Was jetzt getan werden muss

Grafik: Adobe Stock/GPA-djp Öffentlichkeitsarbeit

Österreich steht vor zahlreichen Herausforderungen. Aus ArbeitnehmerInnensicht gibt es viele Punkte, die von der nächsten Regierung angegangen werden müssen.

Die Beschäftigung muss bei zurückgehendem Wirtschaftswachstum gesichert werden, wir brauchen öffentliche Investitionen in den Klimaschutz, eine nachhaltige Finanzierung des Pflegesystems und einen Schwerpunkt auf faire Arbeitsbedingungen. Faire und tragbare Lösungen müssen wichtiger sein als Schlagworte und Scheindebatten. Das setzt voraus, dass man Betroffenen zuhört und sie einbindet.

Arbeitsmarkt: Beschäftigungs- und Ausbildungsgarantie

Die letzten Jahre stieg die Beschäftigung deutlich. Die Arbeitslosigkeit ging seit Frühjahr 2017 zurück. Dieser Trend droht nun aber zu drehen. Der Rückgang der Arbeitslosigkeit kam schon fast zum Stillstand. Und: es haben leider nicht alle Menschen vom Aufschwung der letzten Jahre profitiert. Die Anzahl der Menschen die über 1 Jahr beschäftigungslos sind (Langzeitbeschäftigungslosigkeit) ist trotz des Aufschwungs der letzten Jahre doppelt so hoch wie vor fünf Jahren. Sie liegt bei ca. 100.000 Personen. Diese Menschen brauchen Unterstützung für den erfolgreichen Wiedereinstieg und keine Strafen. Aktuell steigt die Arbeitslosigkeit bei Menschen über 50 sowie bei Menschen mit Behinderung oder gesundheitlichen Einschränkungen.

Die letzte Regierung wollte die Notstandshilfe abschaffen und eine automatische Senkung des Arbeitslosengeldes bei längerer Arbeitslosigkeit. Das Ende der Regierung ließen diese Vorhaben glücklicherweise vorerst nicht umgesetzt. Das wäre ein Turbo für die Erhöhung der Armut in Österreich. 

Wir fordern, Arbeitslosigkeit und nicht Arbeitslose zu bekämpfen. Jeder Mensch hat ein Recht, von Arbeit leben zu können. Es braucht genug Budget um junge Menschen, die eine Ausbildung brauchen und Arbeitslose über 50, die lange arbeitslos sind, zu unterstützen.

Verteilungsgerechtigkeit

Ob beim Einkommen, dem Vermögen oder den Pensionen: es gibt eine Schieflage der Verteilung zwischen Arm und Reich sowie zwischen den Geschlechtern! Die Einkommen, die in einer Wirtschaft erzielt werden, sollen fair verteilt werden. Steigende Ungleichheit führt zu ungleichen Lebenschancen. Reiche Menschen haben nicht nur mehr Ressourcen, sie leben auch länger. Der Anstieg der Lebenserwartung ist bei höheren Einkommen und besser gebildeten Menschen viel stärker. Eine generelle Anhebung des Pensionsalters kommt schon aus diesem Grund nicht infrage. Gesundheit ist den Menschen wichtig. Daher muss es einen gleichen Zugang zu medizinischer Versorgung für alle geben. Krankmachende Arbeitsbedingungen und belastende Arbeitszeiten müssen eingeschränkt und nicht ausgeweitet werden.

Österreich zählt zu den Ländern mit einem besonders hohen Unterschied der Einkommen zwischen Männern und Frauen. Aber zumindest stimmt die Richtung: die Differenz geht zurück. Daran hatten die Gewerkschaften einen Anteil, weil wir die Anrechnung von Karenzzeiten für Vorrückungen etc. in Kollektivverträgen verankert haben. Nun hat im Herbst 2019 das Parlament die lange Forderung der GPA-djp auch gesetzlich umgesetzt: Karenzzeiten von bis zu 24 Monaten je Kind werden für alle Ansprüche, die von der Dauer eines Arbeitsverhältnisses abhängig sind, berücksichtigt. Das ist ein wichtiger Beitrag zu mehr Einkommensgerechtigkeit zwischen Männern und Frauen. Bei den Pensionen ist die Kluft zwischen Männer- und Frauenpensionen besonders ausgeprägt. Das liegt v.a. daran, dass Frauen Teilzeit arbeiten und die unbezahlte Betreuungsarbeit übernehmen. Die nächste Bundesregierung muss Rahmenbedingungen schaffen, die auch Frauen ermöglicht Vollzeit zu arbeiten und Männer Betreuungsarbeiten übernehmen. Das Recht auf Papamonat das nun eingeführt wurde, ist ein Fortschritt. Es soll Anreize und Rechte geben, dass beide Eltern Karenz in Anspruch nehmen. Für junge Eltern muss es das Recht geben, ihre Arbeitszeit vorübergehend zu reduzieren. Außerdem sollen Kindererziehungszeiten für die Pension besser bewertet werden.

Klimaschutz

Die letzten Sommer hatten es in sich: 2015 bis 2018 waren die vier heißesten Jahre seit Beginn der Messgeschichte. Die weltweit heißesten 20 Jahre lagen alle innerhalb der letzten 22 Jahre. Die Klimakrise ist auch in Österreich spürbar. Steigende Temperaturen führen zu verschlechterten Arbeitsbedingungen durch Hitze und Sonneneinstrahlung und stellen zunehmende Anforderungen an den Arbeitnehmerschutz. Die Landwirtschaft leidet unter dürrebedingten Ernteausfällen und Extremereignissen wie Hagel und Überschwemmungen. Wir wollen, dass Klimawandel offensiv aber sozial gerecht angegangen wird. Umweltschutz und Standortpolitik dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Weder ohne intakte Umwelt noch ohne funktionierende Produktion kann eine Gesellschaft funktionieren.

Klimagerechtes Verkehrssystem

80 Prozent des Treibstoffverbrauchs fällt auf den Verkehr. Die Emissionen sind im Verkehr seit 1990 um 72 Prozent gestiegen. Hier besteht Handlungsbedarf. Oft ist Transport so billig, dass Güter transportiert werden, um Lohnunterschiede auszunutzen – wie beispielsweise Erdäpfel, die zum Waschen in Billiglohnländer gefahren werden. Viel Verkehr beruht daher auf Lohn-, Sozial- und Umweltdumping. Kostenwahrheit im Verkehr kann nicht nur zur Verlagerung von Verkehr auf die Schiene führen, sondern auch zur Vermeidung von Verkehrsströmen. Eine LKW-Maut auf allen Straßen in Österreich könnte zu mehr Chancengleichheit für die Bahn führen, denn die Bahn muss – im Gegensatz zum LKW – für jeden Kilometer Trassenmaut zahlen. Wir fordern, dass Verkehr vermieden und verlagert wird. Kostenwahrheit bringt einen Teil der Güter auf die Schiene!

Klimaschutz ist eine gesellschaftliche Aufgabe, der seitens der Politik Top Priorität eingeräumt werden muss. Wir müssen pro Jahre 1 Milliarde in Klimaschutz investieren: in den Ausbau der Öffis, in saubere Heiz- und Kühlsysteme und in die thermische Sanierung. Klima und sozial schädliche Handelsabkommen wie MERCUSOR müssen vermieden werden.

Gesundheit: einheitliche und moderne Leistungen für Alle!

Österreich hat ein Gesundheitssystem, um das uns viele Länder beneiden. Aber es gibt Unterschiede im Zugang zu medizinischen Leistungen und teilweise decken die Krankenkassen nicht mehr den Stand der Medizin ab (z.B. Zahngesundheit, Zahnersatz). Die Reform der Sozialversicherungen brachte leider keine gleichen Leistungen für alle Versicherten. Nach wie vor haben BeamtInnen und PolitikerInnen ein besseres Leistungsniveau. Statt einer Milliarde zusätzlich wird dem Gesundheitssystem in den nächsten 5 Jahren durch die schwarz blaue Sozialversicherungsreform mindestens eine Milliarde entzogen.  

Wir fordern eine moderne öffentliche Gesundheitsversorgung mit längeren Öffnungszeiten bei den ÄrztInnen. Statt dem Gesundheitssystem Geld zu entziehen wie es die letzte Regierung gemacht hat, sollten wir in die Gesundheit der Menschen in Österreich investieren.  In der Sozialversicherung müssen wieder die VertreterInnen der Betroffenen entscheiden und nicht wenige Wirtschaftsvertreter.

Wohnen leistbar machen.

Mieten werden für niedrige und mittlere Einkommensschichten eine immer größere Belastung, Wohneigentum für die meisten unerschwinglich. Wohnen ist ein Grundbedürfnis und darf kein Spekulationsobjekt werden. In den letzten Jahren stiegen die Wohnkosten viel stärker als die Einkommen. Ohne sozialen Wohnbau kann leistbares Wohnen nicht ermöglicht werden. Daher Nein zum Verkauf der öffentlichen und gemeinnützigen Wohnungen. Grundstücksreserven sollen vorrangig für den geförderten Wohnbau verwendet werden, wie das auch in Wien der Fall ist. Befristete Mietverträge sollen nur ausnahmsweise – z.B. bei familiärer Nutzung – zulässig sein. Wir brauchen geregelte Mietpreise, um eine Schranke für die enorm steigenden Mietkosten einzuführen.

Pflege: Pflegeberufe attraktiveren, Pflegebedürftige unterstützen

Die Pflegefinanzierung muss durch einen dauerhaften Pflegefonds gesichert werden. Die Kosten der Pflege sollen sozialstaatlich getragen werden. Das bedarf einer solidarischen und sozialstaatlichen Leistungserbringung und Finanzierung. Viele Gründe sprechen für eine Steuerfinanzierung, bei der eine Erbschaftssteuer für GroßerbInnen einen Teil zur Deckung der zusätzlichen Kosten beitragen soll.

In der Pflege brauchen wir bis zum Jahr 2030 24.000 zusätzliche Arbeitskräfte (WIFO). Nur mit attraktiveren Arbeitsbedingungen und besserer Bezahlung kann der Personalbedarf gedeckt werden. Eine Pflegelehre wäre der falsche Ansatz, denn das würde darauf hinauslaufen, das Einstiegsalters für Gesundheits- und Krankenpflegeberufe abzusenken. Pflegebedürftige sollen aber von erwachsenen, bereits gut ausgebildeten Personen gepflegt und betreut werden. Jugendliche, die möglicherweise noch nicht wissen, was in Pflegeberufen auf sie zukommt, sollen nicht psychisch und körperlich an oder über ihre Grenzen gebracht werden.

Bildung: Unser Schulsystem muss die Menschen besser auf das Leben vorbereiten

Im Rahmen von modernen Lehrplänen sollen die SchülerInnen auf die Digitalisierung und den Umgang mit digitalen Tools und Medien vorbereitet werden, aber auch arbeitsrechtliches Grundwissen soll als Basis für das künftige Erwerbsleben vermittelt werden. Laptop-Klassen sollen nicht nur ein Elitenprogramm darstellen, sondern flächendeckend Verbreitung finden. Der Ausbau der ganztägig und ganzjährig geöffneten Kinderbetreuungseinrichtungen und Schulen muss ausreichend finanziert und durchgeführt werden.

Steuergerechtigkeit

Wir brauchen Steuern, um öffentliche Leistungen finanzieren zu können. Aber die Steuerlast soll gerecht verteilt werden. Um mehr Steuergerechtigkeit zu erreichen braucht es:

  • Eine echte Digitalsteuer für Online-Unternehmen. Wer in Österreich Gewinne macht, soll hier auch Steuern zahlen.
  • Eine Entlastung der kleinen und mittleren Einkommen, Absenkung des Steuersatzes in den untersten drei Steuerstufen. Die Negativsteuer wurde bereits erhöht.
  • Der Familienbonus soll auch für GeringverdienerInnen greifen. Wir sollten nicht die Kinder der Besserverdienenden fördern und die der Armen leer ausgehen lassen. Jetzt werden die Kinder für den Status der Eltern belohnt oder bestraft. Alle Kinder sollen unterstützt werden. 
  • Die Einführung einer Erbschaftssteuer für GroßerbInnen.
  • Keine generelle Senkung der Steuern für Unternehmen (Körperschaftsteuer), sondern steuerliche Anreize für Investitionen (z.B. degressive AfA).

Arbeitnehmerschutz, faire und gesunde Arbeit, Vereinbarkeit von Beruf und Familie

Die letzte Regierung hat die Höchstarbeitszeiten stark verlängert. Die Änderungen im Arbeitszeit- und Arbeitsruhegesetz erleichtern steigende Belastungen. Es darf noch länger gearbeitet werden, Ruhezeiten können verkürzt werden und Arbeit an Wochenenden und Feiertagen ist leichter möglich. Dieses Gesetz braucht eine Reparatur.

  • Begrenzung überlanger Arbeitszeiten und Schaffung zeitnahen Ausgleichs
  • Rechtsanspruch auf 4-Tage-Woche; mehr Zeitsouveränität bei flexiblen Arbeitszeitmodellen (z.B. einseitige Antrittsrechte beim Konsum von Zeitguthaben)
  • Bessere Erreichbarkeit der 6. Urlaubswoche
  • Rechtsanspruch auf 3 Wochen Urlaub während der schulfreien Zeit für berufstätige Eltern

Einbinden der Betroffenen statt Klientelpolitik

Die Einbindung der Betroffenen bei Gesetzesvorhaben ist notwendig und hat sich bewährt. Sie führt dazu, dass ausgewogene politische Lösungen durchgesetzt wurden. Die letzte Regierung hat den Dialog mit den VertreterInnen der ArbeitnehmerInnen verweigert und einseitig die Interessen der ArbeitgeberInnen durchgesetzt. Weder bei der Verlängerung der Höchstarbeitszeit, noch bei der Umfärbung der Sozialversicherung wurde mit allen Betroffenen der Dialog gesucht, sondern einseitig die Forderungen von Industrie und Wirtschaft umgesetzt. Wir fordern, dass u.a. die ArbeitnehmerInnenvertretung in Entscheidungsfindungen und Verhandlungen einbezogen wird.

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