Vor kurzem hat die türkis-blaue Bundesregierung die Eckpunkte der von ihr geplanten Steuerreform präsentiert und als „größte Entlastung aller Zeiten“ angekündigt. Dabei soll zwischen 2020 und 2022 in mehreren Etappen ein Gesamtvolumen von 4,5 Milliarden Euro verwirklicht werden.
Als übergeordnetes Ziel der Reform wurde eine Senkung der Abgabenquote in Richtung 40 Prozent ausgegeben. Aber: Ist das überhaupt sinnvoll? Wer wird durch die geplanten Maßnahmen hauptsächlich entlastet?
Kommt 2020 die größte Steuerentlastung aller Zeiten?
Zunächst ist die angekündigte Summe von 4,5 Milliarden Euro vom im Wahlkampf gemachten Versprechen einer Entlastung in der Höhe von 12 bis 14 Milliarden weit entfernt. Überdies wurde auch der Zeitpunkt, bis die Steuerreform zur Gänze wirksam wird, aufgeschoben. Dem Vergleich mit der (letzten) Steuerreform 2015/16, die maßgeblich durch den ÖGB erkämpft worden war, hält jene von Türkis-Blau ebenfalls nicht stand: Damals wurde eine Entlastung in der Höhe von 5,1 Milliarden Euro realisiert, wovon 4,9 Milliarden vor allem den ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen zugutekamen. Diese profitierten also unmittelbar durch die Senkung der Einkommensteuersätze sowie die Anhebung des Verkehrsabsetzbetrages
Wer wird von der Steuersenkung profitieren?
Von der Steuerreform sollen vor allem Unternehmen profitieren. Zwar hat die Bundesregierung auch eine noch nicht näher konkretisierte Senkung der Einkommensteuer für die untersten drei Tarifstufen in Aussicht gestellt, als zentralen Punkt umfasst die Reform jedoch eine erneute Senkung der Körperschaftsteuer (KöSt) von derzeit 25 Prozent auf vermutlich 20 Prozent. Dabei war die KöSt erst 2005 von 34 Prozent auf 25 Prozent gesenkt worden. KöSt zahlen Kapitalgesellschaften, also etwa Aktiengesellschaften oder GmbHs, deren Gewinne mit der KöSt besteuert werden. Rund 80 Prozent des gesamten Aufkommens der KöSt kommen übrigens von jenen 5 Prozent der Kapitalgesellschaften mit dem größten Gewinn. Diese werden durch die Senkung der KöSt also dauerhaft überproportional begünstigt, während die für ArbeitnehmerInnen wirksame Steuersenkung mit der Zeit wieder durch die kalte Progression „aufgefressen“ wird. Die geplante Senkung der KöSt bildet zudem einen Angriff auf den Sozialstaat: Für die Finanzierung von Schulen, Krankenhäusern und anderen öffentlichen Einrichtungen werden künftig zwei Milliarden Euro im Jahr weniger zur Verfügung stehen.
Was bewirkt eine Senkung der Sozialversicherungsbeiträge?
Als weitere steuerpolitische Maßnahme hat die Bundesregierung eine Senkung der Sozialversicherungsbeiträge für jene Personen, die unterhalb der Steuergrenze liegen, in Aussicht gestellt. Das hört sich zwar gut an und erscheint verteilungspolitisch sinnvoll, allerdings verliert die Krankenkasse dadurch Einnahmen und wird mit ihrem Budget von der Regierung abhängig. Es ist zu befürchten, dass es zu Leistungskürzungen für die Versicherten, die Einführung von Selbstbehalten und zu Privatisierungen kommen wird. Für die ArbeitnehmerInnen könnte eine derartige „Entlastung“ daher am Ende zu einer teuren Angelegenheit werden.
Werden Konzerne wie Amazon endlich fair besteuert?
Die Regierung hat auch die Einführung einer „Digitalsteuer“ angekündigt, die jedoch allenfalls dem Namen nach eine solche ist. Tatsächlich handelt es sich nach den bisher bekannten Plänen lediglich um eine Ausweitung der Werbeabgabe auf den digitalen Raum, keineswegs werden die Umsätze der Internetgiganten und großer Handelsplattformen wie Amazon besteuert.
Wie kann man das Steuersystem gerechter machen?
Sollen vor allem die niedrigen Einkommen der ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen entlastet werden, sind die geplanten Maßnahmen der Bundesregierung also in weiten Teilen ungeeignet. Die Erzählung, eine Senkung der Abgabenquote wirke sich positiv auf die Wettbewerbsfähigkeit und die wirtschaftliche Entwicklung aus, lässt die wichtige Frage, welche Bevölkerungsgruppen wie viel an Steuern und Abgaben leisten, völlig außen vor. So stammen in Österreich etwa 80 Prozent der Einnahmen aus Steuern auf Arbeit und Konsum, ArbeitnehmerInnen tragen also den bei weitem größten Anteil der Abgabenlast. Zugleich werden Konzerne mit satten Gewinnen und hohe private Vermögen geschont. Vielfach bedienen sich große Konzerne unterschiedlicher Tricks, um die von ihnen zu zahlenden Steuern weiter zu reduzieren. Was es ganz grundsätzlich bräuchte, ist also eine Umschichtung der Steuerlast weg von den ArbeitnehmerInnen, die derzeit für den Hauptanteil des Steueraufkommens verantwortlich sind. Es geht also um eine Reform der Steuerstruktur anstelle der weiteren Begünstigung der Reichen. Die Einführung einer Millionärssteuer und einer Wertschöpfungsabgabe sowie einer Erbschafts- und Schenkungssteuer gehören aus diesem Grund auf die Tagesordnung. Den Steuertricks der Konzerne sollte mit Vehemenz entgegengetreten werden. Ein Schritt in die richtige Richtung wäre eine echte Digitalsteuer, die sich nicht bloß auf Online-Werbung erstreckt, sondern die Internetriesen durch Besteuerung ihrer Umsätze in die Pflicht nimmt. Ein gerechteres Steuersystem würde bedeuten: niedrigere Abgaben auf Arbeit und höhere Beiträge von Vermögenden und Großkonzernen!
Warum sind Steuern wichtig?
Mittels Steuern wird die gesamte öffentliche Infrastruktur finanziert. Das Fehlen von Steuereinnahmen führt also zu Defiziten bei der öffentlichen Versorgung. Gerade jene Menschen, die von ihren Arbeitseinkommen leben müssen, sind darauf aber angewiesen. Einen „schlanken Staat“ können sich nur die Reichen leisten.