Warum freiwillige Arbeitszeitverkürzung jetzt helfen kann

Das Modell „90 für 80“ schafft zusätzliche Beschäftigung bei gleichbleibendem Arbeitsvolumen: Wenn vier Personen ihre Arbeitszeit reduzieren. kann eine fünfte Person eingestellt werden.
Grafik: GPA-djp, Vera Erlachner

Infolge der Coronakrise stieg die Arbeitslosigkeit auf Rekordniveau. Auch im Juni waren 139.302 Personen bzw. 43 Prozent mehr Menschen arbeitslos bzw. in Schulung als vor einem Jahr. Die Regierung muss jetzt rasch handeln.

Auch eine Erholung am Arbeitsmarkt wird nicht dazu führen, dass die Arbeitslosigkeit auf Vorkrisenniveau zurückgeht. Ohne gezielte arbeitsmarktpolitische Instrumente ist eine rasche Rückkehr der Beschäftigung auf Vorkrisenniveau unmöglich.

Das WIFO geht aktuell (Juni 2020) davon aus, dass die Aktivbeschäftigung 2020 heuer um 85.500 Personen sinkt. 2021 wird ein Anstieg um 45.500 Personen erwartet. Das heißt: der Beschäftigungseinbruch von 2020 wird 2021 nur etwa zur Hälfte wieder wettgemacht. Das bedeutet für die Betroffenen massive Einkommenseinbußen und enormes Armutsrisiko. Bislang bekommen die Arbeitslosen lediglich eine Einmalzahljung von 450 Euro. Das ist der Situation in keinster Weise angemessen. Die Hauptbetroffenen der Krise bekommen von den jüngsten Hilfsmaßnahmen nicht einmal ein Prozent!!!

Es braucht jetzt attraktive Modelle, die rasch zu einem Beschäftigungszuwachs führen. Bei geringerem Arbeitsvolumen kann das nur über Verteilung der Arbeitszeit funktionieren. Und hier wollen wir mit einem geförderten Modell der freiwilligen Arbeitszeitverkürzung ansetzen. 

90 für 80 Modell

Viele Beschäftigte sind bei geringen finanziellen Einbußen dazu bereit, ihre Arbeitszeit zu reduzieren. Mit dem von uns vorgeschlagenen Modell „90 für 80“ kann zusätzliche Beschäftigung bei gleichbleibendem Arbeitsvolumen geschaffen werden. Das Modell beruht auf Freiwilligkeit und Anreizen und ist für die öffentliche Hand grosso modo aufkommensneutral. Es wird der bestehende Wunsch vieler Beschäftigter nach geringeren Arbeitszeiten für mehr Beschäftigung nutzbar gemacht. 

Eckpunkte: Reduktion der Arbeitszeit um 20 Prozent, bei einem Lohnausgleich in Höhe der Hälfte. Bei Reduktion von 20 Prozent, würde man somit 90 Prozent des bisherigen Entgelts erhalten. Voraussetzung ist eine Aufnahme einer zuvor arbeitslos gemeldeten Person, die im Ausmaß der Arbeitszeitreduktion beschäftigt wird. Im Ausmaß der Arbeitszeitreduktion müssen Arbeitskräfte neu aufgenommen werden. ArbeitgeberInnen gewähren einen Lohnausgleich und erhalten eine Förderung vom AMS.

Beschäftigungspotenzial

Bei der Mikrozensus-Arbeitskräfteerhebung 2018 der Statistik Austria haben 405.800 der Vollzeitbeschäftigten unselbstständig Erwerbstätigen angegeben, dass sie ihre wöchentliche Arbeitszeit gerne um mehr als 5 Stunden verkürzen würden.  Wenn ein Viertel dieser Personen dass Modell umsetzen würden, könnten 25.000 Menschen zusätzlich in Beschäftigung kommen!

Beispiel

Das Modell würde eine 4 Tagewoche (4 mal 8 Stunden) möglich machen. Wenn 4 Personen ihre Arbeitszeit um 8 Stunden in der Woche reduzieren, kann eine fünfte Person, die die fehlenden Arbeitsstunden dann erbringt, eingestellt werden.

Das Modell „90 für 80 ist aufkommensneutral, weil der Lohnausgleich für die Personen, die ihre Arbeitszeit verkürzen aufgewogen wird durch die Einsparungen beim Arbeitslosengeld.
Grafik: GPA-djp, Vera Erlachner

Beispiel – Lohnausgleich aufkommensneutral

Vier MitarbeiterInnen, die jetzt 40 Stunden arbeiten, reduzieren ihre Arbeitszeit auf 80 Prozent, also auf 32 Stunden. Dafür bekommen sie 90 Prozent Gehalt, die Differenz zahlt das AMS. Eingestellt wird eine bisher arbeitslose Person, ebenfalls mit 32 Stunden.

  • Auch gesamtwirtschaftlich rechnet sich das Modell: Vier Arbeitskräfte, die etwa 2.000 Euro brutto verdienen, verdienen nach der Verkürzung der Arbeitszeit noch 1.600 Euro brutto vom Arbeitgeber und bekommen 200 Euro vom AMS zugeschossen, haben also insgesamt 1.800 Euro.
  • Dem AMS kostet dieser Zuschuss im Jahr 11.200 Euro. (200 Euro Zuschuss mal 14 Zahlungen mal 4 Personen).
  • Eine arbeitslose Person, die zuvor 2.000 Euro verdient hat, kostet dem AMS im Jahr 11.760 Euro (monatliches Arbeitslosengeld 980 Euro mal 12 Zahlungen).
  • Die Lohnnebenkosten, die das AMS auch zahlt, reduzieren den Ausfall des Bundes in der Pensionsversicherung und entlasten die Krankenversicherung. Letztere ist durch die hohe Arbeitslosigkeit mit massiven Mindereinnahmen konfrontiert.  
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