. Denn:  Das reichste Prozent der Bevölkerung hat ein Vermögen von durchschnittlich 5,4 Mio. Euro. Die reichsten zwei bis zehn Prozent haben ein Durchschnittsvermögen von 612.000 Euro. Diese liegen daher meist unter dem Freibetrag. „Die kleinen Häuslbauer brauchen keine weiteren Abgaben zu befürchten“, erklärt David Mum, Leiter der Grundlagenabteilung in der GPA-djp, das gewerkschaftliche Modell. Der/die durchschnittliche Immo-bilienbesitzerIn in Österreich hat ein mittleres Immobilienvermögen von knapp über 200.000 Euro und ist daher nicht steuerpflichtig. „Die großzügige Freibetragsregelung stellt sicher, dass ein durchschnittlicher Haushalt mit Eigentumswohnung oder Haus, Auto und einem Notgroschen am Sparbuch nicht geschröpft wird. Hausrat, also Einrichtungs-, Verbrauchs- und Gebrauchsgegenstände eines Haushaltes, ist nicht betroffen. Die Abgabe soll nur für wirklich große Vermögenswerte bezahlt werden“, so Mum.

Keine Schnüffelsteuer

„Die Vermögenssteuer ist nicht als ‚Schnüffelsteuer‘ angelegt“ räumt Mum mit Vorurteilen auf, die über die Abgabe gestreut wurden. Es wird nicht so sein, dass ein „Inspektor“ ins Haus kommt und Nachschau hält, ob und welche Vermögenswerte mann/frau im Haus hat. „In der Praxis wird es eine jährliche Veranlagungspflicht beim Finanzamt geben, der jeder/jede Steuerpflichtige nachzukommen hat, des-sen Vermögen den Freibetrag übersteigt“, erklärt Mum.

Auch Martin Bolkovac, Steuerpolitik-Experte in der GPA-djp, hält eine stärkere Besteuerung von Vermögen in Österreich für dringend erforderlich, damit die sich immer weiter vergrößernde Ungleichverteilung von Vermögen zumindest abgemildert wird. Die Zahlen sprechen für sich:
Die obersten zehn Prozent in der Vermögenspyramide besitzen 54 Prozent des privaten Geldvermögens, während die untere Hälfte nur acht Prozent besitzt. Das oberste halbe Prozent der Vermögenden besitzt sogar mehr als ein Drittel. Beim Immobilienbesitz vereinigen die oberen zehn Prozent gar 61 Prozent des Vermögens auf sich, während 40 Prozent der Bevölkerung überhaupt keine Immobilien besitzt.

Internationaler Vergleich

Die Gegner einer Vermögenssteuer argumentieren sehr gerne damit, dass eine klassische Vermögenssteuer international fast nirgends mehr zu finden sei. Nur Norwegen, die Schweiz, Frankreich und die USA heben noch eine solche Steuer ein. „Das ist zwar prinzipiell richtig, verschweigt aber die Tatsache, dass im Grunde alle Industriestaaten insgesamt eine deutlich höhere Besteuerung von Vermögen aufweisen, und zwar durch Grund- und Immobiliensteuern, Erbschaftssteuern und Finanztransaktionssteuern“, erklärt Bolkovac.

Es scheint dem Fachmann daher ein höchst legitimes Ziel zu sein, in Österreich zumindest den OECD-Durchschnitt an vermögensbezogener Besteuerung anzustreben, denn: „Vermögen und Kapital wird bei uns im internationalen Vergleich nur sehr gering belastet. Da die Wiedereinführung der Erbschaftssteuer alleine maximal 450 Mio. Euro jährlich bringen würde, müssen wir auch möglichst laut über andere vermögensbezogene Steuern diskutieren“.

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