Vor dem Hintergrund der enormen Kosten der staatlichen Hilfsmaßnahmen im Zuge der Corona-Krise und der Frage wer diese im Endeffekt bezahlen wird, ist die Forderung nach einer Millionärssteuer aktueller denn je. Diese würde zu mehr Steuergerechtigkeit führen und zudem ein erhebliches Steuermehraufkommen bringen, mit dem z.B. Investitionen in den Sozialstaat und zur Bekämpfung der Klimakrise finanziert werden könnten.
Österreich – bei den Vermögen ein Land der Ungleichheit
Während es bei den Einkommen eine breite Mitte gibt, u.a. weil der Staat durch diverse sozialstaatliche Leistungen gegensteuert, sind die Vermögen in Österreich sehr ungleich verteilt. Laut einer aktuellen Studie besitzt das reichste Prozent – die rund 39.000 vermögendsten Haushalte – in Österreich knapp 39 Prozent des gesamten Vermögens, während auf die ärmsten 50 Prozent lediglich 2,8 Prozent des gesamten Vermögens fallen! Die 90-prozentige Bevölkerungsmehrheit mit keinem, geringem oder mäßigem Vermögen kommt gemeinsam nur auf etwa ein Drittel des Gesamtvermögens – d.h., das reichste Prozent der Haushalte besitzt mehr als die unteren 90 Prozent. In Österreich gibt es derzeit rund 155.000 Euro-MillionärInnen, wobei an der Spitze der Verteilung noch einmal eine große Konzentration herrscht, denn etwa 40 Milliardärshaushalte besitzen insgesamt mehr als 140 Milliarden Euro.
Vermögensbezogene Steuern tragen immer weniger zum Steueraufkommen bei
Ende der 1960er-Jahre trugen vermögensbezogene Steuern in Österreich noch knapp 4 Prozent zum gesamten Steuer- und Abgabenaufkommen bei. 2018 waren es nur mehr 1,3 Prozent. Damit befindet sich Österreich weit unter dem OECD-Schnitt von 5,6 Prozent bzw. an viertletzter Stelle. Der OECD-Schnitt ist mehr als 4-Mal so hoch!
Zum Vergleich: In wirtschaftsliberalen Staaten wie Großbritannien oder den USA haben vermögensbezogene Steuern mit mehr als einem Zehntel des Steueraufkommens ein starkes Gewicht, und auch in der liberalen Schweiz ist der Anteil mit mehr als 7 Prozent beträchtlich. Bei unserem Nachbar Deutschland – mit dem wir uns ja immer gerne vergleichen – beträgt der Anteil der vermögensbezogenen Steuern 2,7 Prozent, ist also auch noch deutlich höher (Anmerkung: Alle genannten Werte beziehen sich auf das Jahr 2018).
Im Bereich der vermögenbezogenen Steuern wird somit ein großes Aufkommenspotenzial einfach liegen gelassen: Würde Österreich seine Vermögenssteuern auf OECD-Niveau heben, dann hätte der österreichische Staatshaushalt um rund 5 Milliarden Euro mehr Einnahmen pro Jahr! (Berechnung basiert ebenfalls auf Daten für 2018)
Ungleichgewicht im österreichischen Steuersystem
2019 stammten rund 80 Prozent, also 8 von 10 Steuer-Euros, von ArbeitnehmerInnen und KonsumentInnen. Demgegenüber jedoch nur 1,3 Prozent von Besitz und Privatvermögen sowie nur 13,7 Prozent von Unternehmensgewinnen & Kapitalerträgen (siehe Grafik). Eine Millionärssteuer würde dazu beitragen, dass sehr Vermögende endlich auch ihren Teil zur Finanzierung des Staathaushaltes leisten. Denn wer mehr hat, soll auch mehr für die Gemeinschaft bzw. das Gemeinwesen tun.
Doppelte Schieflage zu Ungunsten der ArbeitnehmerInnen
Dieses Ungleichgewicht bei der Finanzierung des öffentlichen Haushalts wird durch die aktuelle Krise noch verstärkt. Denn von den schon ausgegebenen und künftig noch geplanten staatlichen Corona-Hilfsmaßnahmen profitieren Unternehmen in den nächsten Jahren deutlich stärker als ArbeitnehmerInnen. Das ist ungerecht, da ArbeitnehmerInnen & KonsumentInnen die Hauptlast bei der Finanzierung des Staatshaushaltes – und somit auch der Corona-Hilfsmaßnahmen – tragen (siehe Grafik).
Kommt es zu keinen Änderungen, werden die steuerlichen Beiträge der Vermögenden sowie großer Konzerne auch bei der Krisenfinanzierung eine untergeordnete Rolle spielen, obwohl deren steuerliche Leistungsfähigkeit nach wie vor hoch ist. Viele große Unternehmen und deren BesitzerInnen profitierten außerdem 2020 (und oft auch noch 2021) von Staatshilfen in Millionenhöhe. Die Kurzarbeit nimmt Personalkosten ab. Der Fixkostenzuschuss, der Umsatzersatz, der Verlustersatz, Stundungen usw. helfen, die Kosten während der Krise zu drücken. Gerettet bzw. gestützt werden hier neben den Unternehmen an sich, vor allem aber auch das Privatvermögen der EigentümerInnen. Als Hauptprofiteure dieser Hilfen wäre es daher nur gerecht, von diesen SteuerzahlerInnen einen höheren Betrag als bisher einzufordern.
Eine Millionärssteuer wäre treffsicher
Die Gewerkschaft GPA schlägt eine Vermögensteuer mit einem Freibetrag von 1 Million Euro pro Haushalt vor. Vermögensbestandteile zwischen 1 und 2 Millionen Euro würden mit 0,5 Prozent, jene zwischen 2 und 3 Millionen Euro mit 1 Prozent und über 3 Millionen Euro hinausgehende mit 1,5 Prozent besteuert werden. Bemessungsgrundlage wäre das Nettovermögen, also im Wesentlichen das Immobilien- und Finanzvermögen abzüglich etwaiger Verbindlichkeiten (z.B. laufender Kredit), wobei der Hausrat ausgenommen ist.
Eine Vermögensteuer nach dem GPA-Modell wäre treffsicher, da sie wegen des großzügigen Freibetrags nur die reichsten 4 bis 5 Prozent der Haushalte treffen würde. Im Grunde handelt es sich dabei also um eine Reichensteuer! Der/die durchschnittliche „HäuslbauerIn“ wäre daher regelmäßig nicht von der Vermögensteuer nach dem GPA-Modell betroffen.
… und würde hohe Einnahmen bringen
Laut einer Schätzung des ICAE (Institut für die Gesamtanalyse der Wirtschaft an der JKU Linz) würde eine Vermögensteuer nach dem GPA-Modell rund 5 Milliarden Euro pro Jahr an Einnahmen bringen! (Dabei handelt es sich um den mittleren Wert einer Schätzung, die bereits hypothetische Ausweicheffekte miteinbezieht. Damit ist das Abziehen von Vermögen aufgrund der Besteuerung gemeint.)
Auch wenn es theoretisch durch Vermögensverschiebung zu – eher unwahrscheinlichen – hohen Ausweicheffekten kommen kann, kommt noch immer ein erhebliches Steueraufkommen zustande. Denn der Großteil des Privatvermögens besteht aus Großimmobilien und kann sich der Besteuerung daher gar nicht entziehen.
Mit dem Aufkommen aus einer Millionärssteuer könnten z.B. Investitionen in den Sozialstaat (Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser, öffentliche Beschäftigungsprogramme, …) und zur Bekämpfung der Klimakrise finanziert werden.
Auch internationale Institutionen empfehlen Steuern auf Vermögen
Die OECD empfiehlt vermögensbezogene Steuern in jenen Ländern auszubauen, in denen eine hohe Vermögensungleichheit herrscht, Vermögensübertragungen gar nicht und Kapitaleinkommen nur proportional besteuert werden. Auf Österreich würden all diese Kriterien zutreffen.
Auch die EU-Kommission hat im Länderbericht Österreich zum Europäischen Semester 2019 die ungerechte Steuerstruktur thematisiert und sich für eine Besteuerung von Vermögen ausgesprochen:
„(…) Auf die Körperschaftsteuer und Steuern auf Kapital, aber auch auf Umwelt- und Vermögenssteuern entfallen nur geringe Anteile am Gesamtsteueraufkommen: Ihre Erträge bleiben jeweils deutlich hinter dem EU-Durchschnitt zurück. Die Tatsache, dass Erbschaften und Schenkungen oder Nettovermögen nicht besteuert werden, und die niedrigen periodischen Immobiliensteuern bieten – insbesondere vor dem Hintergrund der bemerkenswerten Ungleichverteilung der Vermögen in Österreich – Spielräume für Steuerverlagerungen zur Entlastung des Faktors Arbeit.“
EU-Kommission
Fazit
Für eine Millionärssteuer können neben der sehr schiefen Vermögensverteilung zahlreiche weitere Argumente vorgebracht werden. Die enormen Kosten zur Bewältigung der Corona-Krise verstärken nun allerdings den Druck, dass große Vermögen endlich auch ihren fairen Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens leisten. Das ist nicht nur eine Frage der Steuergerechtigkeit, sondern lässt sich auch damit begründen, dass durch die umfangreichen staatlichen Hilfsmaßnahmen im Zuge der Corona-Krise, neben den Unternehmen auch die Privatvermögen von deren EigentümerInnen/AktionärInnen gerettet wurden. Ein Beitrag der sehr Vermögenden durch eine Millionärssteuer erscheint daher nur fair und gerecht.