Markus Prantl, Betriebsratsvorsitzender in einer Pflegeeinrichtung in Kärnten, ist einen Schritt weiter gegangen und hat einen Zentralbetriebsrat gegründet. Damit kann er nun auch Kolleg:innen vertreten, die bisher keine Belegschaftsvertretung hatten.
Markus Prantl (50) ist Pflegeassistent und arbeitet in einem der vier Häuser der SeneCura Süd GmbH in Kärnten. Sein Arbeitgeber betreibt österreichweit Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen. Prantl hat sich vor sieben Jahren erstmals als Betriebsrat engagiert. Von Anfang an war ihm klar: „Wir brauchen nicht nur Betriebsräte für die einzelnen Häuser, sondern eine österreichweite Vertretung für meine Kolleginnen und Kollegen.“ Denn alle haben die gleichen Anliegen und Probleme: Personalknappheit, Dienstplansicherheit, Arbeitszeit, Aus- und Weiterbildung. Prantls Argument: „Ein Betriebsrat ist immer nur in seinem Wirkungsbereich tätig, daher macht auf lange Sicht in einem großen Unternehmen nur eine Konzernvertretung Sinn, um allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine betriebsrätliche Vertretung bieten zu können.“
Letztes Jahr hat Prantl daher in Zusammenarbeit mit der Gewerkschaft GPA eine Zentralbetriebsratswahl durchgeführt, fürs erste auf regionaler Ebene: Der neue Zentralbetriebsrat umfasst aktuell neun Häuser, davon vier in Kärnten und fünf in der Steiermark. Nicht jedes dieser Häuser verfügt auch über einen eigenen Betriebsrat: Nur vier von neun haben eine gewählte Belegschaftsvertretung. „Doch der Zentralbetriebsrat vertritt sie nun alle, denn er umfasst auch jene Einrichtungen, wo noch kein Betriebsrat eingerichtet ist – genau darum war diese Wahl so wichtig!“ freut sich Prantl
Netzwerke aufbauen
Prantls Arbeitgeber ist die 1998 gegründete SeneCura Gruppe, die in Österreich 89 Einrichtungen mit über 7.300 Betten und Pflegeplätzen betreibt. Damit ist sie Marktführerin bei Österreichs Pflegeeinrichtungen. Diese werden unter der Marke SeneCura betrieben, die Gesundheitsbetriebe unter der Marke OptimaMed. Die einzelnen Pflegeeinrichtungen sind u.a. in regionalen Einheiten zusammengefasst.
Hast du schon einmal überlegt, selbst einen Betriebsrat zu gründen?
Wenn es bei dir im Betrieb mindestens 5 Beschäftigte gibt, kann eine Betriebsratswahl stattfinden. Dein Chef/deine Chefin, darf die Wahl nicht behindern. Als Betriebsrätin/Betriebsrat hast du einen besonderen Kündigungsschutz und du kannst einen Teil deiner Arbeitszeit für die Betriebsratstätigkeit verwenden. Wir unterstützen und begleiten dich und deine KollegInnen bei der Durchführung der Betriebsratswahl.
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Seit Beginn seiner Betriebsratstätigkeit hat Prantl sich dafür eingesetzt, die Belegschaftsvertretungen der verschiedenen Einrichtungen österreichweit zu vernetzen. Mit Unterstützung der Gewerkschaft gibt es regelmäßige Treffen der Senecura-Betriebsrät:innen. Ein Ziel dabei ist der permanente Informationsaustausch, aber auch der Kontakt zur Geschäftsführung der SeneCura-Gruppe. Damit ist auch für ihn das nächste Ziel gesteckt: „Alle neun Häuser, die wir als ZBR vertreten, sollen eine eigene Belegschaftsvertretung wählen können. Das wäre ein wichtiger Schritt.“
An seinem eigenen Arbeitsplatz in Villach-Vassach ist er seit 2017 Betriebsrat und auch BR-Vorsitzender. Zusammen mit einem Team von fünf BR-Mitgliedern betreut er das Haus in Vassach sowie ein zweites in Arnoldstein mit insgesamt rund 120 Beschäftigten. Derzeit ist sein Engagement als Belegschaftsvertreter neben einem Vollzeitjob sehr zeitintensiv.
Kollektivvertrag umsetzen
Für Prantl ist SeneCura ein stabiler und sicherer Arbeitgeber für die insgesamt rund 7.000 Beschäftigten in ganz Österreich. Die Anliegen seiner Kolleg:innen sind typisch für die ganze Branche: „Pflegeeinrichtungen kämpfen mit Personalmangel und fehlendem Nachwuchs. Trotz Arbeitszeitverkürzung auf 37 Wochenstunden arbeiten die meisten von uns länger, weil die Personaldecke dünn ist.“
Als Betriebsrat will er seine Kolleg:innen unterstützen und beraten: „In unserer Branche geben wir alle sehr viel – doch wir müssen auch lernen, mal zu nehmen bzw. zu fordern. Wir haben nicht nur Pflichten, sondern auch Rechte!“ Er betrachtet es daher als seine Aufgabe, die Dienstpläne zu erklären, ebenso die Arbeitszeiten und die Einhaltung der Ruhezeiten, sowie auch die Urlaube und Sonderurlaube. „Was im Kollektivvertrag steht, muss umgesetzt werden, darauf liegt mein Hauptaugenmerk“, betont er.
Darüber hinaus haben er und sein Team Aktionen für die Mitarbeiter:innen initiiert: Sie organisieren Betriebsausflüge, Vergünstigungen für den Einkauf und im Tourismus, wie z.B. preisreduzierte Schikarten im Winter oder Ermäßigungen bei Thermenbesuchen.
Gutes Gesprächsklima
Die betriebliche Zusammenarbeit beschreibt Prantl als gut. Man treffe sich regelmäßig zu Besprechungen, bei einem guten Gesprächsklima. „Ich versuche, auch die wirtschaftliche Situation des Arbeitgebers zu verstehen. Ohne Kompromisse geht es eben nicht.“ Ein großes Anliegen ist es ihm auch, alle Hausleitungen vom Potential einer Belegschaftsvertretung zu überzeugen. „Wir haben jetzt mit dem Zentralbetriebsrat einen großen Schritt nach vorn gemacht. Es liegt mir viel daran, eine gute Gesprächsbasis mit allen Geschäftsführungen aufzubauen. In einigen Häusern funktioniert das schon sehr gut.“
Einer seiner Erfolge der letzten Jahre: Er hatte die Idee, zur Entlastung des Pflegepersonals Hilfskräfte einzustellen, die nicht-pflegerische Tätigkeiten ausführen, wie z.B. Essen reichen, Betten machen, u.a.m. Das Land Kärnten stellte das Budget für dieses Projekt – insgesamt 120 solcher Hilfskräfte, auf alle Heime in Kärnten verteilt – zur Verfügung. „Das ist für uns eine echte Entlastung! Und diese Arbeitskräfte sind am Arbeitsmarkt verfügbar, da sie keine Fachausbildung benötigen. Solche Problemlösungen sollten bundesweit angedacht werden“, findet Prantl.
Ausbildung verbessern
Eine große Baustelle in der Branche ist die Ausbildung. Prantls Forderung: „Die Ausbildung zur Pflege muss finanziell übernommen werden. Wer eine Ausbildung bei der Polizei oder bei der Bahn absolviert, erhält bereits einen Lohn – in unserer Branche müssen sich die Menschen ihre Ausbildung selbst finanzieren. Das macht die Pflege schon mal ein Stück weit weniger attraktiv!“
Arbeitszeit, Bezahlung und Ausbildung – Prantl sieht in seiner Branche einen großen Reformstau, der auf politischer Ebene gelöst werden muss. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, den Pflegeberuf endlich als Schwerarbeit anzuerkennen. Seine nächsten Ziele? „Langfristig immer noch ein österreichweiter Zentralbetriebsrat natürlich!“
Zur Person: Markus Prantl war ursprünglich Bürokaufmann und lange Zeit auf der Suche nach einer Tätigkeit, die ihn wirklich ausfüllt. Nun hat er seine Berufung gefunden und arbeitet seit mittlerweile 11 Jahren als Pflegeassistent. Zusammen mit seiner Frau unternimmt er in seiner Freizeit gern Städtereisen in Europa. Reisen ist für ihn eine Möglichkeit um, wie er sagt, „auch mal über den Tellerrand zu sehen und andere Menschen und Kulturen kennenzulernen.“ Letztes Jahr ging es nach Paris und in die Region Provence Côte d’Azur.