Was gilt bei Insolvenz?

Wir beantworten die wichtigsten Fragen rund um das Thema Insolvenz.

Oliver P. meldet sich sehr aufgeregt in der telefonischen Rechtsberatung der GPA. „Mein Chef hat mich gerade angerufen und mir mitgeteilt, dass er Insolvenz anmeldet. Ich habe drei kleine Kinder. Bekomme ich jetzt kein Geld mehr?“, möchte der völlig aufgelöste Oliver P. wissen.

Lohn- und Gehaltsforderungen

„Bitte machen Sie sich keine Sorgen“, sagt der GPA-Rechtsberater. Die Insolvenz hat zunächst keine unmittelbaren Auswirkungen auf Ihr Arbeitsverhältnis. Der Insolvenzentgeltfonds stellt sicher, dass die Gehälter der Beschäftigten gedeckt werden. Die Lohn- und Gehaltsforderungen sind gesichert, müssen aber extra beantragt werden. Das Geld kommt nicht vom bisherigen Arbeitgeber, sondern von einer öffentlichen Stelle. Bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche unterstützt Sie der Insolvenzschutzverband für Arbeitnehmer:innen (ISA). Ziel ist es, dass eine möglichst rasche Auszahlung der Löhne und Gehälter sichergestellt wird. Die GPA unterstützt Sie dabei gerne. „Also endet mein Arbeitsverhältnis nicht automatisch mit der Insolvenz?“, möchte der erleichterte Oliver P. wissen. „Nein, es wird nicht automatisch beendet. Ganz wichtig ist, dass Sie weiterhin wie gewohnt an Ihrem Arbeitsplatz erscheinen“, antwortet ihm der GPA-Rechtsberater.

Darf ich vereinbarten Urlaub konsumieren?

„Aber wie sieht es mit vereinbartem Urlaub aus?“, möchte sich Oliver P. vergewissern. „Wenn Sie bereits Urlaub vereinbart haben, dürfen Sie diesen auch konsumieren. Wenn Sie erst jetzt Urlaub nehmen möchten, müssen Sie diesen nun mit dem Masseverwalter ausmachen“, erklärt ihm der GPA-Rechtsberater.

Arbeitgeber:innenwechsel

„Darf ich meinen Arbeitgeber während der Insolvenz wechseln?“, möchte Marina W. wissen. „Das müssen wir im Detail prüfen. Wenn Sie Ihren Arbeitgeber jetzt wechseln wollen, ist es ganz wichtig, dass Sie sich davor in der persönlichen Rechtsberatung der GPA beraten lassen. Das ist entscheidend, weil im Insolvenzfall besondere Bestimmungen gelten, wenn Sie aus dem Unternehmen austreten. Ganz wichtig ist auch: Unterschreiben Sie bitte keine einvernehmliche Auflösung Ihres Dienstverhältnisses, bevor Sie sich in der persönlichen Rechtsberatung der GPA beraten haben lassen“, antwortet der umsichtige GPA-Rechtsberater.

Schadenersatz bei Insolvenz?

Weiters möchte Marina W. erfahren, ob ihr bei Insolvenz des Arbeitgebers Schadensersatz zusteht. „Im Fall der vorzeitigen Beendigung durch den Arbeitgeber bzw. Insolvenzverwalter, als auch im Fall eines vorzeitigen berechtigten Austritts Ihrerseits, steht Ihnen eine Kündigungsentschädigung zu. Die Höhe richtet sich nach dem Vermögensschaden, der aufgrund der vorzeitigen Kündigung entstanden ist. Diese Kündigungsentschädigung ist als Insolvenzforderung geltend zu machen“, erklärt ihr der GPA-Rechtsberater.

„Was passiert bei Unternehmensschließung?“, möchte Marina W. abschließend erfragen. „Bei Schließung wird das Unternehmen mit einem Beschluss des Gerichtes geschlossen, dann kann der Insolvenzverwalter (Masseverwalter) innerhalb eines Monats eine Kündigung („Kündigung nach § 25 IO“) aussprechen. Bei dieser insolvenzspezifischen Kündigung muss der Insolvenzverwalter nur die gesetzliche bzw kollektivvertragliche Kündigungsfrist einhalten. Das Arbeitsverhältnis endet also nach Ablauf der Frist. Für den Zeitraum bis zum richtigen Kündigungstermin gebührt eine Kündigungsentschädigung. Auch Sie können innerhalb dieser Monatsfrist das Arbeitsverhältnis durch berechtigten vorzeitigen Austritt nach § 25 IO beenden.“

„Sofern nur die Schließung eines Betriebsteiles oder eines Unternehmensbereiches (Teilschließung) angeordnet wurde, bezieht sich das außerordentliche Kündigungs- bzw Austrittsrecht nur auf die in diesem Bereich beschäftigten Arbeitnehmer:innen. Die Ansprüche aus der (vorzeitigen) Beendigung des Arbeitsverhältnisses wie z.B. Kündigungsentschädigung, Urlaubsersatzleistung, Abfertigung etc. bleiben in beiden Fällen erhalten und sind durch den Insolvenz-Entgelt-Fonds gesichert“, beruhigt sie der GPA-Rechtsberater.

Begünstigte Auflösung des Arbeitsverhältnisses bei Insolvenz

Lukas M. erklärt der GPA-Rechtsberaterin, dass sein Arbeitgeber Insolvenz angemeldet hat, kein Gehalt mehr zahlt und er bereits einen neuen Arbeitgeber gefunden hätte. Er möchte daher wissen, ob er sein bestehendes Dienstverhältnis begünstigt auflösend darf. „Nach einer Insolvenzeröffnung bestehen neben den arbeitsrechtlichen Auflösungsmöglichkeiten wie Kündigung, Entlassung, Austritt oder einvernehmliche Auflösung zusätzlich insolvenzspezifische Beendigungsarten des Arbeitsverhältnisses. Die Möglichkeit einer begünstigten Auflösung besteht für Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen.
„So können Arbeitnehmer:innen etwa bei säumigen Entgeltzahlungen vorzeitig aus dem Unternehmen austreten. Dies ermöglicht eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit sofortiger Wirkung, ohne Einhaltung von Kündigungsfristen und -terminen“ erklärt ihm die GPA-Rechtsberaterin.

Dabei ist jedoch Vorsicht geboten: „Ein Gehaltsrückstand, der vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden ist, berechtigt nicht zum vorzeitigen Austritt. Lediglich eine Nichtzahlung oder Reduzierung des Entgelts während des Insolvenzverfahrens berechtigt dazu“, fügt die GPA-Rechtsberaterin hinzu.

Fortführung

Petra A. ruft wutentbrannt in der telefonischen Rechtsberatung der GPA an und schildert, dass sie trotz Fortführung des Unternehmens gekündigt wurde. „Darf das sein?“ „Das kommt darauf an. Wird in der Berichtstagsatzung die Fortführung des Unternehmens beschlossen, dann kann der Insolvenzverwalter innerhalb eines Monats ab dieser Berichtstagsatzung Arbeitnehmer:innen in einzuschränkenden Bereichen „nach § 25 IO“ kündigen. Seit dem Insolvenzrechtsänderungsgesetz (IRÄG) 2010 haben gekündigte Arbeitnehmer:innen dann auch ein Austrittsrecht nach § 25 IO“, erklärt ihr die GPA-Rechtsberaterin.

Das müssen Beschäftigte wissen, wenn ihr Unternehmen insolvent wird

Die Firmenleitung ist verpflichtet, die Beschäftigten über die Insolvenz zu informieren. Arbeitgeber:innen müssen Auskunft darüber geben, wie es mit dem Unternehmen weitergeht und welche Auswirkungen das auf die Beschäftigten hat. Im Insolvenzverfahren werden die Forderungen der Gläubiger geprüft und eine mögliche Verteilung des Vermögens festgelegt. Achtung: Insolvenz bedeutet nicht automatisch die Liquidierung des Unternehmens, sondern kann auch dessen Fortführung bedeuten. Mein Rat: Man sollte im Falle einer Insolvenz keine Dokumente unterschreiben, ohne mit der GPA oder seinem Betriebsrat gesprochen zu haben!

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