Überwachung am Arbeitsplatz: Was ist erlaubt?

Foto: Pexels, Łukasz Klimkiewicz 

Darf ein Unternehmen seine MitarbeiterInnen über­wachen? Was fällt an meinem Arbeitsplatz unter meine Privatsphäre? Kann ich mich wehren, wenn mein Chef eine Videokamera installiert? Wir erklären dir, was zulässig ist und was nicht!

Mein Chef  wollte neulich mein Diensthandy kontrollieren, um zu sehen, ob ich es privat nutze – darf er das?

Das kommt darauf an, was dein Chef sehen möchte und darauf, was in der Betriebsvereinbarung steht. Wenn du der Kontrolle allerdings nicht ausdrücklich zustimmst, ist das nicht gestattet.

Ja, dein/e Arbeitgeber/in darf unter Umständen Einblick in dein Diensthandy oder deinen Dienstlaptop nehmen, beispielsweise, wenn er oder sie dich unerwartet vertreten muss und die dafür notwendigen Unterlagen nur auf deinem Diensthandy auffindbar sind. Besonders deine private Kommunikation ist dabei aber geschützt, die darf dein Chef nicht lesen.

Nein, flächendeckende Handykontrollen bei allen Kolleg/innen ohne triftigen Grund und ohne Zustimmung sind unzulässig. Dazu braucht es die Zustimmung der einzelnen Beschäftigten oder des Betriebsrats.

Wenn es in deinem Betrieb verboten ist, dass du dein Diensthandy privat nutzt, darf der/die Chef/in kontrollieren, ob du dich daran hältst. Allerdings nicht ununterbrochen (z.B. durch einen Keylogger) und bis ins kleinste Detail (z.B. deine Urlaubsfotos). Für solche Kontrollen seitens der Vorgesetzten braucht es eine Betriebsvereinbarung, die das streng regelt.

Darf ich an meinem Arbeitsplatz überhaupt privat telefonieren, mailen oder im Internet surfen?

Die Privatnutzung darf nicht – und kann auch gar nicht – gänzlich verboten werden. Wenn du beispielsweise deine Ärztin anrufen musst oder du von einer Lehrerin deiner Tochter überraschend angerufen wirst, hat dein/e Arbeitgeber/in nicht das Recht, das zu verbieten.

Kurze, wichtige Telefonate sind zulässig. Wenn du den ganzen Tag in der Arbeit verbringst, dann kann es notwendig sein, dass du z.B. einen Arzttermin vereinbarst oder dein Kind fragen willst, ob es schon aus der Schule zurück ist. Ebenso ist eine private E-Mail-Nutzung in geringem Ausmaß erlaubt. Wenn du allerdings stundenlang privat telefonierst oder im Internet surfst, so leidet darunter die Arbeit, daher solltest du das unterlassen. In manchen Betrieben gibt es eine betriebsinterne Regelung dazu – frag deinen Betriebsrat!

Wie weit darf Kontrolle im Betrieb gehen? Wo liegen die Grenzen?

Alle Kontrollmaßnahmen, die die Menschenwürde berühren, dürfen nur eingesetzt werden, wenn Betriebsrat und Arbeitgeber darüber eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen haben. Die ‚Menschenwürde‘ zählt zu deinen Persönlichkeitsrechten. Egal ob als Privatperson oder als ArbeitnehmerIn. Wenn eine Überwachungsmaßnahme zu häufig (oder gar ununterbrochen) stattfindet oder wenn sie zu sehr in deine Privatsphäre reicht (oder gar private Angelegenheiten ausspioniert werden), dann ist deine Menschenwürde berührt (oder gar verletzt). Deine Privatsphäre ist z.B. berührt bei Videoüberwachung, GPS-Ortung im Außendienst oder bei elektronischen Geräten und Software, die die Arbeitsleistung aufzeichnen. Persönlichkeitsrechte und Datenschutz gelten natürlich auch im Homeoffice.

Ohne Betriebsvereinbarung sind solche Formen von Überwachung rechtswidrig. In Betrieben ohne Betriebsrat muss bei solchen Kontrollmaßnahmen jede/r einzelne/n ArbeitnehmerIn um ihre Zustimmung gefragt werden! Die Zustimmung muss schriftlich erfolgen und kann jederzeit widerrufen werden.

Es gibt Ausnahmen von der BV-Pflicht: sogenannte „Ad-hoc-Kontrollen“, die keine generelle Maßnahme sind, sondern nur einmalig bei einem konkreten Verdacht, z.B. auf Diebstahl, stattfinden.

Meine Kollegin aus der EDV-Abteilung hat mir erzählt, dass sie die privaten E-Mails eines Kollegen gelesen hat. Ist das in Ordnung?

Nein. Weder die MitarbeiterInnen der IT-Abteilung, noch dein/e Arbeitgeber/in dürfen private E-Mails lesen oder gar deren Inhalte weitergeben. Dabei ist es irrelevant, ob die private Nutzung von E-Mail und Internet erlaubt ist oder nicht. Auch der Zugriff auf den Inhalt dienstlicher Mails ist in der Regel ohne vorherige Ankündigung unzulässig.

Dürfen dienstliche Telefongespräche abhört werden?

Telefongespräche genauso wie  Chats), egal ob privat oder dienstlich, dürfen nicht heimlich abgehört werden. Auch beim dienstlichen Gespräch gibt es eine persönliche Ebene. Und auch der/die GesprächspartnerIn eines dienstlichen Gesprächs muss davon ausgehen können, dass ein Telefonat nur zwischen zwei TeilnehmerInnen stattfindet.

Wir empfehlen Regelungen zu treffen, wie häufig solches „Aufschalten“ stattfinden darf, dass vorher immer gefragt werden muss, dass es gekennzeichnet werden muss, dass das nur zu bestimmten Zwecken verwendet werden darf (z.B. Schulung, Klärung eines Rechtsstreits). Wir in der Gewerkschaft GPA geben dir gern noch mehr Tipps.

Darf mein Vorgesetzter meinen Aufenthaltsort bei Dienstfahrten überwachen?

Wird ein Dienstwagen – und damit der Aufenthaltsort der ArbeitnehmerIn – ständig überwacht, so stellt das einen Eingriff in die Privatsphäre der ArbeitnehmerIn dar. Hier reichen das Führen eines Fahrtenbuches und die Aufzeichnungen der ArbeitnehmerIn über die Dauer der Termine und Fahrtstrecken aus. Eine lückenlose Kontrolle durch GPS oder Mobiltelefon mit Lokalisierungsfunktion würde die Menschenwürde berühren.

Das Argument, dass du damit im Notfall leichter zu erreichen wärst, wirkt nur begrenzt, denn in einem solchen Fall haben neuere Fahrzeuge ohnehin eine Lokalisierung für den Rettungsdienst (den sogenannten „E-Call“) eingebaut – und es wird wichtiger sein dass dich nach einem schweren Unfall die Rettung findet und nicht der / die Arbeitgeber/in.

Stichwort Privatsphäre: Was muss ich meinem Arbeitgeber über mich sagen?

Dein Arbeitgeber braucht Daten zu deiner Identität. Dazu gehören Adresse und Sozialversicherungsnummer. Auch eine Ausweiskopie darf er verlangen. Bei Bewerbungsgesprächen oder in Personalbögen wird manchmal nach Religionsbekenntnis, Mitgliedschaft bei Vereinen oder politischer Einstellung gefragt. Dazu musst du keine Auskunft geben, das ist deine Privatsache und hat nichts mit deiner Arbeit zu tun!

Ausnahmen kann es geben, wenn du z.B. bei einer politischen Partei oder einer kirchlichen Einrichtung arbeitest. Diskriminierung wegen deiner Religion oder deiner Weltanschauung sind allerdings verboten! Welche Fragen bei Bewerbungsgesprächen zulässig sind kannst du hier nachlesen.

Darf mein Arbeitgeber am Arbeitsplatz Videokameras installieren?

Auch hier gilt: Alles, was die Menschenwürde verletzt, ist verboten! Dazu gehört Videoüberwachung, insbesondere auf der Toilette oder in Umkleidekabinen. Auch wenn damit deine Arbeitsleistung kontrolliert werden soll, ist das untersagt.

Videoüberwachung kann in manchen Fällen auch zu deinem Schutz dienen. Dann muss es aber eine Betriebsvereinbarung geben.

Wenn nämlich die Überwachung die Menschenwürde zwar nicht eindeutig verletzt, aber doch berührt, darf sie in Betrieben mit einem Betriebsrat nur nach Abschluss einer Betriebsvereinbarung durchgeführt werden. Wenn es in deinem Betrieb keinen Betriebsrat gibt, muss jede/r einzelne ArbeitnehmerIn zustimmen.

Wie weit darf mich meine Chefin im Krankenstand kontrollieren?

Immer öfter versuchen Arbeitgeber/innen, ihren Beschäftigten Fehlverhalten im Krankenstand nachzuweisen, im Extremfall sogar mittels eigens engagierter Detektive. So etwas zeugt von einem gestörten Vertrauensverhältnis! Was tatsächlich Fehlverhalten im Krankenstand ist, kann von Fall zu Fall unterschiedlich sein. Du musst dich während eines Krankenstands so verhalten, dass deine Arbeitsfähigkeit möglichst rasch wiederhergestellt wird. Beispielsweise ist es nicht verboten, sich mit einer Depressionserkrankung am Meer aufzuhalten. Es gilt den Anweisungen des Arztes/ der Ärztin zu folgen. Wenn du erkrankt bist, solltest du dich jedenfalls unverzüglich am Arbeitsplatz melden!

Dein/e ChefIn kann eine Krankenstandsbestätigung von dem Arzt/ der Ärztin fordern und wenn er/sie besonders misstrauisch ist, eine Sonderkontrolle durch die Gebietskrankenkasse beantragen.

Habe ich das Recht zu erfahren, was kontrolliert wird?

Ja. Laut Datenschutzgrundverordnung müssen Personen, deren personenbezogenen Daten verarbeitet werden, und dazu zählt auch eine Überwachung des Arbeitsverhaltens, darüber informiert werden wer zu welchem Zweck welche personenbezogenen Daten von ihnen erfasst (Transparenzgebot, Informationspflicht des Verantwortlichen).

Jede/r ArbeitnehmerIn hat ein Recht auf Auskunft: sowohl über die von ihm/ihr vorhandenen konkreten Daten sowie auch über deren Herkunft, wer Zugriff darauf hat,über Verknüpfungen mit anderen Daten etc. Unrichtige oder rechtswidrig verarbeitete Daten muss der Arbeitgeber richtig stellen bzw. löschen.  Auch der Betriebsrat muss darüber informiert werden, welche Arten von personenbezogenen Daten aufzeichnet und verarbeitet werden.

Wie kann ich mich gegen rechtswidrige Überwachung wehren?

Dein Ansprechpartner im Betrieb ist in solchen Fällen immer der Betriebsrat bzw. die Betriebsrätin! Er oder sie hat nicht nur ein Einsichts- und Kontrollrecht, sondern auch (meistens) die Pflicht Betriebsvereinbarungen abzuschließen – eine zentrale Funktion, wenn es um Überwachung im Betrieb geht!

Kontrollmaßnahmen, die die Menschenwürde berühren und durch keine Betriebsvereinbarung geregelt sind, sind unzulässig. Als ArbeitnehmerIn kannst du beim Arbeits- und Sozialgericht auf Unterlassung der rechtswidrigen Überwachung klagen. Auch hier spielt der Betriebsrat eine zentrale Rolle. Denn viele Beschäftigte schrecken vor einer Klage zurück, weil sie befürchten, den Job zu verlieren. Der Betriebsrat kann die Klage für sie einreichen.

Für Rechtsberatung und Hilfe zur Rechtsdurchsetzung steht dir natürlich auch deine Gewerkschaft GPA zur Verfügung!

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