Zwei Jahre lang haben die Beschäftigten in der oberösterreichischen Kinderbildung und -betreuung für Verbesserungen ihrer Arbeitsbedingungen gekämpft und sich durchgesetzt. Daniela Gebauer und Markus Niederhauser von der Familienzentren GmbH und Bianca Schatz von den Kinderfreunden Oberösterreich erzählen, wie sie ihre KollegInnen immer wieder motiviert haben.
Oft untragbare Arbeitsbedingungen, die finanzielle Abhängigkeit von der oberösterreichischen Landesregierung, die die Forderungen von Beschäftigten und Gewerkschaft lange ignoriert hat – und eine „Filialstruktur“ mit Krabbelstuben, Horten, Kindergärten und der schulischen Nachmittagsbetreuung: Das ist das Arbeitsfeld der BetriebsrätInnen der Oberösterreichischen Kinderfreunde und der Familienzentren GmbH, die insgesamt fast 900 Beschäftigte vertreten.
Trotzdem – oder vielleicht auch deswegen – zählen die beiden Betriebsratsteams rund um Daniela Gebauer und Markus Niederhauser sowie Bianca Schatz zu den SpitzenreiterInnen, wenn es darum geht, ihre KollegInnen von einer Mitgliedschaft bei der Gewerkschaft zu überzeugen. „Am wichtigsten ist natürlich das persönliche Gespräch. Wir nutzen aber auch E-Mails, Facebook und Instagram, um die KollegInnen auf dem Laufenden zu halten“, berichtet Betriebsratsvorsitzende Daniela Gebauer. „Wir wollen ja nicht nur über den aktuellen Stand im Konflikt informieren, sondern die KollegInnen auch motivieren, für ihre Arbeitsbedingungen mitzukämpfen. Und von da ist es dann nicht mehr weit zur Gewerkschaftsmitgliedschaft“, fasst sie die vergangenen Monate zusammen.
„Wir wollen ja nicht nur über den aktuellen Stand im Konflikt informieren, sondern die KollegInnen auch motivieren, für ihre Arbeitsbedingungen mitzukämpfen.“
Daniela Gebauer
Konflikt mit dem Land Oberösterreich
Beinahe 2 Jahre dauerte der Konflikt mit dem Land Oberösterreich wegen der schlechten Arbeitsbedingungen im Kinderbildungs- und betreuungsbereich. Unter dem Motto ‚unszreißt’s‘ hat die Gewerkschaft GPA Oberösterreich gemeinsam mit der Younion zahlreiche Protestaktionen und Betriebsversammlungen durchgeführt und Warnstreiks vorbereitet. Hunderte Beschäftigte aus Oberösterreichs Kinderbildung nahmen an Streikschulungen teil und waren bereit, für die notwendigen Verbesserungen zu kämpfen. Betroffen davon waren nicht nur Kindergärten und Krabbelstuben, sondern auch Horte und die Nachmittagsbetreuung.
Bianca Schatz von den OÖ Kinderfreunden erlebte mit der Zuspitzung des Konflikts ein steigendes Interesse an der Gewerkschaft: „Die Beteiligungsmöglichkeiten bei der ‚unszreißt’s‘-Kampagne machten erstmals auch die sonst Uninteressierten auf die Gewerkschaft aufmerksam. Sie waren plötzlich bereit, die Argumente für eine Mitgliedschaft – von der Rechtsberatung über den Versicherungsschutz bis hin zu den Vergünstigungen – zu hören und zu sehen.“ Das wachsende Interesse der KollegInnen nutzte das Team der Familienzentren, um im persönlichen Gespräch bei vielen die GPA-Mitgliedschaft zu fixieren.
„Die Erkenntnis, dass wir nur gemeinsam viel erreichen können, war für einige tatsächlich neu und dass sich jetzt endlich etwas bewegt, beweist dass es stimmt.“
Markus Niederhauser
„Von Frühling bis Sommer 2022 besuchten wir gut 70 Einrichtungen und führten persönliche Gespräche“, erzählt Markus Niederhauser. Rund 100 neue Mitglieder für die Gewerkschaft GPA konnte das Betriebsratsteam innerhalb eines Jahres gewinnen. „Die Erkenntnis, dass wir nur gemeinsam viel erreichen können, war für einige tatsächlich neu und dass sich jetzt endlich etwas bewegt, beweist dass es stimmt“, freut er sich.
Starke Gewerkschaft
Auch bei den Kinderfreunden sehen das immer mehr Beschäftigte so. Mehr als zwanzig Beitrittserklärungen nahmen Bianca Schatz und ihr Team zuletzt entgegen. „Die GPA macht einfach eine gute Figur in dieser Auseinandersetzung. Die Leute erleben das Bemühen und die tolle Organisation bei den Versammlungen, Aktionen und in den Medien und durch die engagierte betriebliche Betreuung. Das schweißt schon zusammen – und viele wollen jetzt einfach ein Teil davon sein“, so Schatz.
„Die GPA macht einfach eine gute Figur in dieser Auseinandersetzung.“
Bianca Schatz
Die Mobilisierung und der Kampfgeist der BetriebsrätInnen und Beschäftigten hat sich jedenfalls ausgezahlt: Nach Monaten der Proteste war die oberösterreichische Landesregierung endlich zu ernsthaften Verhandlungen bereit. Im Dezember 2022 schlossen die Gewerkschaften GPA und Younion mit dem Land Oberösterreich ein 38-Millionen-Paket für die Kinderbildung und -betreuung ab, das unter Einbeziehung der Verringerung der Gruppengröße über zwei Jahre sogar 60 Millionen Euro ausmacht.
„Dieses Paket, das den größten Teil unserer Forderungen erfüllt, war nur möglich, weil uns die Beschäftigten mit ihrem energischen Engagement wirklich den Rücken stärkten.“
Wolfgang Gerstmayer
Wolfgang Gerstmayer, GPA-Geschäftsführer in Oberösterreich ist überzeugt, dass das engagierte Eintreten der BetriebsrätInnen, PersonalverteterInnen und Beschäftigten für die eigenen Interessen der Schlüssel zum Erfolg bei den Verhandlungen war. „Dieses Paket, das den größten Teil unserer Forderungen erfüllt, war nur möglich, weil uns die Beschäftigten mit ihrem energischen Engagement wirklich den Rücken stärkten“, so Gerstmayer.
Ähnlich wie in Kärnten, wo nach einem langen Kampf der Gewerkschaften gemeinsam mit den BetriebsrätInnen und Beschäftigten auch viel für die Beschäftigten in der Kinderbildung und -betreuung passiert ist.
Mehr Geld und kleinere Gruppen
Insgesamt 38,5 Millionen Euro werden in Oberösterreich nun in die Verbesserungen investiert. Der größte Teil davon in höhere Gehälter für die Beschäftigten: ElementarpädagogInnen bekommen künftig monatlich 250 Euro brutto mehr in allen Gehaltsstufen, HelferInnen bekommen 150 Euro mehr. Für die Berufsgruppe der HelferInnen wird ein eigenes Berufsbild „pädagogische Assistenzkräfte“ geschaffen. Außerdem bekommen die Beschäftigten dieser Berufsgruppe Anspruch auf einen zusätzlichen Urlaub von zehn Tagen (zwei Urlaubswochen) – und das wird jetzt auch gesetzlich verankert. Bislang war dies eine Kann-Bestimmung.
In einem stufenweisen Prozess wird die Gruppengrößenhöchstanzahl abgesenkt. Gruppenführende Pädagoginnen in Krabbelstuben bekommen eine zusätzliche Stunde Vorbereitungszeit. Außerdem wird die Leitungszeit in Kindergärten, Krabbelstuben und Horten um eine Stunde auf drei Stunden pro Gruppe erhöht. Wichtige Schritte hin zu besseren Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten in der Kinderbildung und -betreuung in Oberösterreich.
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