Seit diesem Frühjahr gibt es bei Mayr-Melnhof Holz Gaishorn am See einen Angestelltenbetriebsrat. Der Anstoß dazu kam vor allem von den Jüngeren der Angestellten, erzählt der Betriebsratsvorsitzende Gerhard Rinner. Er blickt bereits auf viele Jahre Erfahrung im bereits länger bestehenden Arbeiter:innenbetriebsrat zurück. Thema Nummer eins in den aktuell laufenden Gesprächen mit der Geschäftsführung ist die Balance zwischen Arbeitszeit und Freizeit für die Beschäftigten.
In diesem Betrieb dreht sich alles um den nachhaltigen Werkstoff Holz: Bei Mayr-Melnhof Holz wird Brettsperrholz und Brettschichtholz erzeugt. Dabei handelt es sich um quer beziehungsweis schichtweise verleimtes Holz, das in Platten in den jeweils benötigten Stärken und Abmessungen verarbeitet und schließlich im Gebäudebau in Öko-Bauweise eingesetzt wird. Die Öffnungen für Fenster und Türen werden bei der Herstellung bereits ausgespart und Leitungen vorinstalliert. Jede Platte wird dazu individuell gefertigt. Sind alle Elemente für ein Gebäude produziert, werden sie auf wenige LKW geladen und zum Bauplatz gebracht. „Der Rohbau steht dann innerhalb von drei Tagen“, erzählt Rinner.
Gebäude in Holzbauweise werden heute zunehmend sowohl im privaten als auch im gewerblichen und öffentlichen Bau errichtet – in der Stadt ebenso wie am Land. Der Holzbau zählt zur Green Economy und verzeichnet inzwischen eine hohe Nachfrage. Entsprechend gut gefüllt sind die Auftragsbücher. Das schlägt sich auch in den Arbeitszeiten der Mitarbeiter:innen nieder. Das wiederum gab auch den Anstoß, neben dem bereits viele Jahre bestehenden Arbeiter:innenbetriebsrat einen Angestelltenbetriebsrat zu gründen, so Rinner.
Der ausgebildete Tischler begann wegen besserer Verdienstmöglichkeiten nach seiner Zeit beim Bundesheer zunächst in der Produktion bei den damaligen Magnesit-Werken in Trieben zu arbeiten. 1992 wechselte er zur Systemholz AG in Gaishorn, das Unternehmen wurde später von Mayr-Melnhof übernommen. Hier war er wie bereits in Trieben im Schichtbetrieb eingesetzt, arbeitete nun aber wieder, wie in seiner ursprünglichen Ausbildung, mit dem Werkstoff Holz – und musste zunächst keine Nachtschichten mehr absolvieren. Inzwischen sind diese – auch auf Grund der dichten Auftragslage – jedoch auch in Gaishorn Standard. Gearbeitet wird heute im Drei-Schicht-Betrieb rund um die Uhr jeweils von Sonntag 22 Uhr bis Freitag 22 Uhr.
Als Schichtleiter ist Rinner heute nicht mehr Arbeiter, sondern angestellt. Die Wochen mit Nachtarbeit bleiben ihm dennoch nicht erspart. Alle, die hier in der Produktion werken, arbeiten jeweils eine Woche von sechs bis 14 Uhr, eine Woche von 14 bis 22 Uhr sowie eine Woche von 22 bis sechs Uhr. Die Mehrzahl der Angestellten ist aber im Bürobereich tätig. Doch auch hier ist die Arbeitszeit zentrales Thema: die einen wollen mehr Sicherheit bezüglich der Lage von Freizeit, die anderen möchten Arbeit und Familie – der Kindergarten hat in der Gemeinde nur beschränkte Öffnungszeiten – stressfreier unter einen Hut bekommen.
„Wenn heute Holz zu einem Baustoff der Zukunft zähle, müsse sich das aber auch in den Arbeitsbedingungen, vor allem aber der Bezahlung der hier Beschäftigten widerspiegeln.“
Gerhard Rinner
Momentan befinde sich der Angestelltenbetriebsrat – an Rinners Seite ist mit Rudi Maislinger ein Kollege, der ebenfalls bereits viel Erfahrung aus dem Arbeiter:innenbetriebsrat mitbringt – in der Einarbeitungsphase, so der Vorsitzende. Die ersten Gespräche mit der Geschäftsführung seien aber bereits positiv verlaufen.
Aktuell gehe es dabei vor allem darum, eine Gleitzeitregelung zu finden, „die im Zug einer besseren Work-Life-Balance besser sowohl den Bedürfnissen der Mitarbeiter:innen als auch des Arbeitgebers entspricht“. Angestrebt werden auch klare Regelungen für das Home-Office für jene, die im Bürobereich eingesetzt sind. Außerdem sollen Urlaub und Zeitausgleich nicht nur wie bisher halbtagsweise, sondern auch stundenweise genommen werden dürfen.
Die Angestellten im Schichtbetrieb wiederum kämpfen vor allem, wenn sie wie Rinner schon Jahrzehnte lang arbeiten, mit der Nachtarbeit. „Wenn wir Ältere auf Urlaub gehen, nehmen wir immer die Nachtschicht-Woche.“ Wünschenswert wäre hier, dass nur mehr Jüngere regelmäßig in der Nachtschicht eingesetzt seien, Ältere dagegen nur mehr alle zwei Monate. „Man weiß heute ja auch, dass sich die Nachtschicht negativ auf die Gesundheit auswirkt – Nachtschwerarbeit macht krank. Es ist sogar erwiesen, dass Menschen, die regelmäßig nachts schwer arbeiten, eine geringere Lebenserwartung haben.“ Er selbst sehe, dass er dadurch an Schlafproblemen leide.
Es gebe aber noch ein weiteres Verhandlungsfeld zum Thema Arbeitszeit, sagt Rinner: Die All-in-Verträge und wie hier die Gleitzeit und der Zeitausgleich gestaltet werden. Derzeit hätten die Mitarbeiter:innen jeweils individuell verschiedene Verträge und damit auch Regelungen. „Wir wollen da zu einem einheitlichen Rahmen gelangen.“
Rinner will sich künftig aber auch überbetrieblich einsetzen. Hier gehe es darum, den Kollektivvertrag für die Holzbranche attraktiver zu gestalten. „Wir hinken hier immer stark hinter den Metallern hinterher.“ Wenn heute Holz zu einem Baustoff der Zukunft zähle, müsse sich das aber auch in den Arbeitsbedingungen, vor allem aber der Bezahlung der hier Beschäftigten widerspiegeln.
Holz als Werkstoff lässt Rinner übrigens auch in seiner Freizeit nicht los: das Drechseln zählt ebenso zu seinen Hobbys wie das Tennisspielen. Viele Jahre hat er sich auch zunächst aktiv, später als Funktionär im Fußballclub Gaishorn sowie bei der Freiwilligen Feuerwehr im Ort engagiert. Der Drei-Schicht-Betrieb habe diese privaten Aktivitäten aber zunehmend verunmöglicht, so Rinner. „Leider ist man dann teilweise vom sozialen Leben ausgeschlossen.“ Stichwort Sozialleben: Rinners inzwischen erwachsener Sohn lebt im rund 100 Kilometer entfernten Graz, im vergangenen Jahr kam das erste Enkerl zur Welt. Wann immer möglich bemühen sich Rinner und seine Frau nun, das Enkelkind zu besuchen.
Gerhard Rinner, geb. 1967 in Leoben, nach einer Tischler-Lehre und dem Präsenzdienst zunächst als Produktionsmitarbeiter bei den Magnesit-Werken in Trieben (heute RHI Magnesita) tätig. Seit 1992 bei der Systemholz AG in Gaishorn (heute Mayr-Melnhof Holz Gaishorn am See) beschäftigt, wo Brettschichtholz und Brettsperrholz – beides wird beim Gebäudebau eingesetzt – hergestellt wird. Heute ist Rinner Schichtleiter sowie seit diesem Frühjahr Vorsitzender des neu gegründeten Angestelltenbetriebsrats. Erfahrung dafür bringt er bereits aus vielen Jahren als Mitglied des Arbeiter:innenbetriebsrats mit. Rinner ist verheiratet und Vater eines erwachsenen Sohnes.