Betriebsrat: Ein guter Schmäh ist wichtig!

Foto: Werner Jäger

Für die Menschen da zu sein, ist für Wien Energie-Betriebsrat Roland Boigner ein Ansporn – nebenbei ist er noch engagierter Lokal-Politiker.

„Die Abkürzung von Boigner Roland ist „BR“ wie bei Betriebsrat. Also bin ich dafür geboren“, sagt Roland Boigner grinsend. Er hat mit Menschen schon immer gerne gesprochen und ihnen geholfen. „Ich komme aus einfachen Verhältnissen aber wir haben immer alle zusammengehalten“ erzählt er. Der Niederösterreicher hat als Jugendlicher eine Lehre zum Elektro-Installateur in einem  Familienbetrieb absolviert, wechselte als Monteur zur damaligen HBW (Heizbetriebe Wien) und stieg zum Werkmeister auf. Vom Oberwerkmeister schaffte es Boigner zum Stützpunkt-Leiter – während seiner Karriere wandelte sich die HBW über mehrere Betriebsübergänge zur Wien Energie. Vor Jahren sind auch KollegInnen mit der Bitte an ihn heran getreten, ob Boigner denn nicht für die Betriebsrat-Liste kandidieren würde. Mittlerweile ist der 53-Jährige länger als vier Perioden als Betriebsratsvorsitzender im Amt. „In dieser Zeit hat es mich stolz gemacht, dass ich in dem Unternehmen einen Sozialplan ausgehandelt habe, wo keiner schlecht ausgestiegen ist“, erklärt Roland Boigner.

Neue Herausforderung

Nun befindet sich der Betriebsratsvorsitzende mitten in einem Kollektiv-Vertrags-Wechsel. „Teile der Belegschaft wechseln derzeit vom Gas-Wärme-Kollektiv-Vertrag in den Stadtwerke-Kollektiv-Vertrag.“ Das Unternehmen arbeitet an seiner Zukunft und investiert in Neue Technologien. „Dementsprechend muss auch die Firma umorganisiert werden“, erklärt Boigner. Auch der aktuelle Kollektivvertrags-Wechsel soll niemanden benachteiligen: „keiner soll etwas verlieren und jeder ein bisschen mehr bekommen“. Was harmonisch klingt, entpuppt sich freilich als beinharte Arbeit. Viele Stunden in denen verhandelt und nachgerechnet wird, stecken dahinter.  

„Keiner soll etwas verlieren und jeder ein bisschen mehr bekommen.“

Roland Boigner

Dabei leistet GPA-Regionalsekretär Robert Könitzer wertvolle Dienste.  „Er ist ein hervorragender Gewerkschaftssekretär“, lobt Boigner. „Könitzer hat uns gemeinsam mit der Rechtsabteilung der GPA beraten und sich die rahmenrechtlichen Dinge im Detail angeschaut.“  Die GPA bot auch an die Belegschaft im Betrieb zu beraten. „Dieses Engagement der KollegInnen ist nicht selbstverständlich“, ergänzt der Betriebsratsvorsitzende, der seit rund 30 Jahren GPA-Mitglied ist und schon einige  Funktionen ausgeübt hat. „Die GPA ist schon eine Super-Gewerkschaft.“

Wein und Wasser

Das Verhandeln hat er im Blut, seine Funktionen haben für das Training gesorgt. „Ich setze mich seit jeher für vernünftige Lösungen ein und kann Vertrauen aufbauen“, sagt Boigner. „Als gelernter Niederösterreicher weiß ich, bei einem Achterl Wein erfahre ich mehr als bei einem Kübel Wasser.“ Boigner kann sich an keinen Tag erinnern, an dem er als Betriebsratsvorsitzender nicht gerne in die Arbeit gegangen ist. Er schätzt die Gesellschaft und freilich den persönlichen Kontakt. Außer während der COVID-19-Zeiten, hat Roland Boigner zumindest einmal pro Jahr jede Abteilung besucht und Abteilungsbesprechungen abgehalten. „Ich erzähle, was es Neues im Unternehmen gibt und freue mich, wenn mich die KollegInnen wissen lassen, wo es Probleme gibt oder auch, was gut funktioniert.“

Hast du schon einmal überlegt selbst einen Betriebsrat zu gründen?

Wenn es bei dir im Betrieb mindestens 5 Beschäftigte gibt, kann eine Betriebsratswahl stattfinden. Dein Chef/deine Chefin, darf die Wahl nicht behindern. Als Betriebsrätin/Betriebsrat hast du einen besonderen Kündigungsschutz und du kannst einen Teil deiner Arbeitszeit für die Betriebsratstätigkeit verwenden. Wir unterstützen und begleiten dich und deine KollegInnen bei der Durchführung der Betriebsratswahl.
Du möchtest mit uns darüber reden? Dann wende dich an unsere Beratung in deinem Bundesland. Alle Kontakte findest du hier: https://www.gpa.at/kontakt

Die vergangene BR-Wahl hat dem Unternehmen sechs Betriebsrats-Mitglieder unter 30 Jahren beschert. Etwas, worauf Boigner stolz ist. „Unsere bunte Mischung macht das Team aus und wir entscheiden gerne gemeinsam“, freut sich der Betriebsratsvorsitzende. „Ich sehe mich vor allem als Sprecher meiner Gruppe.“ Das Miteinander Reden ist auch in der Firma wichtig. Die ArbeitnehmerInnen bei Wien Energie sollen sich untereinander austauschen, das fördert der Betriebsrat mit Ausflügen, Skifahren, dem Sommerfest und einem gemeinsamen Clubbing. „Wenn sich die Leute besser kennen, dann funktioniert auch die Zusammenarbeit besser.“ Betriebsratsvorsitzender Boigner ist auch am Wochenende erreichbar – gerade im vergangenen Jahr war das sehr wichtig.

„Wenn sich die Leute besser kennen, dann funktioniert auch die Zusammenarbeit besser.“

Roland Boigner

„Wenn in der ZiB 2 gesagt wird, dass sich die Wien Energie verspekuliert hat und Du bist dann für den Vorstand oder Geschäftsführer nicht erreichbar, wäre das nicht so gut.“ Auch unter der Woche gibt’s häufig zu tun: Nach einem 12- bis 14-Stunden-Tag besucht Roland Boigner oft noch Veranstaltungen. „Aber als Betriebsrat kann ich mir die Arbeit gut einteilen“.

Heißes Thema Energie

Dass Energie weiterhin im allgemeinen Themenfokus stehen wird, bestimmt auch für Roland Boigner das Arbeitsleben. Seit dem Krieg in der Ukraine und den explodierenden Energiepreisen sind die Anfragen der KundInnen nach Hilfe so hoch wie nie. Als Vorsitzender des Betriebsrats sitzt Boigner im Aufsichtsrat der Wien Energie, daneben ist er auch im Umwelt – und Energie Ausschuss der AK Wien engagiert. „Da bekomme ich mit wie viele Menschen die Energie-Rechnungen nicht mehr bezahlen können.“

In  diesem Spannungsfeld muss er sich sicher bewegen. Einerseits sind die Energiepreise auch für das Unternehmen teurer geworden, andererseits gibt es immer mehr Menschen, die sich Strom, Gas und Fernwärme nicht mehr leisten können. Im Kundendienst-Zentrum dehnt sich die Schlange der wartenden KundInnen, die um einen Aufschub bitten, bis auf die Straße hin aus.

„Die Teuerungen haben wirklich die Mittelschicht erreicht”

Roland Boigner

„Die Teuerungen haben wirklich die Mittelschicht erreicht”, ist sich Boigner sicher. Bei der Wien Energie wurde die Anzahl der KundenbetreuerInnen  aufgestockt, auch ein Informations-Stand des Fonds Soziales Wien (FSW) wurde im Kundenzentrum aufgebaut. Derzeit sind die dort stationierten FSW-MitarbeiterInnen hauptsächlich mit dem Thema Schulden konfrontiert. Dem Betriebsratsvorsitzenden ist es wichtig, „auch soziale Verantwortung zu übernehmen“, aber Boigner betont auch, dass Wien Energie das teure Gut nicht verschenken könne.

Mit Schmäh nahe der Burg

Selbst zur Freizeit muss Boigner gut Verhandeln. In seiner Heimatgemeinde Leobendorf ist Roland Boigner geschäftsführender Gemeinderat. „Ich bin zwar in  Kleinkadolz aufgewachsen, doch beim pendeln von Wien nach Hause, bin ich immer durch Leobendorf  gefahren und habe mir gedacht: Da möchte ich einmal leben.“ Nahe der Burg Kreuzenstein wohnt er nun auch schon 28 Jahre lang. Obwohl Boigner eigentlich ein „Zuagraster“ ist, hat er es zum politischen Amt gebracht, arbeitet schon in zweiter Periode als geschäftsführender Gemeinderat und Fraktionsvorsitzender der SPÖ. „Wenn Du ein offener Mensch bist und gerne mit den Leuten redest, bei Veranstaltungen und den Sportvereinen mitmachst, dann bist du sehr schnell integriert“, weiß der Betriebsratsvorsitzende. Leobendorf sei bekannt dafür, dass jemand mit Engagement schnell aufgenommen wird. Boigner: „Ich möchte, dass wir junges leistbares Wohnen ermöglichen – das ist mein großes Ziel für Leobendorf.“ Wie viel ein guter Schmäh bringt, beziffert Roland Boigner so: „Fünfzig  Prozent von dem, was ich erreicht habe, hat die gute Stimmung ausgemacht, mit der man beim Verhandeln oft weiter kommt.“ Im Ort ist er gerade dabei, ein junges Team aufzubauen und junge Leute allgemein für die Politik zu begeistern.

Auch Zuhause ist viel los. In zweiter Ehe lebt Boigner seit vier Jahren in einer Patchwork-Familie mit sechs Kindern, die allerdings schon zwischen 21 und 30 Jahre alt sind. „Es sind drei Mädchen und drei Burschen, die einen sind noch die Party-Generation und die anderen bereits Häuslbauer“, erzählt Boigner über seine Kinder. „Das sind selber fast zwei Generationen und es macht viel Spaß mit ihnen.“ Was dem Betriebsratsvorsitzenden und Politiker nebenbei noch an Zeit bleibt, investiert er u.a. viermal pro Woche ins Fitness-Center und den Familienhund Husky Anouk.

„Ich bin jetzt sehr glücklich verheiratet – wir gehen gemeinsam trainieren, tanzen und schauen uns die Welt an“, wirkt Boigner verliebt. Einen Plan für die Zukunft gibt es auch: gemeinsam mit seiner Frau will er eine Osteria eröffnen.

Und eine heimliche Leidenschaft hat er noch: Es ist ein Musiker mit gleichem Vornamen. Er ist großer Roland-Kaiser-Fan! Wo Roland Boigner den 1. Juli verbringen wird, ist bereits fixiert: an der Wörthersee-Ostbucht in Klagenfurt beim Roland-Kaiser-Openair!

Das könnte dich auch interessieren:

  • Margit Luxner ist Betriebsratsvorsitzende im Altenwohnheim im Altenwohnheim in Kitzbühel und hat für die Beschäftigten eine bessere Anrechnung der Vordienstzeiten erkämpft.
  • In der Pflege fehlt es überall am Personal und am Nachwuchs, die Situation ist nach wie vor extrem angespannt. Sabine Maier und Markus Prantl, beide BetriebsrätInnen in Pflegeeinrichtungen, kritisieren den akuten Personalmangel und fordern von der Politik tiefgreifende Verbesserungen.
  • Mehr über die Rechte und Pflichten eines Betriebsrats verrät dir unsere Rechtsexpertin Andrea Komar.

Scroll to top