Gleichstellung beginnt bei der Arbeitsteilung und endet am Gehaltszettel

Foto: Lisa Lux

GPA-Wien Frauenvorsitzende Elisabeth Kubicek wünscht sich anlässlich des Equal Pay Day in Wien, eine größere Zahl weiblicher Führungskräfte und bessere soziale Kompetenzen für Männer. Der Abbau von Stereotypen, die Ungleichheiten erzeugen, müsse bereits im Kleinkindalter beginnen.

Mit 31. Oktober haben Männer in Österreich im Durchschnitt bereits jenen Verdienst erreicht, für den Frauen noch bis Jahresende arbeiten müssen. In Wien fällt der Equal Pay Day erst auf den 21. November.

Obwohl die Einkommensunterschiede zwischen weiblichen und männlichen Beschäftigten in der Bundeshauptstadt weniger krass ausfallen als im restlichen Land, sieht die Vorsitzende der Wiener GPA-Frauen, Elisabeth Kubicek dringenden Handlungsbedarf: „Der Einkommensnachteil weiblicher Beschäftigter ist leider immer noch beachtlich: In Wien liegt er mit 11 Prozent österreichweit am niedrigsten, der bundesweite Durchschnitt beträgt 16,9 Prozent.“ Dass Frauen in Wien besser bezahlt sind als im restlichen Land könnte teilweise auch daran liegen, dass hier „mehr Frauen im öffentlichen Dienst beschäftigt sind – dort ist die Einkommensgleichheit zwischen den Geschlechtern verwirklicht.“

Teilzeitarbeit drückt die Gehälter

Ein zentraler Grund für das Ungleichgewicht bei der Bezahlung ist laut Kubicek, die „hohe Teilzeitquote von Frauen: Die Aufteilung der unbezahlten Care-Arbeit ist nach wie vor unausgewogen verteilt. Selbst gut ausgebildete und grundsätzlich emanzipierte Frauen übernehmen abseits der bezahlten Arbeit zuhause den Hauptteil der Versorgungstätigkeiten wie Kindererziehung, Pflegedienste und Haushaltsführung.“

Um diese Schieflage zu verändern bräuchte es laut Kubicek ein flächendeckendes Angebot an hochwertiger Kinderbildung: „Das sind verlässliche Bildungseinrichtungen, in denen arbeitende Eltern ihre betreuungsbedürftigen Kinder gut aufgehoben wissen.“ Dies funktioniere in der Hauptstadt sehr gut: „Die Wiener Kinder-Betreuungseinrichtungen verstehen sich als Bildungsinstitutionen und bieten neben einer kostenlosen warmen Mittagsmahlzeit attraktive Öffnungszeiten bis 17 Uhr an. Am Land, wo die Kinder oft bereits zu Mittag abgeholt werden müssen, tun sich viele Frauen schwer, eine Vollzeitbeschäftigung auszuüben.“ Der Betriebsrätin geht es dabei auch „um Chancengleichheit: Für Frauen muss es selbstverständlich möglich sein, Beruf und Familie gut vereinen zu können.“

„Selbst gut ausgebildete und grundsätzlich emanzipierte Frauen übernehmen abseits der bezahlten Arbeit zuhause den Hauptteil der Versorgungstätigkeiten wie Kindererziehung, Pflegedienste und Haushaltsführung.“

Elisabeth Kubicek

Wichtig seien auch zusätzliche Anreize für Männer, nach der Geburt eines Kindes in Karenz zu gehen: „Wenn Männer und Frauen gleich viel verdienen, dann würden Väter häufiger in Karenz gehen. Ich erlebe tagtäglich, wie wichtig es ist, dass die Väter die Gelegenheit bekommen, an der Versorgungsarbeit teilzunehmen. Viele bauen dadurch eine engere Bindung zu ihren Kindern auf und entwickeln wichtige soziale Kompetenzen, die auch im Berufsleben zu einer gemeinschaftlicheren Unternehmenskultur beitragen.“

Einkommen und Versorgungsarbeit gerecht aufteilen

Eine angemessene Einkommensverteilung zwischen den Geschlechtern ist für Kubicek eine Frage der Verteilungsgerechtigkeit, die sich auch in der Zeitverwendung, den Karrierechancen und der Vermögensverteilung niederschlägt: „Die Einkommensunterschiede im Erwerbsleben prolongieren die Ungleichverteilungen im Alter. Die Pensionen von Teilzeitbeschäftigten können den Lebensstandard im Alter kaum sichern. Diese Zustände produzieren eine zunehmende Altersarmut bei Frauen.“

Der Equal Pay Day ist für Kubicek „jener Tag, ab dem Frauen statistisch gesehen bis zum Ende des Kalenderjahres gratis arbeiten. Obwohl die Situation für Wienerinnen vergleichsweise besser ist, liegt der Einkommensunterschied zwischen Männern und Frauen weiterhin viel zu hoch: Wir haben schon viel erreicht, seit die Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Arbeitsleben 1979 per Gesetz geregelt wurde. An den bestehenden Unterschieden gilt es zu arbeiten.“

Stereotype verstärken die Ungleichheit

Kubicek kritisiert, dass es zwar „per Gesetz verboten ist, Frauen bei der Entlohnung zu diskriminieren, doch bestehende Strukturen der Ungleichheit vielfach dazu führen, dass das Gehalt weiblicher Beschäftigter niedriger ist als jenes der männlichen Kollegen: Zum einen werden frauendominierte Berufe meist niedriger entlohnt und zum anderen ist der Unterschied zwischen einem durchschnittlichen Gehalt für Mitarbeiter:innen und jenen der Management-Ebene oft sehr groß.“ Leider sehe sie immer wieder Fälle, in denen „Frauen für gleichwertige Arbeit nicht denselben Lohn bekommen wie ihre männlichen Kollegen: Hier braucht es mehr Transparenz, dafür kämpfen wir Betriebsrät:innen in den Firmen tagein und tagaus.“

„Mädels sollten lernen mit Hammer und Säge umzugehen, Burschen müssten lernen, was im Puppenhaus alles funktionieren muss.“

Elisabeth Kubicek

Besonders ärgert sich die Gewerkschafterin über „bestehende Stereotype, die sich in horizontaler und vertikaler Segregation, also Trennungen, manifestieren: Es gibt immer noch Branchen, in denen jeweils Frauen oder Männer dominieren. In den Führungsetagen sind Frauen aber im Gegenzug immer noch nicht gleichwertig vertreten.“

Gläserne Decke für weibliche Führungskräfte

Aus dem jüngsten Frauen Management Report der Arbeiterkammer geht hervor, dass es in Österreich kein einziges Unternehmen gibt, in dem das Management ausschließlich von Frauen besetzt ist: „Vielmehr haben wir die skurrile Situation, dass es mehr Männer mit den Vornamen ´Peter` und ´Andreas` im Vorstand gibt, als Frauen insgesamt.“ Um dies zu ändern müssten Mädchen laut Kubicek „bereits im Kindergartenalter für technische Zusammenhänge interessiert und begeistert werden und umgekehrt die sozialen Kompetenzen der Buben gestärkt werden: Mädels sollten lernen mit Hammer und Säge umzugehen, Burschen müssten lernen, was im Puppenhaus alles funktionieren muss.“ Eine Trendwende könnte laut Kubicek gelingen, wenn „mehr Männer in sozialen Berufen arbeiten: Dann würde sich in diesen Branchen das Lohnniveau spürbar erhöhen.“

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