Es muss nicht immer vor Gericht enden

Die Gewerkschaft GPA erkämpft in vielen Fällen informell, einfach durch ein Gespräch mit dem Arbeitgeber, Ansprüche für ihre Mitglieder. Dieter Preinerstorfer von der Gewerkschaft GPA erzählt, wie es ihm gelang ist 21.176,80 Euro Gehaltsnachzahlung für einen Softwareingenieur durchzusetzen.

Bin ich richtig eingestuft? Zahlt mein Arbeitgeber alles, was mir (kollektiv)vertraglich zusteht? Immer wieder scheuen sich ArbeitnehmerInnen, sich hier an die Gewerkschaft zu wenden, aus der Sorge, keinen Konflikt entstehen oder gar eskalieren wollen zu lassen und am Ende vor dem Arbeitsgericht zu landen. Doch diese Scheu ist alles andere als angebracht, sieht man sich die Rechtsschutzstatistik der GPA an. Die überwiegende Mehrzahl von Fällen, in denen sich Angestellte an ihre Gewerkschaft wandten, werden durch so genannte Interventionen gelöst. Soll heißen: Die GPA wendet sich an den Arbeitgeber und sucht das konstruktive Gespräch.

97 Millionen Euro für die Mitglieder erstritten

2021 setzte die GPA insgesamt 97 Millionen an Rechtsansprüchen für ihre Mitglieder durch. Dieser Betrag umfasste Gerichtsurteile, Vergleiche, Interventionen und Sozialpläne. Von 524 in diesem Jahr von der GPA betreuten Fällen, wurden schließlich 18 vor Gericht durch ein Urteil entschieden, weitere 50 im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs. In 407 Fällen kam es aber entweder eben durch eine Intervention oder durch einen außergerichtlichen Vergleich zu einer Lösung. Dabei wurde eine Gesamtsumme von 14,5 Millionen Euro für betroffene Mitglieder erkämpft. Das Gros der durchgesetzten Mittel fiel übrigens mit 78,5 Millionen Euro auf Sozialpläne. Hier agiert die GPA jeweils im Interesse einer ganzen Belegschaft eines Unternehmens.

Wie aber läuft eine Intervention nun konkret ab? Dieter Preinerstorfer, Regionalsekretär der GPA Wien, schildert einen jüngst abgeschlossenen Fall. Ein IT-Mitarbeiter in einem Handelsunternehmen wandte sich an die GPA, da er den Eindruck hatte, bei der Umstellung auf das neue Gehaltsschema falsch eingestuft worden zu sein. Der Hintergrund: Handelsbetriebe hatten bis Anfang 2022 Zeit, auf das neue, modernere Gehaltsschema des Handelskollektivvertrags umzusteigen. Das neue Schema sieht höhere Einstiegsgehälter, eine flachere Gehaltskurve und differenziertere Beschäftigungsgruppen vor. 

„Der Kollege ist als Software-Ingenieur beschäftigt. Im alten Gehaltsschema fiel er in die Beschäftigungsgruppe 4. Beim Umstieg in das neue Schema, den das Unternehmen im Oktober 2021 vollzog, wurde er in der Beschäftigungsgruppe E eingestuft. Er war allerdings der Meinung, dass er in die Beschäftigungsgruppe F gehört“, erläutert Preinerstorfer. In Gruppe E stünden ihm 2.728 Euro brutto zu, in Gruppe F 3.098 Euro. Allerdings wurde der Mitarbeiter von seinem Arbeitgeber bereits deutlich überzahlt – bekam also mehr Gehalt bekommt, als im Kollektivvertrag steht.

Falsch eingestuft, was nun?

Hier wird die Angelegenheit grundsätzlich verzwickt, erklärt der GPA-Experte, denn: „Wenn ich als Unternehmen feststelle, dass eine Falscheinstufung vorliegt, kann ich das korrigieren, aber dies auch gleichzeitig auf die Überzahlung anrechnen. Das wäre bei diesem Kollegen der Fall gewesen.“ Soll heißen: Auf dem Rechtsweg wäre zwar festgestellt worden, dass eine Falscheinstufung vorlag – finanziell hätte sich für den Betroffenen aber wenig verändert.

„Sowohl der Geschäftsführer als auch die Leiterin der Personalabteilung waren dabei sehr kooperativ und gesprächsbereit. Es wurde zum Beispiel zugesichert, dass die Vordienstzeiten sofort korrigiert werden und dass man sich das mit der Einstufung nochmals anschauen werde.“

Dieter Preinerstorfer

Preinerstorfer und sein Team stellten allerdings zusätzlich fest, dass dem Arbeitgeber zwei weitere Fehler unterlaufen waren: Zwei Jahre an Vordienstzeiten waren nicht angerechnet worden. Und auch der Reformbetrag, der in dem von der Gewerkschaft erstrittenen neuen Handelskollektivvertrag etwaige Gehaltslücken zwischen altem und neuem Schema schließt, sei zu niedrig angesetzt worden.

Preinerstorfer klärte zunächst den betroffenen Mitarbeiter auf, der wiederum mit seiner Vorgesetzten das Gespräch suchte. Von Arbeitgeberseite war man dann auch einverstanden, sich mit einem GPA-Vertreter zusammenzusetzen. In einer Videokonferenz konnte Preinerstorfer der Arbeitgeberseite erläutern, wo die Gewerkschaft GPA Änderungsbedarf in der Einstufung des Mitarbeiters sieht. „Sowohl der Geschäftsführer als auch die Leiterin der Personalabteilung waren dabei sehr kooperativ und gesprächsbereit. Es wurde zum Beispiel zugesichert, dass die Vordienstzeiten sofort korrigiert werden und dass man sich das mit der Einstufung nochmals anschauen werde.“

21.176,80 Euro schon am Konto

Die darauffolgenden Gespräche wurden wieder direkt vom Mitarbeiter mit seinem Arbeitgeber geführt. Am Ende steht nun ein mehr als erfreuliches Ergebnis: Der Arbeitgeber berücksichtigte nicht nur die Vordienstzeiten und eine andere Einstufung. Er rechnete bei der Neuaufstellung der finanziellen Ansprüche des IT-Mitarbeiters auch nicht die Überzahlung mit ein, sondern setzte diese fort. So ergab sich schließlich eine Nachzahlung von 21.176,80 Euro – und diese hat der Mitarbeiter auch bereits erhalten.

Preinerstorfers daraus resultierender Appell an alle GPA-Mitglieder, die das Gefühl haben, es könnte sein, dass ihnen mehr Geld zusteht als ihnen vom Arbeitgeber ausbezahlt wird: „Wenden Sie sich an die GPA und lassen Sie uns einmal ihre Ansprüche durchrechnen. Und wenn wir sehen, da gibt es eine Differenz, ist auch auf dem informellen Weg viel möglich. Es muss nicht immer geklagt werden. Solche Dinge können auch oft konstruktiv und in gutem Einvernehmen mit dem Arbeitgeber gelöst werden.“

Du hast auch eine arbeitsrechtliche Frage?
Im Arbeitsrechts-ABC der Gewerkschaft GPA findest du Antworten auf viele Fragen. Du kannst dich aber auch direkt an die Rechtsberatung wenden. Hier findest du alle Kontakte.

Das könnte dich auch interessieren:

Scroll to top