Island und Irland testen Arbeitszeitverkürzungen

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Die Erfahrungen zeigen: Kürzere Arbeitszeiten führen zu gesünderen und zufriedeneren Beschäftigten sowie höherer Produktivität.

Nach dem erfolgreichen isländischen Versuch, über vier Jahre die Arbeitszeit im öffentlichen Dienst zu verkürzen, hat auch die irische Regierung im Juni angekündigt, eine halbjährliche Testphase für die 4-Tage-Arbeitswoche durchführen zu wollen. Zahlreiche positive Erfahrungen aus verschiedensten Unternehmen und Ländern zeigen, dass Arbeitszeitverkürzungen die Beschäftigten gesünder, zufriedener und produktiver machen. Die Corona-Pandemie aber auch die Klimakrise machen deutlich, dass Modelle zur Verkürzung der Arbeitszeit in vielerlei Hinsicht notwendig sind.

Island: Weltweit größter Versuch zur Arbeitszeitverkürzung

Von 2015 bis 2019 haben die Stadtregierung von Reykjavik und die nationale isländische Regierung auf Druck von Gewerkschaften und zivilgesellschaftlichen Organisationen einen Versuch zur Arbeitszeitverkürzung im öffentlichen Dienst gestartet. 2500 Beschäftigte aus mehr als 100 Einrichtungen wie Krankenhäuser, Schulen, Kinderbetreuungs- und Pflegeinrichtungen oder der Stadtverwaltung von Reykjavik haben daran teilgenommen. Ihre durchschnittliche Arbeitszeit betrug 35 bis 36 Wochenstunden, anstatt der üblichen 40 Stunden. Bei vollem Lohnausgleich.

Beschäftigte gesünder, zufriedener und produktiver

Auf Basis der wissenschaftlichen Begleitung während des gesamten Versuches wurden die Ergebnisse zwei Jahre lang in einem ausführlichen Bericht analysiert und dargelegt. Daraus geht hervor, dass die Beschäftigten durch die Arbeitszeitverkürzung insgesamt zufriedener sind, weil sie mehr Zeit für Erholung, Familie, Freunde oder ihre Hobbies hatten. Das Wohlbefinden der Beschäftigten steigerte sich erheblich, wie eine Reihe von Indikatoren belegte, von empfundenem Stress und Erschöpfungszustand bis hin zur Gesundheit und Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben.

Wie schon die Ergebnisse anderer Arbeitszeitverkürzungen zeigen, verbesserte sich beim isländischen Versuch nicht nur die Qualität der Arbeit, sondern auch die Produktivität.

86 Prozent der Beschäftigten können nun von kürzeren Arbeitszeiten profitieren

Die Ergebnisse des Versuches wirken sich bereits auf die gesamte Arbeitswelt in Island aus. Mehrere Gewerkschaften haben in Folge Arbeitszeitverkürzungen ausverhandeln können. Für 86 Prozent der isländischen Beschäftigten sind die Arbeitszeiten dadurch bereits kürzer geworden bzw. haben sie zumindest die Möglichkeit erhalten, ihre Arbeitszeit zu verkürzen.

Irland: Halbjährliche Testphase für 4-Tage-Arbeitswoche

Die Organisation „Four Day Week“ in Irland wird von Gewerkschaften, WissenschaftlerInnen und Frauen- sowie Umweltorganisationen unterstützt. Ziel dieses Bündnisses ist es, lokale Behörden zu ermutigen, die 4-Tage-Woche auszuprobieren. Unterstützung für dieses Vorhaben gibt es nun auch von der irischen Regierung. Zur Überprüfung der Umsetzbarkeit einer generellen 4-Tage-Arbeitswoche startet Irland Anfang Jänner 2022 eine sechsmonatige Testphase und hat dafür eine Forschungsförderung von 150.000 zur Verfügung gestellt. Unternehmen, die sich an dem Pilotprojekt beteiligen, erhalten außerdem Schulungen, Unterstützung und Mentoring, um einen reibungslosen Übergang in die 4-Tage-Arbeitswoche zu ermöglichen.

Insbesondere die Auswirkungen von COVID-19 aber auch der fortschreitenden Digitalisierung auf den Arbeitsmarkt haben die irische Regierung veranlasst, Arbeitszeitmodelle zu überdenken und neu zu bewerten.

Verringerung der CO2-Emissionen und bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie

Die 4-Tage-Arbeitswoche würde laut der irischen Umweltministerin den Pendelverkehr reduzieren und dazu beitragen, CO2-Emissionen und die Luftverschmutzung insgesamt zu verringern. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf könnte durch den zusätzlichen freien Tag ebenfalls verbessert werden.

GPA-Modell für Österreich: „90 für 80“ – Freiwillige Arbeitszeitverkürzung

WIFO-Prognosen zufolge kommt jeder zweite Job, der in Österreich heuer durch die Corona-Krise verloren geht, nächstes Jahr nicht wieder zurück. Mit dem Modell „90 für 80“ hätten wir die Chance, die Arbeitslosigkeit bis inklusive 2021 abzufedern. Bei diesem Modell können Beschäftigte freiwillig die Arbeitszeit auf 80 Prozent reduzieren und erhalten dafür 90 Prozent ihres Gehaltes. Die Differenz wird vom AMS bezahlt. Voraussetzung dafür ist, dass für die freiwerdende Zeit jemand neu im Betrieb aufgenommen wird. Für je vier Personen, die sich für das Modell entscheiden, könnte also eine neue Vollzeitstelle geschaffen werden. Von diesem Modell würden auch die UnternehmerInnen durch die steigende Produktivität profitieren. Aus Statistiken wissen wir, dass 400.000 Beschäftigte in Österreich ihre Arbeitszeit gerne reduzieren würden. Wenn nur jede/R zehnte davon mitmachen würde, könnten wir dadurch 10.000 Jobs schaffen. Entscheidet sich ein Viertel für das Modell, wären es sogar 25.000 neue Arbeitsplätze.

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