AMS-Vorstand Johannes Kopf im Porträt: über Beschäftigungsanreize und das Glücksgefühl, einem Arbeitssuchenden den passenden Job zu vermitteln.
Die Mühen der vergeblichen Jobsuche kennt Johannes Kopf, seit Juli 2006 gemeinsam mit Herbert Buchinger Vorstand des Arbeitsmarkt Service Österreich (AMS), aus eigener Erfahrung. Während seines Gerichtsjahres verschickte der Jurist rund 60 Bewerbungsschreiben für seinen Berufswunsch: Assistent der Geschäftsführung. In vielen anstrengenden Gesprächen musste er sich und seine Fähigkeiten präsentieren, erreichte manchmal die „zweite Runde“ und erhielt am Ende doch eine Absage. Doch dann passte alles zusammen: Obwohl sich Kopf bei einem Personalberater um einen ganz anderen Job beworben hatte, wurde er von der Industriellenvereinigung zu einem Gespräch eingeladen. Wolfgang Tritremmel, Leiter der Abteilung für Sozialpolitik höchstpersönlich umriss ein spannendes Tätigkeitsfeld. Kopf war in einer ungewohnten Situation: Nicht seine Kompetenzen wurden abgefragt, sondern ihm wurde „mit Begeisterung und glänzenden Augen“ ein Fachbereich umrissen, der den jungen Juristen sofort faszinierte. „Damals wusste ich noch recht wenig über Arbeitsmarktpolitik, aber ich war sofort von der Sozialpolitik >infiziert<“, gesteht er rückblickend.
Austausch ist wichtig
In den darauffolgenden vier Jahren als Referent für Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik wurde Kopf gefordert und gefördert: „Ich wurde von Beginn an um meine Einschätzung zu höchst komplexen Sachverhalten gebeten.“ Dieses Zugehen auf die Menschen, die Offenheit und das Interesse für die Meinung anderer hat ihn beeindruckt und ist dem heute 42-Jährigen auch in seiner jetzigen Rolle als Führungskraft ein wichtiger Wert geblieben. Kopf sucht den Kontakt und Austausch mit seinen MitarbeiterInnen. Nach seinem Antritt hat er allen 104 regionalen Geschäftsstellen des AMS in
Österreich einen Besuch abgestattet. Über zwei Jahre hinweg wurde ein Tag pro Woche für diese Visiten reserviert. „Manchmal hat mein Büro gestöhnt, doch ich wollte so viele KollegInnen wie möglich persönlich kennenlernen und mich mit ihnen austauschen.“ Um auch mit den neuen BeraterInnen des AMS in Kontakt zu kommen, besucht Kopf in regelmäßigen Abständen die Ausbildungsakademie in Linz. Insgesamt beschäftigt das AMS rund 6.000 Personen. Für Kopf sind sie die wichtigste Ressource des Unternehmens, das Symbol einer wertschätzenden Unternehmenskultur, die von den BeraterInnen dann nach außen weitergetragen werden soll. Vor seinem Job im AMS war Kopf drei Jahre lang als Arbeitsmarktexperte im Kabinett von Wirtschaftsund Arbeitsminister Bartenstein tätig. Doch er will die Themen lieber selbst gestalten, als andere zu beraten. Und diese Spielräume hat er nun. Als operativer Geschäftsführer ist er ja zum Beispiel auch für die Finanzen oder die Personalpolitik des AMS verantwortlich. Am spannendsten wird es für ihn aber dann, wenn er sozial und arbeitsmarktpolitisch gestalten kann. Er äußert sich daher auch zur tagesaktuellen Sozialpolitik, wenn ihm das sinnvoll scheint: So hat er sich öffentlich dagegen positioniert, die Mindestsicherung für Leute mit mehreren Kindern mit maximal 1.500 Euro zu deckeln. Für ihn wäre das „unelegant“ und rechtlich problematisch. „Sinnvoller ist es, die Menschen schneller in Arbeit zu bringen.“ Das funktioniert, in dem man Anreize zur Aufnahme einer Beschäftigung schafft – etwa durch Änderung der Zuverdienstregelungen zur Mindestsicherung. Das Land Niederösterreich pilotiert derzeit so ein Modell.
Rasche Integration
Beim heiklen Thema einer Arbeitsmarktintegration der steigenden Zahl von Flüchtlingen wägt Kopf kurz die richtigen Worte ab, bezieht dann aber auch hier klare Positionen: „Der österreichische Arbeitsmarkt hätte diese zusätzlichen Jobsuchenden nicht gebraucht. Diese Menschen fliehen ja vor Krieg und Verfolgung und wurden nicht arbeitsmarktpolitisch gesteuert.“ Da die Menschen aber nun einmal da sind, hält Kopf eine rasche Integration der anerkannten Flüchtlinge und der subsidiär Schutzberechtigten in den Arbeitsmarkt für zentral wichtig. Um den Zugewanderten die Möglichkeit zur Selbsterhaltung zu geben. Um das Sozialsystem zu entlasten. Um den Beschäftigungslosen einen Sinn und Zeitstruktur zu geben.
Kopf argumentiert sehr pragmatisch und lösungsorientiert. Bei einheimischen wie zugewanderten Jobsuchenden sieht er die Niedrigqualifizierung als größtes Problem. Die Zahl der vorgemerkten Arbeitslosen, die lediglich über einen Pflichtschulabschluss verfügen, stieg bereits in den vergangenen Jahren rasant. Unter den Flüchtlingen sind es aktuell die Afghanen, die ihm aufgrund ihres schlechten Bildungsniveaus Kopfzerbrechen bereiten: „Da kommen Probleme auf uns zu, die wir sonoch nicht kannten. Wie gehen wir zum Beispiel mit einer erwachsenen Person um, die noch nie in einer Schule war?“ Mit Blick auf das Gesamtsystem wäre es aus seiner Sicht am besten, wenn Zuwanderer vom ersten Tag an Deutsch lernen könnten – nicht erst wenn sie Zugang zum Arbeitsmarkt bekommen. Der Manager sieht hier keine Alternative. Denn wenn nicht investiert wird, würden die Menschen – die ja nun einmal da sind – zu reinen LeistungsbezieherInnen des Sozialsystems. Und das wird kostspielig – ökonomisch und gesellschaftspolitisch: „Es ist langfristig teurer, nicht sofort Deutschkurse anzubieten.“
Rund 68 Millionen Euro wird das AMS in diesem Jahr in die Integration anerkannter Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt investieren – vor allem für Deutschkurse und Kompetenz-Checks. 2015 hat man rund 6.200 Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte in ein Arbeitsverhältnis gebracht, derzeit sind 22.000 Asylberechtigte als arbeitsuchend vorgemerkt. Positive Emotionen Auf die Frage, was er in den bald zehn Jahren seiner Tätigkeit im AMS erreicht hat, hebt Kopf zunächst organisatorische Erfolge hervor. Man gelte als eine der besten Arbeitsmarktverwaltungen Europas, dafür gab es schon Staatspreise für Unternehmensqualität und viel internationales Lob. Nach einer kurzen Nachdenkpause blitzen die Emotionen hinter der Verwaltungsfassade hervor: Immer wieder hat er spannende, aber auch sehr glückliche Momente erlebt, meist wenn er das Gefühl hatte, etwas bewegt zu haben. Mit der Verantwortung, die damit verbunden ist, geht er recht entspannt um. Einige Male ist es ihm auch gelungen, jemandem direkt einen Arbeitsplatz zu vermitteln. Und da hat er es gespürt, ein tiefes Glücksgefühl. Wissend, dass ein vormals Arbeitsloser nun auf eigenen Beinen steht.