Die Umsetzung der europäischen Transparenz-Richtlinie führt zu mehreren arbeitsrechtlichen Änderungen. Wir haben für dich die wichtigsten Neuerungen in einem Faktencheck zusammengefasst: sie betreffen den Dienstzettel, die Mehrfachbeschäftigung und bestimmte Aus-, Fort- und Weiterbildungen.
Die „Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingen in der EU 2019/1152“, kurz: Transparenz-Richtlinie, hätte eigentlich schon mit August 2022 umgesetzt werden müssen. Doch die österreichische Regierung war säumig und so führte erst ein Initiativantrag im Nationalrat im Jänner dieses Jahres zu einer verspäteten Umsetzung ohne Begutachtungsverfahren. Der Antrag wurde im Ausschuss für Arbeit und Soziales angenommen, das Gesetzespaket bzw. die Änderungen sind am 28. März 2024 in Kraft getreten.
Was hat sich durch die Umsetzung der Richtlinie EU 2019/1152 seit dem 28. März geändert?
Es gibt erstens mehrere Änderungen betreffend den sog. Dienstzettel; zweitens betreffend Nebenbeschäftigungen bzw. Mehrfachbeschäftigung; und drittens betreffend Bestimmungen zu Aus-, Fort- und Weiterbildungen.
Was ist neu beim Dienstzettel?
Ein Dienstzettel ist eine schriftliche Aufzeichnung über die wesentlichen Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis. Sein Mindestinhalt war auch bisher gesetzlich vorgeschrieben. Er ist im Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG) geregelt.
Seit 28. März müssen nun bei neuen Arbeitsverträgen zusätzliche Angaben enthalten sein, der Dienstzettel wurde somit erweitert. Folgende Angaben sind nun anzuführen: der Sitz des Unternehmens, eine kurze Beschreibung der Tätigkeit, die Vergütung von Überstunden, die Art der Auszahlung des Lohns, die Dauer und Bedingungen der Probezeit, der Name und die Anschrift des Sozialversicherungsträgers, die Angaben zu Bedingungen für die Änderung von Schichtplänen, der Anspruch auf eine vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildung sowie der Hinweis auf das einzuhaltende Kündigungsverfahren. Bei bestimmten Angaben reicht ein Hinweis auf den Kollektivvertrag oder auf das Gesetz.
Weiters kann der Dienstzettel nun auch digital und nicht mehr nur analog ausgestellt werden.
Songül Kepez, Rechtsschutzsekretärin in der Bundesrechtsabteilung der Gewerkschaft GPA, sieht hier Verbesserungen für die Beschäftigten: „Es ist durchaus im Interesse der Arbeitnehmer:innen und deren Rechtssicherheit, wenn der Dienstzettel ausführlichere Angaben enthält!“
Für wen gelten die Änderungen beim Dienstzettel?
Die neuen Bestimmungen gelten nur für neue Arbeitsverträge ab dem 28. März 2024.
Sie gelten nun auch für freie Dienstnehmer:innen sowie auch für Arbeitsverhältnisse, die kürzer als einen Monat sind (was bisher nicht der Fall war).
Wenn es einen schriftlichen Arbeitsvertrag gibt, ist ein Dienstzettel weiterhin nicht verpflichtend.
Was passiert, wenn sich der Arbeitgeber nicht an die Regelungen hält?
Für Arbeitgeber, die die Bestimmungen nicht einhalten, sind Geldstrafen in der Höhe zwischen 100 und 436 Euro vorgesehen. Im Wiederholungsfall innerhalb von drei Jahren oder wenn mehr als fünf Arbeitnehmer:innen betroffen sind, sind höhere Strafen vorgesehen. Allerdings zahlt der Arbeitgeber in diesen Fällen die Strafe nur einmal. „Ist das für den Arbeitgeber abschreckend?“ fragt Kepez, „Ich denke nicht. Die Strafe sollte sehr wohl multipliziert werden.“
Welche Änderungen gibt es bei einer Mehrfachbeschäftigung?
Das Recht auf Mehrfachbeschäftigung ist laut dem neuen Gesetz ausdrücklich festgelegt (Paragraf 2i). Der Arbeitgeber darf nun also ein weiteres Arbeitsverhältnis nicht verbieten, und dieses darf sich auch nicht benachteiligend für die/den Arbeitnehmer:in auswirken. Unter bestimmten gesetzlich vorgesehen Voraussetzungen kann der Arbeitgeber aber die Nebenbeschäftigung auch untersagen.
„Wir empfehlen, eine Nebenbeschäftigung weiterhin – so wie bisher – dem Arbeitgeber zu melden“, betont Kepez. Das Konkurrenzverbot nach dem Angestelltengesetz bleibt außerdem weiterhin bestehen, mahnt Kepez zur Vorsicht. „Trotzdem sehen wir das insgesamt als eine positive Entwicklung für die Arbeitnehmer:innen.“
Was ändert sich bei den Bestimmungen zu Bildungsmaßnahmen?
Aus-, Fort- und Weiterbildungen müssen nun als Arbeitszeit gelten und die Kosten dafür müssen vom Arbeitgeber übernommen werden. Voraussetzung dafür ist, dass die Bildungsmaßnahme aufgrund von Gesetz, Verordnung, Kollektivvertrag oder Arbeitsvertrag für die Ausübung der beruflichen Tätigkeit notwendig ist.
Für eine solche Bildungsmaßnahme darf die/der Arbeitnehmer:in nicht benachteiligt werden, also weder gekündigt oder entlassen noch anderwärtig benachteiligt werden.
„Hier wurde die Richtlinie wirklich gut und zum Vorteil der Beschäftigten umgesetzt, wir begrüßen das ausdrücklich“, sagt Kepez.
Was passiert, wenn Arbeitnehmer:innen gekündigt werden, weil sie einen Dienstzettel verlangt haben oder zulässig eine Nebenbeschäftigung eingegangen sind?
Für den Fall, dass es zu einer Kündigung kommt, hat der/die Arbeitnehmer:in künftig das Recht, eine schriftliche Begründung dafür einzufordern. Doch wenn der Arbeitgeber dieser Begründungspflicht nicht folgt, sind keine Sanktionen vorgesehen. „Was das angeht, wurde die Richtlinie mangelhaft umgesetzt“, kommentiert Kepez und fügt hinzu: „Doch eine Kündigung, wenn der Arbeitnehmer einen Dienstzettel verlangt oder wegen einer Mehrfachbeschäftigung, das fällt sehr wohl unter den Motivkündigungsschutz und ist daher nicht zulässig.“
Wie sieht die Gewerkschaft GPA die neuen Regelungen?
„Wir begrüßen die Umsetzung der Richtlinie!“ erklärt Songül Kepez. „Es werden noch einige Punkte in der Rechtsprechung zu klären sein, besonders die oben erwähnten fehlenden bzw. zu niedrigen Sanktionen wären noch nachzubessern.“
„Insgesamt betrachtet sind aber sowohl die Änderungen beim Dienstzettel, als auch bei der Mehrfachbeschäftigung und bei den Aus-, Fort- und Weiterbildungen für die Arbeitnehmer:innen vorteilhaft und wir werten das als eine positive Entwicklung.“