Faktencheck: Arbeitszeit

Faktencheck Arbeitszeit
Faktencheck Arbeitszeit

Die Bundesregierung plant eine Reform des Arbeitszeitgesetzes inklusive 12-Stunden-Arbeitstag und 60-Stunden-Woche. Der KOMPETENZ Faktencheck stellt klar, wie flexibel Österreichs ArbeitnehmerInnen heute schon arbeiten dürfen und beantwortet die wichtigsten Fragen zu Arbeitszeitflexibilisierung, Überstunden und Mehrarbeit.

Welche Spielräume zur Flexibilisierung der Arbeitszeit bieten die geltenden Bestimmungen?

Das Zusammenspiel von gesetzlichen Regelungen und kollektivvertraglichen sowie betrieblichen Bestimmungen ermöglicht eine Fülle an Flexibilisierungsmodellen. Diese können sowohl unterschiedliche betriebliche Erfordernisse berücksichtigen als auch die Interessen von ArbeitnehmerInnen. Bandbreiten- und Durchrechnungsmodelle, Gleitzeit, Schichtarbeit, sind hier nur einige der vielen in der Praxis realisierten Beispiele.

Was sind die wichtigsten Regelungen zur Arbeitszeit?

Regelungen zur Arbeitszeit finden sich in unterschiedlichen Rechtsquellen. Die wichtigste ist das Arbeitszeitgesetz (AZG), in dem Arbeitszeitbegriff, Arbeitszeitausmaß, Arbeitszeithöchstgrenzen, Überstundenvergütung, Ruhezeiten, Ruhepausen, Aufzeichnungspflichten bis hin zu Strafbestimmungen geregelt werden. Regelungen zur Wochenend- und Feiertagsruhe sind im Arbeitsruhegesetz (ARG) enthalten. In Kollektivverträgen und in Betriebsvereinbarungen werden ausgehend von den im AZG festgelegten Grundlagen und Ermächtigungen spezielle und detaillierte Regelungen getroffen.

Für wen gilt das Arbeitszeitgesetz?

Das Arbeitszeitgesetz gilt grundsätzlich für alle ArbeitnehmerInnen, es gibt jedoch Ausnahmen für bestimmte Tätigkeitsgruppen. Nicht erfasst sind leitende Angestellte, die maßgebliche Führungsaufgaben selbstverantwortlich wahrnehmen.

Wie lässt sich Arbeitszeit definieren, und was ist unter Tages- und Wochenarbeitszeit zu verstehen?

Mit Arbeitszeit ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne Ruhepausen gemeint. Als Tagesarbeitszeit wird die Arbeitszeit innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraumes von 24 Stunden bezeichnet, und als Wochenarbeitszeit die Arbeitszeit innerhalb eines Zeitraumes von Montag bis einschließlich Sonntag.

Wie unterscheiden sich Vollzeit, Teilzeit und geringfügige Beschäftigung?

Vollzeitbeschäftigung umfasst das gesetzlich oder kollektivvertraglich geregelte Normalarbeitszeitausmaß. Bei Teilzeit ist die vereinbarte Wochenarbeitszeit niedriger als die gesetzliche oder kollektivvertragliche Normalarbeitszeit. Geringfügige Beschäftigung ist eine Form der Teilzeitarbeit, bei der das monatliche Einkommen die geltende Geringfügigkeitsgrenze nicht überschreitet (2018 beträgt diese 438,05 Euro monatlich).

Was ist mit Normalarbeitszeit gemeint?

Unter Normalarbeitszeit ist die regelmäßige Arbeitszeit ohne Überstunden zu verstehen. Die gesetzliche tägliche Normalarbeitszeit darf 8 Stunden, die wöchentliche Normalarbeitszeit darf 40 Stunden nicht überschreiten. Viele Kollektivverträge sehen eine kürzere Normalarbeitszeit, z. B. 38,5 Stunden, vor. Zur Erreichung einer längeren Freizeit (etwa Frühschluss am Freitag) kann die tägliche Normalarbeitszeit auf 9 Stunden ausgedehnt werden. Darüber hinaus können Kollektivvertrag oder Betriebsvereinbarung unter bestimmten Voraussetzungen eine Ausdehnung ermöglichen: auf 9 bzw. 10 Stunden z. B. bei 4-Tage-Woche, Gleitzeit, auf 12 Stunden z. B. bei Schichtarbeit und sogar auf 24 Stunden, wenn es sich überwiegend um Arbeitsbereitschaft handelt und bei Bestehen von besonderen Erholungsmöglichkeiten.

Wie lange darf überhaupt gearbeitet werden?

Normalarbeitszeit und Überstunden zusammen dürfen gewisse tägliche und wöchentliche Höchstgrenzen nicht überschreiten. Grundsätzlich darf täglich nicht mehr als 10 Stunden, wöchentlich nicht mehr als 50 Stunden gearbeitet werden. Auch wenn die Gesamtarbeitszeit in der einzelnen Woche 50 Stunden erreicht oder sogar übersteigt, darf die durchschnittliche wöchentliche Gesamtarbeitszeit innerhalb eines Durchrechnungszeitraumes von vier Monaten nicht über 48 Stunden liegen. Eine Reihe von Ausnahmen ermöglichen Abweichungen von diesen Grundregeln.

Wann spricht man von Mehrarbeit und wann von Überstunden?

Als Mehrarbeit wird jene Arbeit bezeichnet, die zwischen dem vereinbarten Normalarbeitszeitausmaß (z. B. 38,5 Wochenstunden) und dem gesetzlichen Normalarbeitszeitausmaß (im Regelfall 40 Wochenstunden) geleistet wird. Erst wenn über das gesetzliche Normalarbeitszeitausmaß hinaus gearbeitet wird, fallen Überstunden an. Bei Vollzeitbeschäftigten ist die geleistete Mehrarbeit zuschlagsfrei – sofern der Kollektivvertrag nichts anderes bestimmt. Von Überstunden spricht man, wenn mehr als die gesetzlich zulässige wöchentliche Normalarbeitszeit von 40 Stunden oder mehr als die tägliche Normalarbeitszeit von 8 Stunden gearbeitet wird – auch davon gibt es jedoch zahlreiche Ausnahmen. Bei einer Teilzeitbeschäftigung liegen Überstunden erst dann vor, wenn die Grenzen der Vollzeitarbeit überschritten werden – also die wöchentliche oder tägliche Normalarbeitszeit.

Wie sind Mehrarbeitsstunden und Überstunden abzugelten?

Für Mehrarbeitsstunden gebührt ein gesetzlicher Zuschlag von 25 Prozent, es sei denn, die Mehrstunden werden innerhalb eines Kalendervierteljahres, oder eines anderen festgelegten Zeitraumes von 3 Monaten durch Zeitausgleich ausgeglichen. Bei Gleitzeit besteht kein Anspruch auf Mehrarbeitszuschlag, wenn die vereinbarte Arbeitszeit innerhalb der Gleitzeitperiode im Durchschnitt nicht überschritten wird. Fallen im Rahmen einer Gleitzeitvereinbarung allerdings angeordnete Mehrstunden an, so sind diese wie angeordnete Überstunden zuschlagspflichtig. Für Überstundenarbeit steht grundsätzlich der Stundenlohn plus 50 Prozent Zuschlag zu. Kollektivverträge sehen häufig bessere Regelungen vor – z. B. einen erhöhten Stundenlohn oder höhere Zuschläge für Überstundenarbeit zu ungünstigen Zeiten.

Müssen Überstunden geleistet werden?

Zulässig ist die Anordnung von Überstunden nur, wenn ein erhöhter Arbeitsbedarf dies erforderlich macht, eine Verpflichtung zur Überstundenarbeit besteht und „berücksichtigungswürdige Interessen“ des/r ArbeitnehmerIn (z. B. Kinderbetreuung) der Überstundenarbeit nicht entgegenstehen. Die Leistung von Überstunden darf also im Rahmen der Arbeitszeitorganisation nicht „eingeplant“ sein.

Würde ein 12-Stunden-Tag, wie ihn die Bundesregierung nun vorsieht, mehr Flexibilität auch für ArbeitnehmerInnen bringen?

Wie sich zeigt, gibt es bereits eine Reihe von Möglichkeiten, die auch längere Tagesarbeitszeiten bis hin zum 12-Stunden-Tag ermöglichen. Die von der Bundesregierung in Aussicht gestellte Ausweitung der Höchstarbeitszeiten läuft darauf hinaus, dass Überstundenzuschläge künftig in großem Ausmaß wegfallen werden und sich die Unternehmen dadurch Geld sparen.  Für die ArbeitnehmerInnen bedeutet die Reform, dieselbe Arbeit (oder sogar mehr) für weniger Geld.

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