„Ich setze mich für andere ein anstatt zu jammern.“

Foto: Nurith Wagner-Strauss

Stefan Devera vermag die Interessen seiner KollegInnen als Vorsitzender des Arbeiter-Betriebsrates und des Betriebsausschusses weit besser zu vertreten als zuvor, ohne offizielle Funktion – seine Stimme wird nun besser gehört. Die Gründung einer Belegschaftsvertretung in Krisenzeiten bringt aus seiner Sicht Vorteile sowohl für die MitarbeiterInnen als auch für die Geschäftsführung.

Andere zu vertreten war schon immer eine Leidenschaft von Stefan Devera, bereits während der Schulezeit hat er sich als Klassensprecher um die Anliegen seiner MitschülerInnen gekümmert. Seit sieben Jahren arbeitet der 38-Jährige bei der Online-Druckerei „druck.at“ im niederösterreichischen Leobersdorf. Ab dem dritten Jahr fungierte er als Vertrauensperson: „Ich habe mich von Beginn an gerne für meine MitarbeiterInnen eingesetzt.“

„Wir waren unsicher ob und wie es mit unserer Arbeit in der Krise weitergeht. Viele haben damit gerechnet, dass die dritte Arbeitsschicht gestrichen wird und Kündigungen ins Haus stehen. Es war Zeit, einen Betriebsrat zu gründen.“

Stefan Devera

Wichtig ist ihm auch eine gute Gesprächsbasis zur Geschäftsführung, Devera betont seinen „guten Draht zur Führungsetage: Während der Kurzarbeit ist im Betrieb einiges unrund gelaufen, die Abrechnung des Kurzarbeitsentgelts verlief anfangs holprig, die Forderungen nach einem Betriebsrat wurden immer lauter.“ Als Betriebsvertrauensperson sei er zwar angehört worden, die Umsetzung seiner Anliegen verlief aber schleppend. Die Belegschaft kämpfte mit organisatorischen Problemen, so funktionierte beispielsweise der Abruf der ArbeiterInnen seitens der Produktionsleitung nicht immer. Auch der Informationsfluss war schlecht. Für Devera führte die Summe dieser Probleme sowie viele weitere bestehende Ängste und Unsicherheiten zum ausschlaggebenden Punkt: „Wir waren unsicher ob und wie es mit unserer Arbeit in der Krise weitergeht. Viele haben damit gerechnet, dass die dritte Arbeitsschicht gestrichen wird und Kündigungen ins Haus stehen. Es war Zeit, einen Betriebsrat zu gründen.“

Reibungslose Gründung

Nach zahlreichen Vorgesprächen mit anderen KollegInnen, die zu Beginn noch ganz „still und heimlich“ abgehalten wurden, suchte Devera das Gespräch mit der Geschäftsführung und war erfolgreich: „Die Gründung des Betriebsrates Anfang April 2021 ist reibungslos über die Bühne gegangen.“

Installiert wurde eine Vertretung für Angestellte und eine für Arbeiter, insgesamt hat die Druckerei 251 Beschäftigte. Devera vertritt als nicht freigestellter Betriebsrat neben seiner täglichen Arbeit die Interessen der 119 Arbeiter in insgesamt drei Werkshallen, in denen rund 200.000 verschiedene Produkte in Digital-, Offset und Großformatdruck hergestellt werden.“

Kündigungen abgefedert

Fotos: Nurith Wagner-Strauss

In Folge der wirtschaftlichen Krise kam es vor dem Sommer tatsächlich zu Kündigungen. Als eine der ersten Aktivitäten in seiner Funktion als Betriebsrat hat Devera bei der Ausarbeitung eines Sozialplanes zur Abfederung der Kündigungen mitgearbeitet: „Ich kann mit beiden Seiten gut reden. Ich höre mir die Argumente der Geschäftsführung an und kann die Inhalte auch gut an meine KollegInnen weitergeben. Es geht immer um ein gegenseitiges Geben und Nehmen“ Dabei steht der junge Gewerkschafter stets in höchster Einsatzbereitschaft: „Wenn der Schuh drückt, kann jeder zu mir kommen, ich kümmere mich sofort um das Problem.“

„Jammern und Untätigbleiben ist nicht mein Ding. Ich setze mich massiv für meine KollegInnen ein.“

Stefan Devera

Halbe Sachen macht der 38-Jährige keine: „Jammern und Untätigbleiben ist nicht mein Ding. Ich setze mich massiv für meine KollegInnen ein.“ Die Anerkennung dafür hat der junge Betriebsrat bei der Wahl prompt eingefahren: Von 131 Wahlberechtigten gaben 96 ihm und seinem Team die Stimme. „Das war ziemlich gut, hat uns stolz gemacht und beflügelt.“

Insgesamt besteht die ArbeitnehmerInnenvertretung aus fünf BetriebsrätInnen für die Arbeiter und fünf für die Angestellten. Den Vorsitz im Betriebsausschuss führt Devera, er übernimmt damit auch Verantwortung für den gesamten Betrieb: „Auch bei den Angestellten gab es eine starke Verunsicherung. Wir BetriebsrätInnen haben Ruhe in den Arbeitsalltag gebracht.“

Löhne müssen endlich erhöht werden

An vorderster Stelle steht aktuell der Kampf um gerechtere Löhne: „Unser Kollektivvertrag hängt seit circa vier Jahren in der Luft. Die Gehaltserhöhung betrug über diesen langen Zeitraum gerechnet magere zwei Prozent.“ Im Gegenzug werde der Belegschaft immer mehr abverlangt: „Die Aufgabenbereiche und die Arbeit insgesamt werden seit Jahren immer mehr. Da müssen auch die Löhne endlich angepasst werden!“

Devera ist in Verhandlungen für einen betriebsinternen Kollektivvertrag: „Es gibt einen alten Kollektivvertrag, den möchten wir ein wenig umformulieren und ihn mit Betriebsvereinbarungen ergänzen.“ Wichtig dabei sei auch die Unterstützung durch die Gewerkschaft: „Regionalsekretär Werner Rochlitz unterstützt uns sehr. Es ist schon eine Monsteraufgabe die organisatorischen Abläufe zu ordnen, neu zu strukturieren und auch die Löhne an die Arbeitsbelastung anzupassen.“ Doch auch die Geschäftsführung ist höchst kooperativ und an positiven Änderungen interessiert: „Sie sind auf unserer Seite und sehen auch den Nutzen für die Führungsebene, wenn die Belegschaft wieder zufriedener ist.“

Funktion verleiht eine starke Stimme

Die neuen Aktivitäten haben viele Kollegen zu neuen Gewerkschaftsmitgliedern gemacht, Devera erwartet sich noch mehr Beitritte: „Gemeinsam kann unsere Stimme noch stärker werden.“ Die Wirkung des gewerkschaftlichen Zusammenschlusses sei spürbar. In seiner täglichen Arbeit als Belegschaftsvertreter habe sich durch die Funktion als Betriebsrat zwar nicht viel verändert, allerdings spürt er mehr Durchschlagskraft: „Die Arbeit ist die gleiche geblieben wie zuvor, aber jetzt werde ich wirklich angehört. Durch die Funktion habe ich eine stärkere Stimme bekommen.“ Das hilft ihm dabei, die Menschen besser vertreten zu können: „Zuvor wurden meine Anregungen oft in die Schublade gelegt – jetzt muss sich die Geschäftsführung damit auseinandersetzen.“

Zur Person

Stefan Devera lebt mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Eggendorf im Bezirk Wiener Neustadt. Seine Freizeit verbringt er am liebsten sportlich mit seinen Kindern auf dem Fußballplatz oder geht mit seiner Familie in Tierparks wandern.

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