Viele Beschäftigte haben es bereits am eigenen Leib erfahren müssen:
Betriebsänderungen können zu einer teils massiven Verschlechterung ihrer Arbeitssituation oder gar zum Verlust des Arbeitsplatzes führen.
Nicht immer werden diese Betriebsänderungen einer schwierigen wirtschaftlichen Lage des Unternehmens geschuldet. Eine Schließung oder Verlegung von Standorten, ein Zusammenschluss mehrerer Betriebe, Umstrukturierungen oder umfassende Digitalisierungsprozesse können auch der Rationalisierung und Gewinnoptimierung dienen. Treten wesentliche Nachteile für die Belegschaft auf, wird es Zeit, einen sogenannten Sozialplan zu fordern.“
Voraussetzungen für einen Sozialplan
Ein Sozialplan kann nur abgeschlossen werden, wenn im Unternehmen dauernd mindestens 20 ArbeitnehmerInnen beschäftigt sind und es einen Betriebsrat gibt. Außerdem muss der Betrieb einer größeren Betriebsänderung unterliegen, die für alle ArbeitnehmerInnen oder doch für einen erheblichen Teil der Belegschaft wesentliche Nachteile zur Folge hat.
Der Betriebsrat ist gefragt!
Ein Sozialplan wird zwischen Betriebsinhaber und Betriebsrat ausgehandelt. Die Betriebsratskörperschaft muss zwar von geplanten wirtschaftlichen Maßnahmen der Betriebsführung rechtzeitig informiert werden und hat das Recht, eigene Vorschläge in die Beratungen einzubringen, kann Betriebsänderungen aber nicht verhindern. In diesem Zusammenhang spricht man von „unternehmerischer Entscheidungsfreiheit“. Weigert sich ein Betriebsinhaber, in Verhandlungen mit dem Betriebsrat zu treten, hat dieser die Möglichkeit, vor der Schlichtungsstelle beim zuständigen Arbeits- und Sozialgericht einen Sozialplan zu erzwingen. Selbstverständlich unterstützt die GPA-djp Betriebsratskörperschaften in Sozialplan-Verhandlungen tatkräftig und übernimmt auch ihre Vertretung vor der Schlichtungsstelle.
Zwei Beispiele sollen die Möglichkeiten veranschaulichen, die ein Sozialplan bietet:
Standortverlegung
Ines G. ist Betriebsratsvorsitzende eines Unternehmens, das seinen größten Standort von Wien nach Niederösterreich verlegt. Hauptgrund dafür sind die unterschiedlichen Mietpreise. „Der neue Standort“, erläutert sie in einem Beratungsgespräch in der GPA-djp, „ist zwar mit dem Zug erreichbar, aber nur mit Umsteigen. Für den Großteil der vierundvierzig MitarbeiterInnen verlängert sich der Arbeitsweg um jeweils eine Stunde. Das macht zwei Stunden täglich an zusätzlicher Fahrtzeit. Auch die Fahrtkosten erhöhen sich beträchtlich.“ Trotzdem wollen die KollegInnen ihren Arbeitsplatz nicht verlieren. Ines G. möchte wissen, welche Regelungen sie in den ihr in Aussicht gestellten Sozialplan hineinreklamieren könnte, um die beträchtlichen Nachteile für die MitarbeiterInnen auszugleichen.
Was ein Sozialplan regeln kann
Tatsächlich gibt es unterschiedliche Ansatzpunkte. Was die zusätzlichen Fahrtkosten betrifft, kann der Betriebsinhaber sich dazu verpflichten, diese entweder zur Gänze oder zumindest teilweise zu übernehmen. Der drastisch verlängerte Arbeitsweg kann wiederum kompensiert werden. Denkbar wäre ein vom Betriebsinhaber angebotener Shuttle-Dienst (z.B. Bus), wenn die Wegstrecke mit dem Auto deutlich rascher zu bewältigen ist als mit dem Zug. Auch das Angebot eines kostenlosen Parkplatzes für ArbeitnehmerInnen, die mit dem eigenen Auto kommen, und die Bezahlung von Kilometergeld für die zusätzliche Wegstrecke könnte eine Lösung sein. Außerdem sollten Arbeitszeitmodelle gefunden werden, die es den MitarbeiterInnen ermöglichen, tageweise daheim zu arbeiten (Home-Office) oder ihre Arbeitszeit auf vier Tage pro Woche aufzuteilen. Die zusätzliche Fahrtzeit könnte überdies als Arbeitszeit gewertet werden. Der Phantasie, erfährt Ines G., sind kaum Grenzen gesetzt. Nun gilt es, in Verhandlungen zu treten.
Standortschließung
Mario F. hat andere Sorgen: das Unternehmen, in dem er Betriebsratsvorsitzender ist, schließt einen der Standorte, 58 MitarbeiterInnen sind betroffen. „Die wenigsten“, erläutert er im Rahmen einer Krisensitzung in der GPA-djp, „können an anderen Standorten eingesetzt werden. Ihnen allen droht die Kündigung.“ Natürlich ist der Verlust des Arbeitsplatzes ein wesentlicher Nachteil, der geradezu nach dem Abschluss eines Sozialplans schreit. „Finanzielle Mittel“, weiß der Betriebsratsvorsitzende, „sind vorhanden.“ Es geht darum, für die betroffenen ArbeitnehmerInnen die Zeit der drohenden Arbeitslosigkeit zu überbrücken und ihnen bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz behilflich zu sein. Die Möglichkeiten, die besprochen werden, zählen zu den typischen Inhalten eines Sozialplans: Die Bezahlung einer freiwilligen Abfertigung, deren Höhe sich nach der Anzahl der im Unternehmen verbrachten Dienstjahre richtet. Vorruhestandsmodelle bzw. Überbrückungsgelder für ältere ArbeitnehmerInnen bis zur Erreichung des Pensionsantrittsalters. Die Zusage, erst zu kündigen, wenn keine Versetzung an einen anderen Standort möglich ist. Die bevorzugte Wiedereinstellung gekündigter MitarbeiterInnen. Die Übernahme von Umschulungs- und Bewerbungskosten. Die Finanzierung einer Arbeitsstiftung. Mario F. wird alles daransetzen, einen großzügigen Sozialplan auszuhandeln. „Den Arbeitsplatz zu verlieren“, weiß er, „ist eine traurige, ernüchternde Erfahrung, die sehr oft mit großen Zukunftsängsten verbunden ist.“ Zumindest diese Ängste kann ein Sozialplan mildern, indem er jene Hilfe leistet, die erforderlich ist, Menschen während ihrer Arbeitslosigkeit finanziell abzusichern und ihnen den Weg zurück ins Arbeitsleben zu ebnen.
Veränderte Arbeitswelt
Wann immer die Berichterstattung in den Medien sich mit Betriebsschließungen oder Standortverlegungen großer Unternehmen befasst, taucht früher oder später der Begriff „Sozialplan“ auf.
Dieser Begriff hat sich eingebürgert, obwohl er im Arbeitsverfassungsgesetz nicht vorkommt.
Unter Sozialplan versteht man eine Betriebsvereinbarung, die Maßnahmen zur Verhinderung, Beseitigung oder Milderung der Folgen einer größeren Betriebsänderung trifft. Nachteile, die die Belegschaft erleidet, sollen also abgefedert werden. Dieser Beitrag gibt einen kurzen Überblick zum Thema.
Die Gewerkschaft GPA hilft
GPA-Mitgliedern steht ein vielfältiges Beratungsangebot zu arbeitsrechtlichen Fragen zur Verfügung. Nicht-Mitglieder können unter 050301-301 eine kostenlose Erstberatung in Anspruch nehmen.